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9. April 2025
Werkstattbindung in der Kfz-Versicherung: Das sagen Makler
Werkstattbindung in der Kfz-Versicherung: Wie sehen Makler die Situation?

Werkstattbindung in der Kfz-Versicherung: Das sagen Makler

Kürzlich hat Allianz-Konzernchef Oliver Bäte die Werkstattbindung als wesentlichen Faktor genannt, um die Kfz-Versicherung bezahlbar zu halten. Die meisten Versicherer bestätigen, dass der Baustein in den letzten Jahren populärer geworden ist. Wie sehen Makler die Situation?

Laut der Studie „AssCompact AWARD – Private Kfz- & Flottenversicherung 2025“ ist für die überwältigende Mehrheit der Kunden die Prämie das wichtigste Element ihrer Kfz-Versicherung. 91,9% der befragten Makler berichten, dass ihre Kunden sie als entscheidenden Faktor für den Abschluss einer privaten Kfz-Versicherung ansehen – und damit mehr als die Abwicklung im Schadenfall, von der 80,5% der Makler berichten, dass sie maßgeblich für Kunden ist.

In Anbetracht dessen mussten Kfz-Versicherungskunden in den letzten Jahren beim Öffnen ihrer Beitragsrechnung wohl häufig tief durchatmen. Die Kfz-Versicherer schreiben nämlich seit einigen Jahren rote Zahlen. Um wieder auf einen grünen Zweig zu kommen, haben sie unter anderem deutliche Prämienanpassungen vornehmen müssen.

Werkstattbindung stärker nachgefragt

Doch auch Versicherer sind sich im Klaren darüber, dass die Taschen der Kunden nicht unendlich tief sind und machen sich Gedanken darüber, wie sie die Kfz-Versicherung bezahlbar halten können. Laut der Allianz ist ein wesentlicher Hebel die Werkstattbindung. Das bedeutet, der Versicherer wählt im Schadenfall die Werkstatt aus, wo das Fahrzeug des Versicherten repariert wird. Im Gegenzug erhält der Kunde einen Rabatt auf die Prämie – oftmals bis zu 20%.

Hört sich erst einmal nach einer Win-Win-Situation an. Kunden müssen sich im Schadenfall um weniger kümmern, und Versicherer sparen Geld. Bis zu 1.000 Euro können die Unternehmen so pro Schadenfall einsparen, das erzählte Allianz-Konzernchef Oliver Bäte der Süddeutschen Zeitung.

Auf AssCompact Nachfrage bestätigten mehrere der AssCompact Maklerfavoriten in der privaten Kfz-Versicherung, dass Werkstattbindung ein wesentlicher Baustein in der Kfz-Versicherung ist, um Prämien so niedrig wie möglich zu halten. So bestätigte beispielsweise die Itzehoer, dass der Tarif mit Werkstattbindung verstärkt nachgefragt wird.

Werkstattbindung nur ein Puzzleteil, um Kosten gering zu halten

Wie sehen Makler die Werkstattbindung? Sie sind oftmals Anlaufstelle Nummer 1, wenn die oben bereits genannte Beitragsrechnung im Briefkasten landet, insbesondere wenn sie höher ist als die vorherige. Das hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen, das bestätigt Versicherungsmakler Ludwig Oelze gegenüber AssCompact. „Nahezu alle meiner Kunden haben nach günstigeren Tarifen gefragt“, so Oelze. „Die Toleranzschwelle für Prämienerhöhungen ist spürbar gesunken, was ich auf die allgemeine Inflation und die damit verbundene Belastung der Haushaltsbudgets zurückführe.“

Während in rund 60% der Fälle für Oelzes Kunden nur ein Versichererwechsel zum gewünschten Ergebnis führt, schafft er es in etwa 40% der Fälle, dass Kunden durch eine Anpassung wie höhere Selbstbeteiligung, Werkstattbindung oder Zusammenlegung von Verträgen beim gleichen Anbieter bleiben können.

Die Werkstattbindung sieht er allerdings nur als ein Puzzleteil in der komplexen Kostensituation in der Kfz-Versicherung. Die aktuellen Preissteigerungen werden von mehreren Faktoren getrieben, darunter steigende Ersatzteilkosten durch komplexere Fahrzeugtechnik, höhere Reparaturkosten und höhere Löhne. „Eine reine Werkstattbindung kann diese strukturellen Kostentreiber nicht ausreichend kompensieren“, so Oelze.

Mehrheit der Makler glaubt nicht an „Wunderwaffe Werkstattbindung“

Damit ist Oelze nicht allein. Einer Umfrage zufolge, die AssCompact auf LinkedIn durchgeführt hat, sind 58% derer, die sich beteiligt haben, nicht der Meinung, dass die Werkstattbindung das „Wundermittel“ ist, um Kfz-Prämien stabil zu halten. 31% dagegen denken, dass Werkstattbindung ein wesentlicher Faktor sein könnte, um Kfz-Prämien bezahlbar zu halten, während 10% sich eine Einschätzung nicht zutrauen.

Versicherungsmakler Peter Bieger, Geschäftsführer der Peter Bieger GmbH, sagt neben der Preisersparnis kann die Werkstattbindung weitere Vorteile für Versicherte haben. Häufig erhalten Kunden, die den Baustein Werkstattbindung wählen, günstigere Konditionen für den Abtransport des Unfallfahrzeugs und wenn ein Ersatzwagen benötigt wird. Auch die Organisation der Reparatur liegt im Normalfall beim Versicherer, was zunächst bequemer für den Versicherten ist – und einfacher für den Versicherer.

„Natürlich wollen die Kfz-Versicherer am liebsten nur Werkstattbindung verkaufen, das ist für sie die günstigste und sicherste Lösung“, so Bieger. Trotzdem empfiehlt Bieger seinen Kunden immer die freie Fahrzeugwahl. Denn das Risiko liegt im Falle der Werkstattbindung beim Kunden, warnt Bieger. Wenn Werkstattbindung vereinbart ist und der Kunde seine eigene Entscheidung bezüglich des Ortes der Reparatur trifft, muss der Kunde neben dem Selbstbehalt zusätzlich einen Teil der Rechnung selbst bezahlen, bis zu 15%. Wählen Kunden die freie Werkstattwahl, dann gehen sie kein finanzielles Risiko ein und können immer noch die Vorteile der Werkstattbindung nutzen, wenn es für sie passt, so Bieger.

Umdenken nötig

Beide Makler haben einige Vorschläge bzw. Ideen, um Prämien stabil zu halten. Oelze beispielsweise schlägt als Teil eines ganzheitlichen Ansatzes ein Anreizsystem für Unfallgeschädigte vor – so könnten Geschädigte etwa einen finanziellen Bonus erhalten, wenn sie ihren Schaden auch schnell in Partnerwerkstätten reparieren lassen und auf externe Gutachter oder Anwälte verzichten. Ein optionales Selbstbeteiligungsmodell bei Haftpflichtschäden oder eine erweiterte Selbstbeteiligung für bestimmte Teile des Autos, die schwer zu beschaffen oder besonders teuer sind, könnten laut Oelze auch Optionen sein.

Laut Bieger bedarf es neben ganzheitlichen Ansätzen auch ein Umdenken in verschiedenen Bereichen. So könne beispielsweise das Einbauen gebrauchter Teile statt der Verwendung ausschließlich neuer Teile Kosten einsparen. Für kleinere Schadensummen, etwa unter 1.000 Euro, sollten sich Versicherte überlegen, für den Schaden selbst aufzukommen, anstatt sie dem Versicherer zu melden. (js)