Welche Folgen hat das Urteil für Versicherungsmakler in Deutschland, insbesondere im Hinblick auf die Gestaltung von Werbeaussagen und die Nutzung des Begriffs „unabhängig“?
Dieses Urteil ist nach unserem Kenntnisstand die erste Entscheidung, die zugunsten eines Versicherungsmaklers ausging. Sie ist damit wegweisend und stärkt die Rechte der Versicherungsmakler, nämlich mit einer Unabhängigkeit werben zu dürfen. Die Entscheidung ist an sich auch inhaltlich richtig. Denn die Diskussion, Versicherungsmakler könnten gar nicht unabhängig beraten, da sie Provisionen von Versicherungen erhalten, wird durch den vzbv ad absurdum geführt. Die pauschale Unterstellung, Versicherungsmakler würden ausschließlich diejenigen Versicherungen mit den höchsten Provisionssätzen empfehlen, ist weder belegt noch nachvollziehbar. Nach dieser Auffassung würden Versicherungsmakler sowohl entgegen den gesetzlichen Vorgaben als auch gegen die ständige Rechtsprechung des BGH verstoßen, um höhere Provisionen erhalten zu können. Diesen Argumenten hat das Landgericht „einen Riegel vorgeschoben“ und bestätigt, dass der Versicherungsmakler in der Tat „unabhängig“ ist und damit auch werben kann. Das Landgericht hat sich ungeachtet bisheriger Entscheidungen unvoreingenommen mit allen rechtlichen Auffassungen der Prozessbevollmächtigten auseinandergesetzt und das Urteil ausführlich begründet.
Das Landgericht Leipzig hat mit seinem Urteil die Rechtsauffassung des Landgerichts Bremen ausdrücklich nicht geteilt. Welche Unterschiede in den Argumentationen können diese abweichenden Entscheidungen erklären?
Das Landgericht Bremen stützte seine Auffassung auf § 94 Abs. 1 des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG), worin Bezeichnungen zur Unabhängigen Honorar-Anlageberatung geregelt sind. Nach dieser Vorschrift, dessen Gedanke das Landgericht Bremen auf Versicherungsmakler übertragen hat, dürfen sich Honorar-Anlageberater nur als „unabhängig“ bezeichnen, wenn diese im Register Unabhängiger Anlageberater nach § 93 WpHG eingetragen sind. Gegen die Übertragung dieses Rechtsgedankens spricht jedoch deutlich, dass der Gesetzgeber anscheinend für den Versicherungsmakler – möglicherweise sogar bewusst – eine solche Regelung nicht treffen wollte. Von daher erscheint dieses Argument aus § 94 Abs. 1 WpHG in Bezug auf den Versicherungsmakler eher fernliegend.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, und ein Gang zum Bundesgerichtshof könnte folgen. Was wären die möglichen Auswirkungen einer höchstrichterlichen Entscheidung auf die Branche?
Zunächst könnte der Verband die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil einlegen. Sodann hätte ein Berufungsgericht über diese aufgeworfenen Rechtsfragen zu entscheiden. Als dann wäre – je nach Ausgang eines möglichen Berufungsverfahrens – eine Revision zum BGH denkbar. Der BGH hätte dann die Möglichkeit dieses Thema für die Branche abschließend zu klären, was für Versicherungsmakler mehr Rechtssicherheit für die Außendarstellung bedeuten könnte. Durch eine höchstrichterliche Entscheidung könnte der aktuellen Geschäftspraktik des Bundesverbands der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände, nämlich Versicherungsmakler kostenpflichtig abzumahnen, bestenfalls Einhalt geboten werden.
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