Das Analysehaus Franke und Bornberg hat erneut untersucht, wie es um die Bilanzen der deutschen Lebensversicherer steht. Der aktuelle map-report 931 analysiert die Kennzahlen von 77 Unternehmen und wie diese die aktuellen Herausforderungen des rasanten Zinsanstiegs und damit zusammenhängende Auswirkungen auf das Neugeschäft und die Bewertungsreserven meistern.
Wer die Gewinner und Verlierer unter den deutschen Lebensversicherern für das Jahr 2022 sind, haben die Analysten dabei anhand von 13 Kriterien untersucht. Die Daten basieren dabei ausschließlich auf öffentlich zugänglichen Kennzahlen.
Allianz belegt erneut Spitzenplatz
Laut der Analyse konnten drei Anbieter die Höchstbewertung mmm+ für hervorragende Leistungen erzielen. Wie bereits im letzten Jahr führt die Allianz das Feld mit 354 Punkten bzw. 88,5% der maximal erzielbaren Punkte an. Die LV 1871 belegt den zweiten Rang, mit nur einem Punkt Abstand zum Spitzenreiter Allianz (353 Punkte, 88,25%), als dritter Anbieter bekommt auch die Ideal (349 Punkte, 87%) noch die Höchstbewertung. Damit konnte sich neben der Allianz kein weiterer der zehn größten Anbieter in den Toprängen platzieren, schreiben die Analysten.
15 Unternehmen, angeführt von der Universa, konnten eine sehr gute Bewertung (mmm) einheimsen, weitere 22 Anbieter erhielten die Note „gut“ (mm) – die Dialog, Alte Leipziger und Provinzial Rheinland verfehlten die nächsthöhere Bewertung dabei jeweils nur knapp.
Mehrheit der Unternehmen mit sinkenden Beiträgen
Ein Blick auf die detaillierten Ergebnisse zeigt: Die deutschen Lebensversicherer haben sowohl bei den Beitragseinnahmen als auch im Neugeschäft ordentlich zu kämpfen. Bei den Bruttobeiträgen mussten die Unternehmen einen „regelrechten Einbruch“ von 7%, bzw. 6,92 Mrd. Euro verzeichnen. Sie beliefen sich im Jahr 2022 auf 91,36 Mrd. Euro (Vorjahr: 98,28 Mrd. Euro). Das liegt auch an der veränderten Zinssituation, die im vergangenen Jahr den Fokus wieder auf alternative Anlageformen gelenkt hat, wird Michael Franke, geschäftsführender Gesellschafter von Franke und Bornberg und Herausgeber des map-report, zitiert.
Von den 77 untersuchten Anbietern konnten 58 ihre Beitragseinnahmen nicht steigern, obwohl die Analysten hier anmerken, dass 13 davon im Run-Off sind oder kein Neugeschäft mehr zeichnen. Sechs Unternehmen konnten ihre Beiträge um bis zu 3% steigern, ein Dutzend konnten einen Anstieg zwischen 3% und 16% verzeichnen.
Die Gewinner und Verlierer bei den Beitragseinnahmen
Die Gewinner sind, relativ betrachtet, hier die Ergo Vorsorge, die ihre Beitragseinnahmen im Vergleich zum Vorjahr um 16,2% steigern konnte. Auch bei der BL die Bayerische, der Dortmunder und der LVM kletterten die Beitragseinnahmen im zweistelligen bzw. hohen einstelligen Bereich.
Die Ergo Vorsorge liegt auch in absoluten Zahlen vorne, wie der Report zeigt. Das Unternehmen konnte seine Beiträge um 165,4 Mio. Euro steigern. Danach folgen die Generali mit Zuwächsen von 121 Mio. Euro, die Continentale (87,1 Mio. Euro), LVM (84,3 Mio. Euro) und Alte Leipziger (68,5 Mio. Euro).
Die Versicherer, die die höchsten Beitragsrückgänge hinnehmen mussten, sind die Allianz (-1,8 Mrd. Euro), HanseMerkur (-896,9 Mio. Euro), R+V (-795,9 Mio. Euro) und die Bayern-Versicherung (-569,5 Mio. Euro). Die Gesellschaften, die sich im Run-Off befinden oder das Neugeschäft eingestellt haben, wurden nicht berücksichtigt.
Neugeschäft bricht ein
Große Sorgen bereitete den Versicherern im vergangenen Jahr das Neugeschäft. Im Vergleich zum Vorjahr wurden 8,4% weniger Verträge abgeschlossen, in Hinblick auf die Versicherungssumme ging es um 7,9% nach unten. Auch das Annual Premium Equivalent (APE) brach um „rekordverdächtige“ 9,9% ein und lag im Jahr 2022 bei 8,78 Mrd. Euro, verglichen mit 9,74 Mrd. Euro im Vorjahr.
Ausgebremst wurde das APE dabei vor allem von den Einmalbeiträgen – die eingelösten Versicherungsscheine an Haupt- und Zusatzversicherungen nach laufendem Beitrag sanken zum Jahresende 2022 branchenweit um 6%. Den größten Einbruch verzeichnete jedoch das Neugeschäft an Einmalbeiträgen – es rutschte zum Jahresende im Vergleich zum Vorjahr fast um ein Viertel (23,9%) ab.
Die am häufigsten verkauften Verträge im Jahr 2022 waren fondsgebundene Lebensversicherungen, mit einem Neugeschäftsanteil von 34,7%. Kollektivverträge, die 28,4% des Neugeschäfts ausmachen, waren dabei die einzige Versicherungsart, in der mehr Policen als im Vorjahr verkauft wurden (+5,6% im Vergleich zum Vorjahr).
Analysten erwarten vermehrt Nachfrage nach Produkten mit Ertragspotenzial
Mit Blick auf die Zukunft vermuten die Analysten angesichts der Vielzahl an Krisen, mit der die Welt derzeit kämpfen muss, dass für viele Haushalte Konsumverzicht das Mittel der Wahl sein könnte. Dies dürfte sich auch auf die Versicherer auswirken, vermutet das Ratinghaus.
Es bleibe zudem abzuwarten, welche Reformen auf die Branche zukommen, wenn der Gesetzgeber im nächsten Jahr auf die Reformvorschläge der Fokusgruppe Private Altersvorsorge, die im Sommer vorgelegt wurden, reagiert.
Trotz des höheren Zinsniveaus erwarten die Analysten keine Rückkehr zu Klassiktarifen mit konventionellem Deckungsstock. Im aktuellen Umfeld seien vor allem unter jüngeren Verbrauchern Produkte mit Ertragspotenzial gefragt – das dürfte das ohnehin schon starke Neugeschäft mit fondsgebundenen Policen weiter ankurbeln. (js)
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