Fürchten sich die Versicherer nicht vor noch mehr Marktmacht auf Makler- und Assekuradeurseite?
Wenn wir ein wesentlicher Teil der ausgelagerten Werkbank des Versicherers sein wollen, müssen wir ihm gegenüber sehr transparent sein. Wir müssen bereit sein, Prozesse und Daten jederzeit in Echtzeit offenzulegen und das Geschäft für die Risikoträger profitabler zu machen. Denn es fehlen auch dort Fachkräfte, Flexibilität und Ressourcen. Und letztlich verlieren die Versicherer kein Geschäft; im Idealfall kommt es nur auf eine bessere Art zu ihnen. Von Furcht der Versicherer kann aus meiner Sicht also keine Rede sein.
Nun, das Problem, Fachkräfte zu finden, werden Sie als Assekuradeur auch haben und in Hamburg konkurrieren Sie mit großen Unternehmen.
Der Wettbewerb ist groß, alles andere wäre gelogen. Aber wir leben davon, dass wir besser sind oder mindestens genauso gut wie ein Risikoträger. Und dafür brauchen wir Fachkräfte. Wir befassen uns beispielsweise damit, Menschen länger zu beschäftigen. Wir haben überhaupt keine Hemmungen, ältere Personen einzustellen. Für uns spielt Erfahrung eine große Rolle.
Aber natürlich wollen wir auch für junge Leute attraktiv sein. Auch deshalb brechen wir ein bisschen mit der Vergangenheit, bringen eine neue Firma mit neuem Namen und neuer Identität an den Markt und eröffnen die Möglichkeit, von Anfang an etwas Neues mitzugestalten.
Wir müssen Wege finden, mehr Menschen für uns zu gewinnen, auch wenn sie vielleicht noch nicht so weit sind. Deshalb müssen wir zeitgemäße Arbeits- und Entwicklungsmöglichkeiten schaffen. Und wir müssen uns daran gewöhnen, dass Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auch einmal nur für ein paar Jahre bei uns sind und uns in dieser Zeit voranbringen. Vielleicht gehen sie dann einen nächsten Schritt an anderer Stelle, kommen aber später zurück.
Was beinhalten denn gute Bedingungen? Mehr Gehalt? Vier-Tage-Woche? Home-Office?
Ein im Durchschnitt gesehen hohes Gehaltsniveau haben wir schon. In der Abwerbung von Menschen und in Gehältern haben wir uns in der Assekuranz in den vergangenen Jahren selbst überboten. Aber es kommen nicht mehr genügend qualifizierte Personen nach, egal wie hoch die Gehälter sind. Ich muss also meine Prozesse so umstellen, dass ich in Zukunft mit der gleichen Anzahl von Menschen produktiver sein kann – das heißt, insbesondere nicht oder wenig wertschöpfende Tätigkeiten in Zukunft weitestgehend automatisiert abzubilden. Dann können wir auch weiter und gerne attraktive Gehälter bezahlen, gute Rahmenbedingungen schaffen und alle Ideen auf den Prüfstand stellen: auch eine 4-Tage-Woche.
Mobiles Arbeiten hingegen halte ich für unabdingbar – die Menschen können heute in unserer Branche von überall aus arbeiten. Wir prüfen gerade, wie sie teilweise auch aus dem Ausland arbeiten können, was ja steuerrechtlich nicht so einfach ist.
Welche Bereiche sind denn besonders gesucht? IT-Leute?
Fachlich topqualifizierte Menschen benötigen wir in allen Bereichen. Wir müssen Wege finden, junge Menschen im Rahmen von Aus- und Weiterbildung jeglicher Art bis hin zum Studium für uns und für das, was wir tun, zu begeistern. Und da spielt eben Größe auch wieder eine Rolle. Wir haben jetzt eine Größe, mit der wir uns diese Ausbildungsformen in entsprechender Qualität und Quantität erlauben können, und zwar mit den Inhalten, die wir brauchen.
IT ist für uns ein großes Thema. Aber wir sind kein Unternehmen, das IT eigenständig entwickelt. Das ist nicht unser Ziel.
Dann wäre da noch die Frage nach den Investoren der GGW Group.
Die GGW Group und damit auch LEADING BROKERS UNITED und WECOYA UNDERWRITING werden an ihrem Erfolgsmodell festhalten. Wir stehen hier erst am Anfang unserer Reise. Wir haben in den nächsten Jahren noch sehr viel vor, und es gibt viele Unternehmen, die sich uns anschließen und mitwirken wollen. Was das Assekuradeurmodell betrifft, haben wir gerade erst begonnen, etwas Neues und Einzigartiges aufzubauen, um den Markt maßgeblich zu verändern. Für mich ist das im Moment die spannendste und dynamischste Story in der Assekuranz.
Zusammengefasst – wo will WECOYA in den nächsten fünf Jahren stehen?
Ich wünsche mir, dass wir im Laufe der nächsten fünf Jahre unsere Ziele umsetzen, dass wir eine äußerst attraktive Arbeitgebermarke sind, dass wir ein Höchstmaß an Digitalisierung erreichen, dass wir einen maximalen Kundenfokus und eine exzellente Fachkompetenz haben und damit auch eine hohe Profitabilität abbilden. Wir arbeiten darauf hin, in fünf Jahren der beste und größte Assekuradeur in Europa zu sein.
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Über WECOYA
Die WECOYA UNDERWRITING GmbH ist eine Tochter der GGW Group GmbH. Unter ihrem Dach sind die Assekuradeursunternehmen in folgenden Tochtergesellschaften gebündelt:
- WECOYA MARINE Underwriting GmbH
- WECOYA SPECIALTY Underwriting GmbH
- WECOYA MOBILITY Underwriting GmbH
- WECOYA CEE Underwriting GmbH
- WECOYA CLAIMS SERVICES GmbH
- balticfinance
Die Unternehmen agieren von Standorten in Deutschland, Österreich, Dänemark und der Türkei aus. Insgesamt wurden 13 Assekuradeure gekauft. Die Partnerunternehmen übernehmen die Risikobeurteilung, die Entwicklung von Deckungskonzepten sowie die Abgabe verbindlicher Angebote. Zudem übernehmen sie die Ausfertigung und Unterzeichnung von Versicherungsbestätigungen, Versicherungsverträgen sowie die vollständige Schadenbearbeitung und deren Regulierung für die Versicherer.
Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 01/2024 und in unserem ePaper.
Bild: © Thomas Zimmermann, WECOYA UNDERWRITING GmbH
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