In den letzten Jahren sind die Preise für Maklerbestände deutlich gestiegen. Sehr zur Freude der Bestandsverkäufer und sehr zum Leid von Jungmaklern und -maklerinnen, weil ihnen große Bestandskäufer mit ihren Konditionen für Kauf- und Rentenmodelle die Bestände wegschnappen. Doch jetzt steigen die Zinsen und wirken sich – vermutlich – auch auf die Preise für Bestände aus.
Wenn Sie sich mit Finanzanlagen beschäftigen, kennen Sie das Thema möglicherweise aus Ihrer täglichen Beratungspraxis: Steigende Zinsen führen tendenziell zu fallenden Aktienkursen.
Dieser Zusammenhang lässt sich einfach erklären: Wenn Staatsanleihen als risikoärmere Anlageform bei steigenden Zinsen höhere Renditen abwerfen, verlieren risikoreichere Anlagen wie Aktien für Investoren an Attraktivität. Die Nachfrage nach Aktien sinkt und damit sinken auch die Aktienkurse. Zudem drücken steigende Zinsen die Erträge von Unternehmen, weil deren Finanzierungskosten steigen. Das führt tendenziell zu sinkenden Dividenden und damit ebenfalls zu sinkenden Kursen bei den betreffenden Unternehmen.
Soweit die – sehr vereinfachte – Theorie. Lässt sich dieser Zusammenhang auf die Kaufpreise von Maklerbeständen übertragen? In Zeiten, in denen Notenbanken steigende Zinsen ankündigen, eine durchaus nachvollziehbare Frage, denn viele verkaufswillige Makler dürften darüber nachdenken, ob sie lieber jetzt verkaufen oder noch warten sollen.
Maklerbestände: Noch keine sinkende Nachfrage
Momentan sehen wir vom Resultate Institut (noch) keine sinkende Nachfrage nach Beständen – zumindest nicht im Bereich der kleineren und mittleren Maklerbestände. Allerdings fangen einige Banken bei den Finanzierungen solcher Käufe an, deutlich an der Zinsschraube zu drehen und höhere Sicherheiten zu verlangen. Das macht es für Käufer schwieriger und risikoreicher, wenn sie den Kauf nicht über Eigenkapital finanzieren können. Tendenziell dürfte auch der Druck auf große Bestandskäufer beim Kauf großer Maklerunternehmen steigen, weil deren Geldgeber höhere Renditen erwarten, da diese ansonsten ihr Geld teilweise abziehen dürften, um es in verzinsliche Anlagen zu stecken. Käufer werden deshalb voraussichtlich stärker als in der Vergangenheit versuchen, Kaufpreise zu drücken. Insgesamt deuten die Vorzeichen also erstmals wieder eher auf sinkende Preise.
Druck auf Maklerrentenanbieter steigt
Noch stärker steigt allerdings – zumindest theoretisch – der Druck auf Anbieter von sogenannten Maklerrenten. Das liegt daran, dass ein kaufmännisch denkender Bestandsverkäufer zum Vergleich einer Maklerrente mit anderen Formen der Kaufpreiszahlung normalerweise ein Barwertverfahren anwenden wird. Dabei ist die Wirkung steigender Zinsen dramatisch. So würde sich beispielsweise der Barwert einer gleich bleibenden Rentenzahlung über 30 Jahre um mehr als 22% reduzieren, wenn man sie statt mit 7 mit 10% abzinst. Bei 11% wären es sogar fast minus 28%. Damit würde sich ein Vergleich deutlich zugunsten einer sofortigen Kaufpreiszahlung verschieben und der Makler tendenziell eher den sofortigen Kaufpreis wählen.
In Zeiten steigender Zinsen lautet deshalb das Fazit des kaufmännisch vernünftig entscheidenden Bestandsverkäufers: Eher jetzt als später verkaufen und lieber kurz als lang laufende Kaufmodelle wählen. Allerdings ist und bleibt es nach wie vor eine Einzelfallbetrachtung. Und was vernünftig ist, darüber kann man auch noch streiten.
Über den Autor
Andreas W. Grimm ist Gründer des Resultate Institut und beleuchtet an dieser Stelle regelmäßig Aspekte zur Nachfolgeplanung. Gemeinsam mit AssCompact hat er den Bestandsmarktplatz initiiert: www.bestandsmarktplatz.de
Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 06/2022, S. 80, und in unserem ePaper.
Bild: © Photocreo Bednarek – stock.adobe.com
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