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29. März 2025
Was können Unternehmen für berufstätige Väter tun?
Was können Unternehmen eigentlich für berufstätige Väter tun?

Was können Unternehmen für berufstätige Väter tun?

Beim Thema „Familie und Vereinbarkeit“ wird selten darüber gesprochen, was Unternehmen explizit für ihre berufstätigen Väter tun können. Das Netzwerkbüro „Erfolgsfaktor Familie“ der DIHK Service GmbH, gefördert vom Bundesfamilienministerium, hat sich mit den Herausforderungen für Väter beschäftigt.

Interview mit Larissa Roy-Chowdhury, Referentin beim Unter­nehmensnetzwerk „Erfolgsfaktor Familie“ der DIHK Service GmbH, und Thomas Maier, Projektleiter Servicebüro „Lokale Bündnisse für Familie“ bei der DIHK Service GmbH
Frau Roy-Chowdhury, das Netzwerkbüro „Erfolgsfaktor Familie“ setzt Impulse für die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Unternehmen, insbesondere als Strategie zur Fachkräfte­sicherung. In einem Leitfaden haben Sie sich nun speziell mit Vätern beschäftigt. Welche Rolle spielt das Thema aktuell in Unternehmen?

Larissa Roy-Chowdhury Väter möchten sich mehrheitlich nicht nur im Beruf, sondern auch in der Familie engagieren. 40% würden gerne ihre Arbeitszeit reduzieren, der größte Teil von ihnen arbeitet aber in Vollzeit. Viele Väter können sich daher einen Wechsel in einen familienfreundlicheren Betrieb vorstellen. Diese Gemengelage kennen Unternehmen: Vier von zehn Unternehmen ermöglichen inzwischen vollzeitnahe Teilzeitmodelle für Väter. Für männliche Führungskräfte sieht es weniger gut aus: Nur 19% der Arbeitgeber bieten hier explizit Teilzeit an. Im Zuge des demografischen Wandels und des Arbeits- und Fachkräftemangels werden Unternehmen sich hier noch mehr bewegen müssen.

Herr Maier, was wünschen sich Väter denn? Und wie groß ist Ihres Erachtens die Kluft zwischen den Wünschen und der Realität, was im Job wirklich möglich ist?

Thomas Maier Väter möchten heute mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen, sich stärker an der Kindererziehung beteiligen und die Familienarbeit partnerschaftlicher aufteilen. Wir haben bereits gehört, dass 40% der Väter gerne ihr Arbeitspensum reduzieren würden. Viele tun das auch, insbesondere mit dem Start der Elternzeit nehmen sich inzwischen viele Väter Zeit für die Familie. Allerdings kommt der Wunsch nach einer partnerschaft­lichen Aufteilung von Erwerbsarbeit und Fürsorge schnell an Grenzen. Denn nach der Elternzeit starten sehr viele Väter wieder in Vollzeit.

Viele Väter, insbesondere die jüngeren, wünschen sich Anerkennung ihrer Bedarfe an Familienzeit im Arbeitsleben. Dazu gehört beispielsweise, dass Unternehmen ihre Vereinbarkeitsherausforderungen ernst nehmen und aktiv mit ihnen dazu ins Gespräch gehen, um Arrange­ments zu finden, die beiden Seiten nützen. Dazu gehören beispielsweise flexible Arbeitsmodelle wie Home-Office und befristete Teilzeit.

Müsste hier auch ein mentaler Wandel auf Führungsebene einsetzen und inwiefern spielt der Generationenwechsel eine Rolle?

LR Viele Väter denken, dass der Beruf ihre Vaterschaft negativ beeinflusst und die Vaterschaft ihre Karrierechancen mindert. Hier müssen Führungskräfte jeden Alters gegensteuern und eine Kultur des Verständnisses und der Wert­schätzung entwickeln. Am besten fangen sie bei sich selbst an: Erwiesenermaßen nehmen Väter dann längere Elternzeit, wenn ihre männlichen Chefs dies als wichtige Vor­bilder auch tun. Väter brauchen häufig eine Art Erlaubniskultur, und die kommt eben von „oben“. Ein Mentalitätswandel muss deswegen von der Führung ausgehen.

Mütter werden oft gefragt, wie die Balance überhaupt zu schaffen ist oder z. B. wie sie fürs Alter vorsorgen, Väter eher selten. Wie sehr stecken wir noch im Bild der klassischen Familie fest und müssen lernen, z. B. bei Rollen­bildern ganz neu zu denken?

TM Daten aus dem Mikrozensus zeigen, dass 2021 allenfalls 9% der Väter mit minderjährigen Kindern in Deutschland in Teilzeit arbeiteten, davon nur 2% in der Konstellation Frau in Vollzeit und Mann in Teilzeit. Das steht im Widerspruch zu den Wünschen nach Partnerschaftlichkeit. Allerdings sind die Gründe nicht nur in antiquierten Rollenbildern zu finden, sondern eher in wirtschaftlichen und prak­tischen Überlegungen. Väter müssen für eine längere Elternzeit häufig stärker argumentieren als Mütter. Viele Haushalte können es sich oft auch nicht leisten, den Hauptverdiener für eine zu lange Zeit zu ver­lieren. Und diese Person ist bis heute meistens der Mann. Als Motive, nicht länger in Elternzeit zu gehen, nennen Väter hauptsächlich beruf­liche Gründe, beispielsweise befürchtete Karrierenachteile bzw. finanzielle Gründe.

Viele Maklerhäuser gehören zu den kleinen und mittleren Unternehmen mit wenigen Mitarbeitern. Dort hat es viel stärkere Auswirkungen als in einem Großunter­nehmen, wenn etwa eine Arbeitskraft über längere Zeit fehlt, z. B. in der Elternzeit. Was können denn auch kleine Betriebe für Väter tun?

TM Im Prinzip können sich Unternehmen fragen: Was funktioniert mit unseren Müttern, und wie können wir diese Erfahrungen für unsere Väter nutzen? Konkret heißt das, bei der Planung der Elternzeit für Väter: Klare und frühe Ab­sprachen schaffen, regelmäßig den Kontakt mit den Vätern pflegen, was Verlässlichkeit schafft. Väter brauchen auch Angebote für eine gute Rückkehr aus der Elternzeit. Das können Teilzeitmodelle für die Übergangszeit sein. Eine Idee ist auch, die Partnerin des werdenden Vaters mit in die Planung einzubeziehen. So kann das Unternehmen verstehen, welche Vorstellungen und Wünsche an die Partnerschaftlichkeit von beiden bestehen.

Um beim Thema „Väter im Unternehmen“ voranzukommen, ist u. a. auch gute Kommunikation gefragt. Wer ist gefordert und welche Tipps können Sie für eine bessere Kommunikation geben?

LR Gefordert ist je nach Größe des Unternehmens die Inhaber­familie, die Geschäftsführung und der Bereich für interne und externe Kommunikation. Es geht darum, im Sinne der Fach­kräftesicherung das Narrativ des Vaters als Haupternährer zu ver­ändern. Dafür müssen Väter explizit als Zielgruppe von Kommunikation (an)erkannt werden. Nach innen lohnt es sich, Väter in längerer Elternzeit als gutes Beispiel zu porträtieren. Nach außen – Stichwort Recruiting – sind zum Beispiel Testimonials von Vätern über die Familienfreundlichkeit des Betriebs auf der Homepage ein gutes Kommunikationsinstrument. Ins­gesamt sollten Unternehmen auf eine etwas weniger emotionale Sprache und eine neutrale Bild­sprache achten. Denn nicht alles, was Mütter anspricht, erreicht auch Väter. Als Tipp: Fragen Sie die Wünsche werdender und frischer Väter ab und reagieren Sie darauf! Nutzen Sie die Vor­lagen in unserem neuen Väterleit­faden. Sie stellen Kommunikation mit den Vätern im Betrieb in den Fokus.

Was können in diesem Zusammenhang Väternetzwerke leisten?

TM Väternetzwerke schaffen eine unternehmensweite Öffentlichkeit für das Thema. Väter können sich hier vernetzen, gewinnen Kom­petenzen rund um Themen wie Erziehung, Schule oder Gesundheit. Über solche Netzwerke können Role Models sichtbar gemacht werden. Wichtig für den Erfolg eines Väternetzwerks ist die Unterstützung der Geschäftsführung, denn sie signa­lisiert, dass das Thema ernst genommen wird.

Wie würden Sie die Erkenntnisse aus Ihrer Arbeit zum Leitfaden in drei Punkten zusammenfassen? Und welchen Impuls würden Sie der Makler- und Versicherungsbranche gerne noch mitgeben?

LR 1. Väter als Zielgruppe (an)erkennen und entsprechend Angebote zur Vereinbarkeit machen, die Führen in Teilzeit, längere Elternzeit, Home-Office und insgesamt eine hohe Flexibi­lität einschließen.

2. Väter in Elternzeit als Vor­bilder porträtieren und bekannt machen.

3. Männern in ihrer Rolle als aktive Väter im Unternehmen Raum geben. Alle diese Punkte lassen sich in der Versicherungsbranche umsetzen.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 03/2025 und in unserem ePaper.

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Bild: © Larissa Roy-Chowdhury, „Erfolgsfaktor Familie“; Thomas Maier, „Lokale Bündnisse für Familie“, beide DIHK Service GmbH

 
Ein Interview mit
Larissa Roy-Chowdhury
Thomas Maier