Ein internationaler Vergleich zeigt: Finanzielle Unabhängigkeit ist für Menschen über Landesgrenzen hinweg ein elementarer Aspekt von Freiheit. Sowohl in Europa als auch den USA liegt ihre Bedeutung fast gleichauf mit Grundrechten wie freier Meinungsäußerung und Bewegungsfreiheit. Das ist ein Ergebnis des zweiten, internationalen Teils des Financial Freedom Reports 2021 der LV 1871, der im Oktober in Zusammenarbeit mit YouGov durchgeführt wurde.
In Deutschland steht selbstbestimmtes Handeln demnach über allem (77%), darauf folgt freie Meinungsäußerung (75%); finanzielle Unabhängigkeit liegt auf dem dritten Platz (69%). Dass gerade in den USA, wo Finanzgurus den größten Zulauf erhalten, finanzielle Unabhängigkeit als Aspekt von Freiheit anscheinend eine geringere Rolle zu spielen scheint (58%), mutet kurios an. Ganz anders sieht es dem Report zufolge in Norwegen aus: Hier steht finanzielle Unabhängigkeit (75%) sogar noch vor freier Meinungsäußerung (68%).
Finanzielle Freiheit in Deutschland = Unabhängigkeit in allen Lebenslagen
Aber auch das, was konkret unter finanzieller Freiheit verstanden wird, variiert im internationalen Vergleich: Die meisten Bundesbürger verstehen laut der LV-1871-Umfrage unter finanzieller Freiheit „Unabhängigkeit in allen Lebenslagen“ (65%). Auch im Ländervergleich liegt Deutschland bei diesem Wert gemeinsam mit Italien (65%) an der Spitze. In den USA und Großbritannien verbindet man mit finanzieller Freiheit vor allem Emanzipation von Gehalt (GB: 44%, USA: 43%) und von Arbeit (GB: 40%, USA: 36%). In Polen wird finanzielle Freiheit noch häufig mit Reichtum und Sparen (37%) und stark mit der Erfüllung von Träumen (57%) verbunden
Einkommensquellen: Es wird zu wenig getan, um aus Abhängigkeit zu kommen
Betrachtet man jedoch die Einkommensquellen, so zeigt sich laut Report, dass insgesamt noch zu wenig getan wird, um finanzielle Freiheit zu erreichen: So beziehen in Deutschland nur 15% der Befragten ein Einkommen aus Geldanlagen oder Krediten; in Polen sind es sogar lediglich 2%. Die Menschen in Deutschland arbeiten im internationalen Vergleich auch mit Abstand am häufigsten in einem Angestellten-Verhältnis (66%). Noch dazu legen die meisten Bundesbürger ihr Geld falsch an: Aktuellen Statista-Zahlen zufolge nutzt fast jeder zweite in Deutschland Girokonto und Sparbuch zur Geldanlage; nur 17% der Menschen hierzulande investieren in Aktien – in den USA hingegen sind es mit 55% mehr als dreimal so viele.
Unterschiedliche Vorstellungen beim Thema Renteneintritt
Gefragt nach dem gewünschten Renteneintrittsalter zeigen sich die meisten Bundesbürger in der Studie bescheiden. Zwar können sich 58% der Menschen in Deutschland vorstellen, nur bis 60 zu arbeiten und liegen damit international an der Spitze. Von der Rente vor dem 50. Geburtstag (9%) oder gar früher (mit 40 Jahren: 1,6%; mit 30 Jahren: 1,7%) träumen jedoch nur wenige. In Polen hingegen wünschen sich vergleichsweise viele Menschen (21%), mit 50 Jahren in den Ruhestand zu gehen, bei 40 Jahren sind es in den USA immerhin noch 5%. Beide Länder bilden jedoch auch beim Wunsch, lebenslang zu arbeiten, die Spitze (USA: 7%; Polen: 6%; Deutschland: 3%). Hier scheint es selbstbestimmtere Vorstellungen beim Thema Renteneintritt zu geben.
Unabhängige Finanzberatung wichtig
„In Zeiten von Minuszinsen und wackelndem Rentensystem wird Finanzplanung gleichbedeutend mit Lebensplanung. Finanzielle Freiheit geht uns alle an, doch die typisch deutsche Mentalität – Bescheidenheit und Risikoscheu – steht vielen im Weg, die sich finanzielle Unabhängigkeit wünschen. Die Mehrheit der Bundesbürger verlässt sich auf die vermeintliche Sicherheit der Festanstellung und die staatliche Altersvorsorge. Auch die Politik glänzt auf dem Gebiet mit Fantasielosigkeit und bietet keine ausreichende Stütze. Dabei ist die deutsche Wirtschaft stark, die Arbeitslosenquote niedrig und die Privatvermögen sind auf Rekordhoch“, sagt LV-1871-Vorstand Hermann Schrögenauer und ergänzt: „Die wenigsten Menschen werden in einen Zustand hineingeboren, in dem sie sich keinerlei Gedanken um ihre Finanzen machen müssen. Der Umgang mit Geld muss und kann erlernt werden – das ist ein essenzieller Schritt auf dem Weg in die finanzielle Freiheit. Dafür benötigt es unabhängige Berater, die Finanzplanung ganzheitlich denken, differenziert beraten und individuelle Lösungen anbieten. Sie müssen verbreitete Berührungsängste mit Finanzen abbauen und über Risiken und Möglichkeiten aufklären. Denn die persönliche Finanzplanung gehört in vertrauenswürdige Hände.“
Über die Studie
An der repräsentativen Umfrage zum Thema Financial Freedom der LV 1871, durchgeführt von YouGov, haben im Oktober 2021 1.000 Menschen in Italien, Norwegen, Polen und den USA sowie 2.000 Menschen in Großbritannien und Deutschland ab 18 Jahren teilgenommen. Die Teilnehmer beantworteten darin Fragen nach ihrem individuellen Verständnis von (finanzieller) Freiheit, Einkommensquellen und gewünschtem Renteneintrittsalter. (ad)
Bild oben: © Coloures-Pic – stock.adobe.com
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