Von Rudolf Geyer, Sprecher der Geschäftsführung der European Bank for Financial Services GmbH (ebase®)
Die Deutschen gelten seit Jahr und Tag eher als ein Volk der Sparer denn der Investoren. Selbst in der nun schon mehrere Jahre andauernden Niedrigzinsphase, deren Ende nach wie vor nicht klar absehbar ist, hat sich das Anlageverhalten in Deutschland nicht nachhaltig geändert. Die Kunden finden nur allmählich den Weg zur Kapitalanlage direkt an der Börse oder über Fonds.
Fehlende Erfahrung wird dabei vielfach als ein wesentlicher Grund angeführt, wobei dieser Punkt auf einen gewissen „Teufelskreis“ hindeutet – keine Anlage, weil keine Erfahrung, und keine Erfahrung, weil keine Anlage. Dabei existiert in Deutschland für viele Anleger seit langer Zeit ein Angebot, das sehr gut für den Einstieg in die Wertpapieranlage geeignet ist: die VL.
Deutsche verschenken 1,6 Mrd. Euro pro Jahr
Gemäß einer im Auftrag der European Bank for Financial Services (ebase) durchgeführten Studie der Steinbeis-Hochschule haben in Deutschland 20 Millionen Arbeitnehmer Anspruch auf vermögenswirksame Leistungen. Davon nutzen allerdings rund sieben Millionen diese Möglichkeit nicht. Umgerechnet sind das nach Zahlen der unter der Leitung von Professor Kleine durchgeführten Studie rund 1,6 Mrd. Euro im Jahr, die nicht abgerufen werden. Dabei gibt es regional deutliche Unterschiede.
Interessante Möglichkeiten für Kunden und Vermittler
Dieses Potenzial verfällt Jahr für Jahr ungenutzt, bietet aber für Kunden und Vermittler in vielerlei Hinsicht sehr interessante Möglichkeiten. Denn der Gesetzgeber verfolgt mit den VL-Leistungen explizit das Ziel, Deutschlands Arbeitnehmern bei der Vermögensbildung unter die Arme zu greifen. Dafür ist der monatliche Anspruch, der je nach Berufsgruppe und Tarifabschluss zwischen 6,65 und 40 Euro liegt, zugegeben sehr überschaubar. Aber bei regelmäßiger Anlage und dank des Zinseszinseffekts kann sich daraus mit der Zeit ein echtes Vermögen ergeben. Unberücksichtigt ist dabei, dass der Staat je nach Einkommen des VL-Sparers bis zu 80 Euro im Jahr zuschießt – und dass der Sparer selbstredend die Sparprämien aus eigener Tasche aufstocken kann.
Bis zu 150.000 Euro durch VL
Die Analyse von Herrn Professor Kleine hat zudem ergeben, dass ein Investment in den Dax in den vergangenen 30 Jahren rund 7% im Jahr einbrachte. Umgerechnet auf einen Sparplan, der monatlich mit 40 Euro bespart wird, kommen somit in sieben Jahren über 4.000 Euro zusammen. VL in Deutschland sieht vor, dass sechs Jahre lang in einen Sparplan eingezahlt wird und noch ein Jahr Ruhepause angehängt wird, bevor der Sparplan ausläuft. Dieser kann aber sofort wieder verlängert werden, sodass das zunächst kleine Vermögen im Lauf der Zeit dank des Zinseszinseffekts zu einem richtig großen wachsen kann. Nach 20 Jahren zeigt das Konto unter den genannten Bedingungen rund 20.000 Euro an, nach 30 Jahren rund 44.000. Und wer schon in frühen Jahren beginnt, für die Rente anzusparen, hätte dem Beispiel zufolge nach 40 Jahren VL-Sparen rund 150.000 Euro angespart.
Sparverhalten muss sich ändern
Mit dem üblichen Sparverhalten der Deutschen ist dies indes nicht zu schaffen. Zumindest nicht in der gegenwärtigen Niedrigzinsphase, die dafür sorgt, dass bei den meisten Sparformen nicht einmal der reale Geldwertverlust durch Inflation ausgeglichen wird. Diesen Fakten zum Trotz scheuen dennoch zahlreiche Deutsche die Kapitalanlage an der Börse. VL bieten hier jedoch eine sehr große Chance, um den so wichtigen Einstieg zur Kapitalanlage an der Börse zu meistern. Denn nur wenn der Start gelingt, ist dauerhaft eine renditestärkere Kapitalanlage überhaupt möglich.
Zwei wesentliche Erfolgsfaktoren
Wesentlich dafür sind zwei Faktoren: Einerseits fällt es Kunden leichter, sich für ein chancenreicheres Investment zu entscheiden, wenn sie sich bewusst sind, dass es sich um quasi geschenktes Geld handelt, das vielfach ungenutzt verfällt. Andererseits sind vermögenswirksame Leistungen konstruktionsimmanent sehr gut für Anlagen an der Börse geeignet. Denn VL-Anlagen sind durch die mehrjährige Laufzeit per se langfristig, wodurch zwischenzeitliche Marktschwankungen weniger ins Gewicht fallen. Vielmehr werden die Kunden einfach an die langfristigen Potenziale entsprechender Anlagen herangeführt.
ebase ist einer der führenden Anbieter für die Anlage von vermögenswirksamen Leistungen in Fonds und ETFs. Während sich 2011 erst 1% der Kunden für ETFs zur VL-Anlage entschieden hat, ist der Anteil mittlerweile auf deutlich über 40% angestiegen und wächst weiter. Langfristig betrachtet haben sich diese Anlagen dabei vielfach als erster Schritt in der Wertpapieranlage etabliert. Zahlreiche Kunden haben nach positiven Erfahrungen mit Fondsanlagen im Rahmen der vermögenswirksamen Leistungen auch weitere Anlagen getätigt. Dabei sind nach wie vor sowohl aktive Fonds als auch ETFs gefragt.
Unterschätzte Größe
Wie bei den Kunden stellen VL auch bei den Vermittlern eine weitgehend unterschätzte Größe dar. Vielfach wird das Geschäft als zu kleinteilig erachtet, um sich überhaupt darum zu kümmern. Bezogen auf den einzelnen Vertrag oder den reinen Ertrag dieses Geschäfts ist dieses Argument sicherlich nicht ganz von der Hand zu weisen. Langfristig betrachtet ist diese Herangehensweise jedoch sicherlich eine Fehleinschätzung. Denn das Thema vermögenswirksame Leistungen bietet eine Reihe von Chancen für Vermittler.
Wertvolle Hilfestellung durch Berater
Dadurch, dass zahlreiche Berechtigte ihren Anspruch auf vermögenswirksame Leistungen ungenutzt verfallen lassen, kann der Berater hier eine wertvolle Hilfestellung bieten, um den Kunden ganz praktisch zu helfen, mehr zu sparen. Dies hat jedoch anders als beim üblichen Sparen keinen Effekt auf das monatlich zur Verfügung stehende Kapital. Vielmehr nutzt der Kunde nun einfach zusätzlich das „geschenkte“ Geld des Arbeitgebers, das bisher einfach jeden Monat nicht abgerufen wurde – eine gute Gelegenheit, als Partner des Kunden einen guten Eindruck zu hinterlassen.
Attraktive Einstiegsgelegenheit
Zudem schafft das Thema VL grundsätzlich einen Beratungsanlass, der entweder nur für dieses Thema oder aber als „Aufhänger“ zu einem Gespräch mit einem breiteren Themenspektrum genutzt werden kann. Die Kunden können dabei entweder wie beschrieben dazu gebracht werden, ihre bestehenden Ansprüche erstmalig zu nutzen oder ihre Anlage in vermögenswirksame Leistungen zu optimieren. Denn nach wie vor wird mehr als die Hälfte der VL-Sparpläne via Bausparen abgeschlossen. Ein weiterer wesentlicher Teil geht in Banksparpläne und Sparverträge.
Basis für breitere Wertpapieranlagen
Nicht zuletzt gilt es zu beachten, dass über VL für die Kunden ein vergleichsweise niederschwelliger Einstieg in die Geldanlage an der Börse möglich ist. Die Kunden legen so Monat für Monat über einen langen Zeitraum in Investmentfonds oder ETFs an. Damit können wertvolle Erfahrungen mit entsprechenden Anlagen gesammelt werden, welche die notwendige Basis für breitere Wertpapieranlagen bieten.
Bild: © magele-picture – stock.adobe.com
Den Arikel lesen Sie auch in AssCompact 04/2020 auf Seite 60f und in unserem ePaper.
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