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5. Februar 2025
Ursprungsberuf oder letzte Tätigkeit: Was ist im BU-Leistungsfall maßgeblich?

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Ursprungsberuf oder letzte Tätigkeit: Was ist im BU-Leistungsfall maßgeblich?

Ursprungsberuf oder letzte Tätigkeit: Was ist im BU-Leistungsfall maßgeblich?

Eine häufige Frage im BU-Leistungsfall ist, welcher Beruf bzw. welche Tätigkeit über den Versicherungsvertrag abgesichert ist. Denn oftmals wird nicht deutlich, ob ein bestimmter Beruf, ein Berufsbild oder aber die zuletzt ausgeübte Tätigkeit versichert ist. Rechtsexperte Björn Thorben M. Jöhnke erläutert diese Frage in seiner BU-Kolumne.

Ein Artikel von Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Nach § 172 Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ist berufsunfähig, „wer seinen zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechendem Kräfteverfall ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausüben kann.“ Nach der gesetzgeberischen Intention ist danach auf den Beruf vor Eintritt des Versicherungsfalls in seiner konkreten Ausgestaltung abzustellen. Versichert ist demnach nicht ein Beruf an sich bzw. ein Berufsbild, sondern vielmehr die individuelle und konkrete Tätigkeit des Versicherten. Insoweit handelt es sich bei dem Berufsbegriff um einen dynamischen Begriff, da dieser sich der Tätigkeit des Versicherungsnehmers „anpasst“. Versichert ist damit die letzte Berufsausübung, so wie sie in gesunden Tagen konkret ausgestaltet war. Aus diesem Grund ist es unerheblich, welche Berufsbezeichnung der Versicherungsnehmer im Versicherungsantrag angegeben hat.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Leistungsprüfung

Zeitlicher Orientierungspunkt für den BU-Leistungsfall ist zunächst der Zeitpunkt des vom Versicherungsnehmer behaupteten Eintritts der Berufsunfähigkeit. Demnach ist die letzte konkrete Berufsausübung, so wie sie in gesunden Tagen davor ausgestaltet war, entscheidend. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) (siehe hier: Tätigkeit des Versicherten) ist damit der Zeitpunkt vor dem Beginn der ersten Beschwerden bzw. Beeinträchtigungen gemeint, die zur Berufsunfähigkeit führten bzw. der Zeitpunkt, zu dem der Versicherungsnehmer noch „gesund“ war. Bei sich „nach und nach“ verschlechternden Erkrankungen muss zeitlich entsprechend davor angesetzt werden, um den maßgeblichen Beruf zu ermitteln. Dies kann zur Folge haben, dass bei Berufswechsel des Versicherungsnehmers ein ganz anderer Beruf für die Leistungsprüfung maßgeblich ist, als der, in dem der Versicherungsnehmer meint, berufsunfähig geworden zu sein.

Berufswechsel des Versicherungsnehmers

Wechselt der Versicherungsnehmer vor Eintritt der Berufsunfähigkeit den Beruf, ohne dass dies mit seiner Gesundheitsbeeinträchtigung zusammenhängt, so ist nach einer gewissen Dauer diese neue Tätigkeit als maßgeblicher Beruf zugrunde zu legen, da es sich dabei um den zuletzt ausgeübten Beruf handelt.

Dagegen ist das Abstellen auf den zuletzt ausgeübten Beruf ausnahmsweise dann nicht geboten, wenn der Versicherungsnehmer leidensbedingt den Beruf aufgibt und in eine ihm noch mögliche Tätigkeit wechselt (sogenannter leidensbedingter Berufswechsel). Dieser Berufswechsel kann etwa durch Herabsinken der beruflichen Leistungsfähigkeit durch Krankheit oder Kräfteverfall oder wegen krankheitsbedingter Kündigung in Betracht kommen. Dass es richtigerweise nicht auf den leidensbedingt gewählten Beruf ankommen kann, ergibt sich bereits daraus, dass es sich dann nicht um die bedingungsgemäße Tätigkeit, wie sie ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, handelt. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH bleibt bei einem ausschließlich leidensbedingten Berufswechsel vor Eintritt des Versicherungsfalls der vor diesem Wechsel in gesunden Tagen ausgeübte Beruf der maßgebliche Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit.

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