Wenn Makler Maklerunternehmen kaufen, dann ist das immer wieder ein sehr spannendes Projekt – vor allem das erste Zusammentreffen von Interessenten und Seniormaklern ist sehr oft von einem vorsichtigen Abtasten geprägt: Ja nichts Falsches sagen, keine falschen Vorstellungen äußern, sonst könnte der Deal schon geplatzt sein, bevor überhaupt ein Deal zustande gekommen ist. Doch dieses vorsichtige Herantasten an die richtige Gesprächsführung ist in vielen Fällen gar nicht so einfach. Denn zu weit auseinander liegen oftmals die Vorstellungen dessen, was der eine vom anderen erwartet und dem, wie der andere sich vorstellt oder was er sich vorstellt. Erst kürzlich konnte ich erleben, wie ein Kaufinteressent aus allen Wolken fiel, als er nach einem Sondierungsgespräch, in dem er sich eigentlich perfekt präsentierte, eine Absage vom Seniormakler erhielt.
Falsche Vorstellungen ...
In diesem Fall lag es daran, dass gleich mehrere falsche Vorstellungen zusammengekommen sind: Der Kaufinteressent ging schon von der falschen Annahme aus, dass der Seniormakler im Grunde dankbar sein müsste, dass er bereit wäre, das angebotene Unternehmen zu übernehmen. Doch so ist die Marktsituation momentan nicht. Zu viele Kaufinteressenten sind zurzeit auf der Suche. Der Interessent präsentierte sich mit großem Selbstbewusstsein, demonstrierte die aus der Kapitalkraft und Fachkompetenz der Unternehmensgruppe entwickelte Leistungsfähigkeit, die Einkaufsmacht gegenüber Versicherern, die Systeme und Tools, die sie ihren Gruppenmitgliedern und Kunden anbieten können.
Es war offensichtlich, dass da jemand verstanden hatte, wie das Maklergeschäft wirklich funktioniert und wie man aus einer starken Marktposition diesen Markt absolut professionell bedienen kann, wie man Strukturen aufbaut, die einen perfekten Kundenservice darstellen, und sogar im Schadenfall besseren Service liefern kann als jeder noch so kundenfreundlich aufgestellte Versicherer. Die Vorstellung war schlicht beeindruckend.
... bewirken das Gegenteil
Sie hatte nur einen Haken: Sie hat das Gegenteil dessen bewirkt, was sie sollte. Der Seniormakler war nach dieser Vorstellung fast schon schockiert. Er wollte eigentlich „nur“ sein Unternehmen in die sogenannten „guten Hände“ übergeben. Einen so perfekt aufgestellten „Riesen“ hatte er sich schlichtweg nicht vorstellen können.
Allein schon der Spiegel, den der Interessent durch seine Vorstellung dem Seniormakler unbewusst vorgehalten hat, war für diesen erdrückend. Obwohl der Seniormakler wenige Minuten zuvor noch richtig stolz auf sein Unternehmen gewesen war, wurde ihm jetzt bewusst, wie viel er vermutlich falsch gemacht haben musste beim Aufbau seines Unternehmens. Er war stolz auf seine Beratungsgrundsätze, sein harmonisch arbeitendes Team und darauf, dass er sich und seiner Familie ein durchaus entspanntes Leben leisten konnte.
Ein Käufer, der so großen Wert auf Perfektion, Prozesse, Arbeitsteilung und Optimierung legte – das war schlicht zu viel, trotz der vielen sachlich guten und vermutlich richtigen Argumente, warum der Käufer eigentlich perfekt sein könnte. Aber so ist das halt, wenn man die falschen Vorstellungen hat oder sich falsch vorstellt. Da endet dann die Vorstellung.
Über den Autor
Andreas W. Grimm ist Gründer des Resultate Institut und beleuchtet an dieser Stelle regelmäßig Aspekte zur Nachfolgeplanung. Gemeinsam mit AssCompact hat er den Bestandsmarktplatz initiiert: www.bestandsmarktplatz.de
Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 08/2021 und in unserem ePaper.
Bild: © unitypix – stock.adobe.com
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