„Zum Optimismus gibt es keine sinnvolle Alternative.“ Mit diesem Zitat, das dem Philosophen Karl Popper zugeschrieben wird, beendete der Präsident des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) und Vorstandsvorsitzender der R+V Versicherung, Dr. Norbert Rollinger, die diesjährige sogenannte „Elefantenrunde“, die am Mittwochmorgen wieder für eine volle Speakers Corner auf der DKM gesorgt hat. Für eine gute dreiviertel Stunde zuvor diskutierten mehrere Versicherungsvorstände über die aktuellen Herausforderungen der Branche, wie die Versicherungswirtschaft damit umgeht, was die Zukunft bringen könnte und, ja, wie Optimismus hier eine Rolle spielt.
Neben Rollinger nahmen noch Harald Rosenberger, Vorstandsvorsitzender der Nürnberger, Dr. Dirk Steingröver, Mitglied des Vorstands bei der Allianz sowie Jens Warkentin, Vorstandsvorsitzender der HDI Deutschland, an der Diskussionsrunde teil. Moderiert wurde sie von Brigitte Horn, freie Fachjournalistin und ehemalige Chefredakteurin der Fachzeitschrift AssCompact.
Gibt es auch unter Versicherern eine Konsolidierungswelle?
Zunächst sprach Horn das derzeit rege Fusionsgeschehen in der Branche an. Die frisch fusionierte BarmeniaGothaer hat bereits einen gemeinsamen Stand auf der diesjährigen Messe, weitere Nachrichten über Fusionspläne wurden gerade erst öffentlich. Angesichts der derzeitigen Herausforderungen, vor allem im Bereich Regulatorik, sei der „Trend“ der sich häufenden Zusammenschlüsse nicht wirklich überraschend, findet Warkentin. Dieser werde auch in den nächsten Jahren noch anhalten.
Ein weiterer Treiber der Fusionen sei zudem, dass die Inflation für manche Unternehmen Profitabilitätsprobleme mit sich bringt, fügte Steingröver hinzu. Wenn es Sinn mache, beteilige sich die Allianz an Zusammenschlüssen – und nannte als Beispiel die Nachricht, dass Allianz Direkt, vorbehaltlich der Zustimmung der Aufsichtsbehörden, das Versicherungsportfolio von FRIDAY in Deutschland und Frankreich übernehmen wird. Und für immer mehr Versicherer scheint es Sinn zu machen, diesen Schritt zu gehen. Denn in herausfordernden Zeiten gilt das Motto: Größe hilft – das merkte Rosenberger während der Diskussion an.
Regulatorik hat auch gute Seiten
Dass Regulatorik aber nicht immer etwas Schlechtes sein muss – auch wenn sie derzeit in der Versicherungswirtschaft beinahe schon in „Wahnsinn“ ausartet, wie die Vorstände übereinstimmend berichteten – das merkte Warkentin später in der Diskussion an. Zwar würden Versicherer manchmal über die exzessiven Vorgaben klagen, doch „da steht nicht nur Unsinn drin“. „Was hält denn große Techanbieter davon ab, mal eben Versicherungen zu machen? Das ist das Thema Regulierung“, so Warkentin. „(Regulierung) ist die größte Markteintrittsbarriere (…). Insofern schützt sie uns auch.“ Die Versicherungsbranche sei eine hochregulierte Industrie – doch Versicherer seien gut ausgerüstet, um diese effizient und kostengünstig umzusetzen.
Bei schrumpfenden Portfolios gewinnen Makler an Bedeutung
Im weiteren Verlauf der Diskussion schnitten die Teilnehmer weitere aktuellen Branchenthemen an, unter anderem die geplante Reform der geförderten privaten Altersvorsorge, die Herausforderungen in der Kfz-Versicherung, die Diskussion rund um eine Elementarschadenverpflichtung. Schließlich ging es auch um die Entscheidung einzelner Versicherer, sich aus bestimmten Risiken zurückzuziehen – dies wurde etwa kürzlich rund um die Feuerversicherung berichtet.
Bei einem Markt von mehr als 200 Schaden- und Unfallversicherern aber ganz normal, heißt es vonseiten der Diskussionsteilnehmer. Mit einem so breit aufgestellten Markt wird jedes Risiko seine Deckung finden. Aber Versicherer müssen auch entscheiden, welche Geschäftsfelder sich für sie lohnen. „Nicht jeder wird alles tun. Das ist eine völlig normale Entwicklung. Das gilt auch für jedes Haus, außer vielleicht die ganz Großen“, erklärt Warkentin. „Das ist unsere Branche, unser Job, sich ein Gesamtportfolio anzuschauen und nicht immer Risiko für Risiko.“
Hier werde auch die Bedeutung des Maklervertriebs klar, so Rollinger. Laut Zahlen des GDV ist der Maklervertrieb nach der Ausschließlichkeitsvermittlung in jeder Sparte der zweitgrößte Vertriebsweg – in den meisten Fällen sogar mit steigender Tendenz. Wenn nicht mehr jeder Versicherer jedes Risiko im Angebot hat, sei dies „Brennstoff für die positive Entwicklung des Maklervertriebs“.
Branche blickt positiv in die Zukunft
Wie verhält es sich denn nun mit dem Optimismus? Drücken die vielen Herausforderungen den positiven Ausblick in die Zukunft? Oder sind die Versicherer optimistisch gestimmt? Das übereinstimmende Fazit der Teilnehmer: Ja, es kann positiv nach vorne geblickt werden. Die Branche wird die Herausforderungen meisten können und auch künftig stabil dastehen. Zudem könne die Versicherungswirtschaft in bedeutender Weise zu den Lösungen der aktuellen Herausforderungen in der Gesellschaft und Politik beitragen.
Rollinger hat dafür auch schon einmal seinen Titel als CEO leicht abgeändert, um dieser positiven Haltung Rechnung zu tragen. Er sehe sich nicht nur als Chief Executive Officer, sondern auch als „Chief Executive Optimist“ – angesichts der fehlenden sinnvollen Alternativen sicher eine gute Entscheidung. (js)
Bild: © DKM v.l.n.r.: Dr. Dirk Steingröver, Dr. Norbert Rollinger, Brigitte Horn, Jens Warkentin, Harald Rosenberger
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