Ein Beitrag von Moritz Heilfort, Geschäftsführer der paladinum GmbH
Als Versicherungsmakler habe ich an der Entwicklung einer speziellen Dienstunfähigkeitsversicherung der Bayerischen für Soldaten mitwirken können, die nun sehr erfolgreich dem gesamten Maklermarkt zur Verfügung steht. Dabei habe ich in den letzten Jahren einen tiefgreifenden Wandel in der Versicherungsbranche beobachtet. Ein Wandel, der getrieben wird von der Suche nach neuen Wegen zur Bewältigung von Herausforderungen wie Digitalisierung, steigenden Kundenerwartungen und zunehmendem Wettbewerb.
Komplexität birgt Chancen
In meiner täglichen Arbeit treffe ich auf ein zentrales Problem: Das traditionelle „One-Size-Fits-All“-Versicherungsmodell reicht oft nicht aus, um den spezifischen Bedürfnissen und Risiken meiner Klientel – die Soldaten der Bundeswehr – gerecht zu werden. Von Auslandseinsätzen bis hin zu erhöhten Risiken für Berufsunfähigkeit: die Anforderungen sind vielfältig und erfordern eine individualisierte Herangehensweise.
Meine Rolle? Eine wichtige Schnittstelle zwischen Soldaten und Versicherungen zu sein. Ich erlebe die Herausforderungen, den Bedarf und die speziellen Risiken hautnah.
Laut einer Studie des Beratungsunternehmens PwC stehen Versicherer vor dem Problem der Individualisierung und Kundenzentrierung (PwC, „Insurance 2020: The digital prize – Taking customer connection to a new level“, 2021). In der Tat erfordert das klassische Versicherungsmodell eine Neujustierung, um der wachsenden Forderung nach maßgeschneiderten Versicherungslösungen nachzukommen.
Ich bin Vermittler und Berater. Einer, der die speziellen Bedürfnisse der Soldaten versteht und diese Erkenntnisse an Versicherungsunternehmen weitergibt, um maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln. Versicherungsmakler wie ich spielen in diesem Prozess eine wichtige Rolle. Wir sind es, die die spezifischen Bedürfnisse der Zielgruppe kennen, die Herausforderungen verstehen und die Versicherungsgesellschaften dabei unterstützen, effektive und zielgruppengerechte Lösungen zu entwickeln.
Dieser Prozess ist zweifellos komplex, erfordert ein tiefes Verständnis der Zielgruppe, eine genaue Kenntnis der regulatorischen Rahmenbedingungen und einen klaren Blick auf die wirtschaftlichen Auswirkungen. Doch es ist genau diese Komplexität, die auch die größten Chancen birgt.
Produkt, Marketing und Verkauf integriert betrachten
Wie die Boston Consulting Group in ihrer Studie „Driving Growth Through Targeted Business Models“ (2023) betont, ermöglicht eine zielgruppenorientierte Herangehensweise eine stärkere Kundenbindung und eine effektivere Differenzierung im Wettbewerb.
In der Zusammenarbeit mit Versicherungsunternehmen wird deutlich, dass der Prozess der Produktentwicklung für eine spezifische Zielgruppe von der Kooperation mehrerer Stakeholder abhängig ist. Risikobewerter, Produktentwickler und Regulierungsexperten müssen Hand in Hand arbeiten, um ein Produkt zu schaffen, das den speziellen Bedürfnissen einer Gruppe gerecht wird und gleichzeitig regulatorische und wirtschaftliche Anforderungen erfüllt.
Nehmen wir zum Beispiel die speziellen Risiken, denen Soldaten ausgesetzt sind: Abgesehen von der physischen Gefahr durch ihre spezielle Arbeit, sind sie auch oft in Ländern tätig, in denen politische Unruhen und Naturkatastrophen häufiger vorkommen. Die mehr oder weniger transparenten Versorgungsleistungen durch den Dienstherrn tragen kaum zur Minderung bei. Diese Risiken erfordern spezielle Versicherungsleistungen, die in herkömmlichen Policen oft nicht berücksichtigt werden.
Aber die Komplexität hört nicht bei der Produktentwicklung auf. Auch das Marketing und der Verkauf von zielgruppenspezifischen Versicherungsprodukten stellen eine Herausforderung dar. So müssen die Produkte auf eine Weise vermarktet werden, die für diese Zielgruppe ansprechend ist.
Das bedeutet, dass auch die Kommunikationskanäle an die Zielgruppe angepasst werden müssen. In meinem Fall bedeutet das zum Beispiel, dass ich als Makler häufig auf den Soldaten zugeschnittene Veranstaltungen besuche oder Informationsmaterialien bereitstelle, die speziell auf die Interessen und Bedürfnisse von Soldaten zugeschnitten sind.
Gleichzeitig muss auch das Pricing der Produkte an die Zielgruppe angepasst werden. Wie eine Studie von Deloitte („Pricing in the insurance industry: Challenges and solutions“, 2022) zeigt, sind gerade zielgruppenspezifische Produkte oft mit erhöhten Risiken verbunden, die in das Pricing einfließen müssen. Ein wahrer Drahtseilakt für die Kalkulation, der zu spannenden Gesprächen mit den Rückversicherern führte.
Ausgewogenheit zwischen Individualisierung und Effizienz
Aber trotz aller Herausforderungen überwiegen meiner Meinung nach die Chancen. Zielgruppenspezifische Produkte bieten die Möglichkeit, engere Beziehungen zu den Kunden aufzubauen und so die Kundenbindung zu erhöhen. Die Bedeutung dieser Beziehungen kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Sie ermöglichen nicht nur den Verkauf von Versicherungsprodukten, sondern auch die Gewinnung wertvoller Kundeninformationen, die wiederum in die Produktentwicklung einfließen können.
In der Versicherungslandschaft existieren aktuell verschiedene Strategien zur Deckung der Bedürfnisse bestimmter Zielgruppen. Neben der Entwicklung von gänzlich neuen Versicherungsprodukten besteht die Möglichkeit, auf Rahmenvertragslösungen zurückzugreifen.
Doch warum sich überhaupt die Mühe machen und komplett neu entwickeln?
Ein neu konzipiertes Versicherungsprodukt ist ein maßgeschneiderter Ansatz, der sich auf individuelle Risikofaktoren und spezielle Anforderungen konzentriert. Es berücksichtigt einzigartige Merkmale und Bedürfnisse der Zielgruppe und bietet die Möglichkeit einer genauen Risikoeinstufung und Preisgestaltung.
Rahmenvertragslösungen hingegen, die häufig mit Berufsverbänden oder ähnlichen Organisationen abgeschlossen werden, bieten Versicherungsschutz auf Gruppenebene. Sie sind in der Regel weniger flexibel in Bezug auf individuelle Anpassungen, bieten jedoch den Vorteil der Kosteneffizienz und einfacher Handhabung für die Mitglieder der Gruppe.
Beide Ansätze haben ihren eigenen Wert und können je nach spezifischen Bedingungen und Risiken der Zielgruppe, in diesem Fall der Soldaten, eingesetzt werden. Als Makler liegt es in meiner Verantwortung, die Vorteile beider Ansätze zu verstehen und sie bei der Gestaltung der optimalen Versicherungslösungen zu berücksichtigen. Diese Ausgewogenheit zwischen Individualisierung und Effizienz ist ein zentraler Bestandteil der zielgruppenspezifischen Produktentwicklung im Versicherungsbereich.
Fazit: zielgruppenspezifische Produktentwicklung
Die zielgruppenspezifische Produktentwicklung ist in der Versicherungsbranche trotz ihrer Herausforderungen ein effektives Mittel, um Wachstum zu erzielen und sich vom Wettbewerb abzuheben. Anhand des Beispiels der Soldaten wird deutlich, dass die Entwicklung maßgeschneiderter Versicherungslösungen nicht nur den Versicherten zugutekommt, sondern auch den Versicherungsunternehmen ermöglicht, neue Märkte zu erschließen. Gleichzeitig kann die Zusammenarbeit mit spezialisierten Versicherungsmaklern oder Assekuradeuren dazu beitragen, diese Produkte erfolgreich auf den Markt zu bringen und den Versicherungsnehmern den bestmöglichen Service zu bieten.
Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 08/2023 und in unserem ePaper.
Bild: © Worawut – stock.adobe.com

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