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Steuern & Recht
13. Februar 2014
Sohn muss auch bei zerrütteter Beziehung für die Pflege des Vaters zahlen

Sohn muss auch bei zerrütteter Beziehung für die Pflege des Vaters zahlen

„Kinder als Altersversorgung – wie in alten Zeiten“, kommentierte das heute-journal ein aufsehenerregendes Urteil des Bundesgerichtshofs. Dieser hat gestern entschieden, dass ein Sohn für seinen Vater im Pflegeheim Unterhalt bezahlen muss, auch wenn die Beziehung zerrüttet ist und der Kontakt schon lange vonseiten des Vaters beendet wurde.

Im Beschluss des Bundesgerichtshofs heißt es, dass ein vom unterhaltsberechtigten Vater ausgehender einseitiger Kontaktabbruch gegenüber seinem volljährigen Sohn für eine Verwirkung seines Anspruchs auf Elternunterhalt allein regelmäßig nicht ausreicht.

In dem Fall hat die Stadt Bremen vom Sohn Elternunterhalt verlangt. Die Eltern des 1953 geborenen Mannes trennten sich 1971; ihre Ehe wurde noch im selben Jahr geschieden. Der Sohn verblieb im Haushalt seiner Mutter und hatte anfangs noch einen losen Kontakt zu seinem Vater. Nach Erreichen des Abiturs im Jahr 1972 brach der Kontakt des volljährigen Sohnes zu seinem 1923 geborenen Vater ab. Dieser bestritt seinen Lebensunterhalt als Rentner aus den Erträgen einer Lebensversicherung sowie einer geringen Altersrente. 1998 errichtete er ein notarielles Testament, in dem er seine Bekannte zur Erbin einsetzte. Zudem bestimmte er, dass der Sohn nur den „strengsten Pflichtteil“ erhalten solle. Erläuternd führte der Vater in dem Testament aus, dass zu seinem Sohn seit rund 27 Jahren kein Kontakt mehr bestehe. Im April 2008 verzog der Vater in eine Heimeinrichtung; er starb im Februar 2012. Die Stadt Bremen nahm daraufhin den Sohn im Hinblick auf die seinem Vater in der Zeit von Februar 2009 bis Januar 2012 nach dem Sozialgesetzbuch erbachten Leistungen auf Zahlung eines Gesamtbetrages von 9.022,75 Euro in Anspruch.

Das Amtsgericht hatte zu einem früheren Zeitpunkt dem Antrag der Stadt Bremen stattgegeben. Auf die Beschwerde des Sohns hat das Oberlandesgericht den Antrag zurückgewiesen, weil der Anspruch auf Elternunterhalt verwirkt sei. Hiergegen wendete sich Bremen mit einer Rechtsbeschwerde. Der BGH hat den Beschluss des Oberlandesgerichts auf die Rechtsbeschwerde aufgehoben, die Beschwerde zurückgewiesen und damit die amtsgerichtliche Entscheidung wiederhergestellt. Der – zur Höhe unstreitige – Anspruch auf Elternunterhalt war nach Ansicht des BGHs trotz des Kontaktabbruchs zu dem volljährigen Sohn nicht nach § 1611 Abs. 1 BGB verwirkt.

Die Begründung

Ein vom unterhaltsberechtigten Elternteil ausgehender Kontaktabbruch stellt wegen der darin liegenden Verletzung der sich aus § 1618 a BGB ergebenden Pflicht zu Beistand und Rücksicht zwar regelmäßig eine Verfehlung dar. Sie führt aber nur bei Vorliegen weiterer Umstände, die das Verhalten des Unterhaltsberechtigten auch als schwere Verfehlung i.S.d. § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB erscheinen lassen, zur Verwirkung des Elternunterhalts. Solche Umstände sind im vorliegenden Fall nicht festgestellt. Zwar mag der Vater durch sein Verhalten das familiäre Band zu seinem volljährigen Sohn aufgekündigt haben. Andererseits hat er sich in den ersten 18 Lebensjahren seines Sohnes um diesen gekümmert. Er hat daher gerade in der Lebensphase, in der regelmäßig eine besonders intensive elterliche Fürsorge erforderlich ist, seinen Elternpflichten im Wesentlichen genügt. Die Errichtung des Testaments selbst stellt keine Verfehlung dar, weil der Vater insoweit lediglich von seinem Recht auf Testierfreiheit Gebrauch gemacht hat.