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4. Oktober 2024
Roland Roider über Verantwortung, Abschied und Nachfolge
Exklusiv: Roland Roider über Verantwortung, Abschied und Nachfolge

Roland Roider über Verantwortung, Abschied und Nachfolge

Nach einem Rekordergebnis im Jahr 2023 kündigt der Vorstandsvorsitzende Roland Roider nun vorzeitig seinen Rückzug an. Was hat ihn zu diesem etwas überraschenden Schritt bewogen? Wie geht es mit der Haftpflichtkasse weiter? AssCompact hat den scheidenden Vorstand dazu im Interview befragt.

Interview mit Roland Roider, scheidender Vorstandsvorsitzender der Haftpflichtkasse VVaG
Herr Roider, eigentlich wollten wir über das Geschäftsjahr 2023 und die großen strategischen Projekte der Haftpflichtkasse sprechen. Da kam Ihr Rücktritt etwas überraschend.

Den richtigen Zeitpunkt für einen Schlusspunkt zu finden, ist nicht einfach. Ich trage seit 2012 im Vorstand der Haftpflichtkasse Verantwortung für das Unternehmen, seit 2019 als Vorstandsvorsitzender. Im Jahr 2022 haben wir mit „Gemeinsam exzellent 2025“ ein Zukunfts- und Transformationsprogramm für unser Haus angestoßen, das dabei ist, seine Ziellinie zu überqueren. Die Jahreszahl war Programm.

Erst im Dezember 2022 wurde Ihr Vertrag bis zum Jahr 2027 verlängert.

Zum Programm „Gemeinsam exzellent 2025“ gehört meiner Überzeugung nach auch eine Nachfolgeregelung, dass wir frühzeitig den Wechsel in der Führung des Unternehmens mitdenken. Ich wollte die Nachfolgefrage frühzeitig anstoßen und aktiv dabei unterstützen. Ich habe daher den Aufsichtsrat gebeten, meinen Vertrag vorzeitig zum Jahresende 2024 zu beenden.

Was hat Sie dazu bewogen?

Die vergangenen Jahre waren sehr intensiv. Aber die Anstrengungen haben sich ausgezahlt. Erneut haben wir 2023 für die Haftpflichtkasse ein Rekordergebnis erzielt. Als Vorstandsvorsitzender gibt es eigentlich keinen besseren Zeitpunkt, um den Staffelstab an eine neue Generation zu übergeben. Wir haben vergangenes Jahr unser 125-jähriges Firmenjubiläum gefeiert und dabei über mehrere Generationen in die Vergangenheit geblickt. Die nun anstehenden Entscheidungen für das Management der Haftpflichtkasse reichen weit über die Dauer meines aktuellen Vertrags hinaus. Ich bin ein Freund davon, dass Verantwortung übernehmen auch heißt, entschlossene Entscheidungen zu treffen.

Ihr Nachfolger ist schon im Haus.

Ja, Dr. Frank Welfens hat bereits am 1. September den Vorstandsvorsitz übernommen. Seine Berufung ist eine gute Nachricht für unsere Kunden, unsere Partner in der Maklerschaft und die Belegschaft der Haftpflichtkasse. Er kommt in ein gut bestelltes Haus und wird die Haftpflichtkasse mit einem komplett neuen Vorstandsteam in die Zukunft führen [Anm. der Red.: Zwischenzeitlich hat die Haftpflichtkasse das Vorstandsteam komplettiert.]. Mit der vorzeitigen Beendigung meines Mandats sah der Aufsichtsrat den richtigen Zeitpunkt gekommen, den Generationswechsel im Vorstand zu vollziehen und hatte sich mit Torsten Wetzel und Rolf Saalfrank einvernehmlich auf eine vorzeitige Beendigung ihrer Verträge per Ende September bzw. per Ende Dezember 2024 geeinigt. Dieser Generationswechsel kommt zur rechten Zeit.

Die neue Generation im Vorstand kann auf einem soliden Fundament aufbauen. Was wir in meiner Zeit im Vorstand der Haftpflichtkasse und seit 2019 als Vorstandsvorsitzender erreicht haben, ist das Verdienst des gesamten Vorstandes, aller Führungskräfte und aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir haben gemeinsam erfolgreich alle Weichen gestellt.

Woran machen Sie das fest?

Die Haftpflichtkasse von heute sieht anders aus als vor zehn Jahren. Das mache ich nicht nur an so augenfälligen Dingen wie der Neupositionierung unserer Marke und der Erweiterung unserer Verwaltungszentrale in Roßdorf fest. Wir haben strategisch Partnerschaften auf- und ausgebaut. Das betrifft sowohl die konkrete Beteiligung an Partnern wie dem Maklerpool BCA oder der vfm Gruppe als auch das breitere Engagement für die Maklerschaft über die Deutsche Makler Akademie oder die Etablierung des Jungmakler Awards.

Und natürlich haben die wachsenden Herausforderungen in den Bereichen Digitalisierung und Nachhaltigkeit das Haus verändert. „Digitalisierung und Technik“ ist seit 2023 ein eigenes Ressort auf Vorstandsebene. Und seit 2023 findet sich das Thema Nachhaltigkeit auch in der Aufbauorganisation wieder.

Es lief aber nicht alles glatt. Wir erinnern uns noch an die Cyberattacke und die verärgerten Kunden bei der Betriebsschließungs­versicherung.

Richtig, und vergessen wir bitte auch nicht die Corona-Pandemie, die uns und unseren Mitarbeitern ebenfalls viel abverlangt hat. Rückblickend haben wir das alles sehr erfolgreich gemanagt und, wo nötig, klare Konsequenzen gezogen. Wir sind damit als Organisation gewachsen. Darüber hinaus haben wir Solvency II eingeführt und stehen heute mit einer Solvabilitätsquote von 284% grundsolide da. Auch auf der Produktseite gibt es einige vielversprechende Ideen. Sie sehen, die Haftpflichtkasse befindet sich stabil auf Erfolgskurs.

Sie sprachen sogar von einem Rekordergebnis. Wo steht die Haftpflichtkasse 2023 beim Beitragsvolumen?

Im Jahr 2023 wuchs das Bruttoprämienvolumen um fast 13 Mio. Euro auf 256 Mio. Euro, seit 2013 haben wir das Prämienvolumen verdoppelt. Gleichzeitig konnten wir im vergangenen Jahr wieder das Ergebnis vor Steuern signifikant um über 18% auf 28,5 Mio. Euro steigern, das zweite Rekord­ergebnis in Folge und nahezu eine Verdopplung im Vergleich zu 2013, und das trotz hoher Investitionen in die Digitalisierung.

Sehen Sie auch Wachstum im Vertragsbestand?

Ja, im vergangenen Jahr konnten wir den Vertrags­bestand um 50.000 auf mittlerweile 2,4 Millionen steigern. Das ist eine gesunde Entwicklung, vor allem weil wir insgesamt werthaltigeres Geschäft mit unseren Kunden machen. Das hängt auch eng mit dem guten Ruf zusammen, den wir uns im Maklervertrieb erarbeitet haben. Aus Maklersicht nehmen wir seit vielen Jahren eine Spitzenposition in der Schadenversicherung ein. Das zeigen Awards und Erstplatzierungen in vielen Kategorien, nicht zuletzt auch durch das Votum Ihrer Leserschaft. Wir freuen uns über diese Anerkennung, die auch Ansporn zum Ausbau weiterer Services ist – und bleiben wird.

Der Markt ist in Bewegung. Wo sehen Sie in den nächsten drei bis fünf Jahren die größten Heraus­forderungen für die Assekuranz? Wie geht es weiter?

Ich sehe vier wesentliche Entwicklungen für die Branche. Die Branche muss sich auf eine Zunahme der Regulierung und der daraus resultierenden Belastungen einstellen. Denken Sie an die Corporate Sustainability Reporting Directive, die Diskussionen um Provisionen oder den anstehenden Solvency-II- Review. Daneben sehen wir die fortschreitende Konsolidierung im Maklermarkt und die sich immer schneller verändernden Kundenwünsche, auf die sich die Versicherer einstellen müssen. Und viertens spielt sich das Ganze vor dem Hintergrund der KI-Revolution ab, deren Einsatz enormes Potenzial bei der Schadenbearbeitung bietet und auch neue Standards bei der Serviceorientierung setzen kann.

Zurück zu Ihnen, Herr Roider. Was sind Ihre Pläne für die Zeit nach der Haftpflichtkasse?

Meine letzten Tage bei der Haftpflichtkasse habe ich damit verbracht, im Sinne unserer Kunden und Vertriebspartner eine reibungslose Übergabe an meinen Nach­folger, Dr. Welfens, zu gewährleisten. Ich möchte die Zeit bei der Haftpflichtkasse nicht missen, freue mich aber auf den nun beginnenden, neuen Lebensabschnitt.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 10/2024 und in unserem ePaper.
Bild: © Haftpflichtkasse