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27. November 2024
Rechtsschutz: Verhältnis „Versicherer-Anwaltschaft“ zunehmend angespannt

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Rechtsschutz: Verhältnis „Versicherer-Anwaltschaft“ zunehmend angespannt

Rechtsschutz: Verhältnis „Versicherer-Anwaltschaft“ zunehmend angespannt

Die Spannungen zwischen Rechtsschutzversicherern und der Anwaltschaft äußern sich in der Handhabung von Deckungszusagen und der freien Anwaltswahl. Wie belasten diese Konflikte den Zugang zum Recht für Versicherte? Und an welchen Punkten sollten Versicherer, Anwälte und Makler zur Verbesserung der Situation ansetzen?

Interview mit Dr. Tim Horacek, Rechtsanwalt und Geschäftsführer bei Keen Law Rechtsanwalts GmbH
Herr Dr. Horacek, rund ein Fünftel der Beschwerden beim Ombudsmann entfällt auf die Sparte Rechtsschutzversicherung (RSV). Warum gibt es so viele Beschwerden?

Im Kontext von RSV sind oft drei Parteien mit jeweils eigenen Interessen involviert: der Versicherungsnehmer, der Versicherer und der Rechtsanwalt. Letzterer hat ein starkes Eigeninteresse an einem positiven Schiedsspruch, obwohl er kein Vertragspartner ist.

Gleichzeitig scheint sich zwischen den Versicherern und der Anwaltschaft eine Kluft gebildet zu haben. Einige Kanzleien berichten von einem Misstrauen der Versicherer ihnen gegenüber, welches sich wohl durch eine strukturelle Versagung des Deckungsschutzes auf entsprechende, von einer bestimmten Kanzlei in einem bestimmten Themengebiet gestellte Anfragen hin, zeigen soll. In anderen Fällen werden bestimmte Kanzleien von der im Grundsatz erteilten Deckungszusage ausgeschlossen. Als Reaktion hierauf rät nicht selten der Rechtsanwalt dem Versicherungsnehmer dann zur Einleitung eines Schlichtungsverfahrens.

Sehen Sie dann darin ein strukturelles Problem in der Branche?

Ja, denn obwohl Rechtsanwälte und Versicherer kein Vertragsverhältnis eint, werden Streitigkeiten zwischen ihnen oft auf der Deckungsebene ausgefochten, bevor das eigentliche Verfahren beginnt. Das halte ich für einen Missstand. Denn wenn Deckungsanfragen basierend auf der beauftragten Kanzlei entschieden werden, würde der Deckungsanspruch des Versicherten an unsachliche Umstände geknüpft. Der Gesetzgeber garantiert in § 127 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) die freie Anwaltswahl, die weder mittelbar noch unmittelbar eingeschränkt werden darf. Besonders problematisch ist es, wenn eine Kanzlei von vornherein aus dem Deckungsschutz ausgeschlossen wird.

Wie beschreiben Sie angesichts dessen das Zusammenspiel zwischen Anwalt und Versicherern? Und wie hat sich das mit dem Dieselskandal nochmals verändert?

Fraglos kam es bei der skalierten Bearbeitung gleich gelagerter Fälle in der Vergangenheit auch zu anwaltlichen Verfehlungen. Dann hat sowohl der Versicherte als auch der Versicherer jedes Recht, einen hieraus ggf. entstandenen Schaden bei dem Rechtsanwalt zu regressieren. Der Versicherer wird durch § 86 VVG in eine beneidenswerte Lage gebracht, da er – anders als der Rechtsanwalt im umgekehrten Verhältnis – seine behaupteten Ansprüche unmittelbar gegen den Rechtsanwalt geltend machen kann.

Dieser Systematik wurde bisher auch gefolgt. Der Dieselskandal scheint dieses Bild gedreht zu haben: Der Versicherer möchte sich den Regressweg sparen und das Geld gar nicht erst weggeben. So aber verdrängt der Streit des Versicherers gegen den Rechtsanwalt die Interessen des Versicherten und versperrt diesem den – versprochenen – Zugang zum Recht.

In welchen Bereichen sollten Anwälte und Versicherer enger zusammenarbeiten, um die Qualität der Rechtsberatung zu verbessern?

Ein Ansatz wäre eine klarere Vorabkommunikation dahingehend, was für die Bearbeitung des Rechtsschutzfalles gewünscht wird. Nicht zuletzt, weil sich die Anforderungen einzelner Versicherer unterscheiden, ließe sich so viel Frust auf beiden Seiten verhindern. Diese Nebenkriegsschauplätze führen häufig dazu, dass das originär gemeinsam erklärte Ziel – eine qualitativ hochqualitative Rechtsberatung des Versicherten – verzögert wird oder in den Hintergrund rückt. Viele monatelange Streitigkeiten lassen sich durch eine eindeutige Absprache im Vorhinein verhindern.

Viele Rechtsschutzversicherer erteilen seit Neuestem beschränkte Deckungszusagen. In welchen Fällen ist das der Fall und was, vermuten Sie, steckt dahinter?

Durch die Massenverfahren der letzten Jahre (u. a. Dieselskandal) haben die Versicherer die Einwände der Mutwilligkeit und fehlender Erfolgsaussichten wiederentdeckt. Grund: Massenphänomene verschieben die Risikokalkulation der Versicherer, da nun ein einziges Ereignis Hundert­tausende Rechtsschutzfälle auslösen kann. Ein solches Klumpenrisiko galt früher als Ausnahme, entwickelt sich aber zur Regel. Der Rechtsmarkt wandelt sich zu einem Nachfragemarkt, was durch die marketingaffine Vorgehensweise der Rechtsanwälte noch verstärkt wird. Deshalb versuchen sich viele Versicherer durch diese Einwendungen aus der eigenen Leistungspflicht herauszuwinden und lehnen den Versicherungsschutz ganz oder teilweise ab.

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Ein Interview mit
Dr. Tim Horacek