Mitteilungspflicht bei bekannten Diagnosen
Auch wenn eine Diagnose bei Antragstellung bekannt sei, begründe dies nicht zwingend eine Mitteilungspflicht, so das OLG Hamm. Auch wenn vor Antragstellung eine Erkrankung diagnostiziert wurde, müsse diese nicht zwingend mitgeteilt werden, wenn der Versicherer diesbezüglich keine Gesundheitsfragen stellt. Denn der Versicherer trete dem Versicherten gegenüber normalerweise als geschäftserfahren gegenüber.
Der Versicherte könne aufgrund dieser Geschäftserfahrenheit grundsätzlich davon ausgehen, dass der Versicherer weiß, welche Umstände er erfahren möchte und welche für diesen obsolet sind. Somit könne auch verlangt werden, dass nicht nur explizit nach Diagnosen gefragt werde, sondern auch nach Beschwerden oder Symptomen. Stellt der Versicherer keine Fragen, geht dies nicht zu Lasten des Versicherten. Etwas anderes könne nur in evidenten und „krassen“ Fällen gelten, bei denen der durchschnittliche Versicherte einzig und allein den Schluss der Erheblichkeit für den Versicherer ziehen könne. Die durch die Krankenversicherung eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH gegen die Entscheidung des OLG Hamm wurde zurückgewiesen. Der BGH sah sich demnach nicht veranlasst, die Entscheidung des OLG Hamm abzuändern.
Fazit und Hinweise für die Praxis
Bejaht man die Anwendbarkeit der Figur der spontanen Anzeigeobliegenheit, so ist eine zurückhaltende Anwendung geboten. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände und besonders grundlegender Informationen kann hiervon Gebrauch gemacht werden. Stellt der Versicherer keine entsprechenden Fragen im Versicherungsantrag, kann der durchschnittliche Versicherte davon ausgehen, dass der geschäftserfahrene Versicherer diese Umstände auch nicht für erheblich hält. Nichtsdestotrotz muss stets im Einzelfall geprüft werden, ob im konkreten Fall eine spontane Anzeigeobliegenheit besteht oder nicht. Diese Problematik gilt natürlich nicht nur bei biometrischen Versicherungsanträgen, sondern spartenübergreifend.
Ein weiterführender Beitrag zum Bereich der „spontanen Anzeigeobliegenheit“ ist nachstehend zu finden: „Die spontane Anzeigeobliegenheit – ein Mythos oder gelebte Pflicht?“
Bild: © Studio_East – stock.adobe.com; © Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte
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Leserkommentare
Comments
Urteil: Auch alles was nicht erwähnt wurde, ist Unterlassung
Demzufolge ist Haftungsfreiheit für Makler niemals möglich. Da es Unmengen von unterschiedlichen Klauseln der Versicherer gibt, schaffen selbst die allerbesten Berater die, um gründlich aufzuklären bestimmt 100 Stunden benötigten, da sind Honorarberater schon längst defizitär, 100% rechtssichere Aufklärung und Verkauf NIEMALS.
Das Beispiel Altersversorgung, ganz besonders die BAV, die allesamt nach allen Kosten für Fonds-TER, FEES, Versicherungsmantel, Garantien und bei selbst moderater Inflation von 3% nur Verluste garantieren, trotzdem ungerührt massenweise verkauft werden, als gigantisches Damoklesschwert über der Branche, als Mahnung.
Das eine Innovation seit Jahren existiert, wird ignoriert. Aussitzen, wie alles in Deutschland und erst reagieren, wenn die Katastrophe-Tsunami/Hochwasser/Lawinenartig nicht mehr aufzuhalten ist?
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