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15. Juni 2023
Makler und Pools: Unabhängigkeit sollte sichergestellt sein
Makler und Pools: Unabhängigkeit sollte sichergestellt sein

Makler und Pools: Unabhängigkeit sollte sichergestellt sein

Seit rund einem halben Jahr hat der BDVM mit Dr. Bernhard Gause einen neuen geschäftsführenden Vorstand. Wie denkt der BDVM-Chef über die zentralen Zukunftsfragen der Maklerhäuser wie die Reform der EU-Kleinanlegerstrategie oder die Konsolidierungsdynamik im Markt?

Interview mit Dr. Bernhard Gause, geschäftsführender Vorstand beim Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler e. V. (BDVM)
Herr Dr. Gause, europäische Regulierungsthemen beeinflussen die Maklerschaft zunehmend. Sprechen Sie mittlerweile öfter mit Menschen in Brüssel als in Berlin?

Ja. Besonders auch, wenn Sie die Begegnungen über unseren europäischen Vermittlerdachverband BIPAR dazunehmen. Dort besteht sozusagen ein „Arbeitsverhältnis“ mit den europäischen Institutionen. Und die nationalen Verbände flankieren das dann.

Sie selbst waren in Brüssel in Ihrer früheren GDV-Tätigkeit für ein paar Jahre zu Hause. Inwiefern hilft Ihnen dieser Hintergrund bei Ihrer aktuellen Tätigkeit als BDVM-Vorstand?

Sicher schadet es nicht, die Abläufe in den Institutionen über ein paar Jahre hautnah mitbekommen zu haben, zum Beispiel im persönlichen Umgang zu erleben, wie nationale Interessen auch schon auf Ebene der EU-Kommission und nicht erst im Rat eingehen und verhandelt werden. Und natürlich habe ich auch noch persönliche Verbindungen aus dieser Zeit – ich bin immer sehr gern dort.

In der EU werden also die Regeln gemacht, was uns auch direkt zu dem Thema Vergütung bringt – eine zentrale Zukunftsfrage des Maklermarktes, ob nun Provision oder Honorar. Wieso scheint es so schwer zu sein, die Wahl darüber einfach den Menschen zu überlassen?

Weil das provisionsbasierte System in Teilen der Bevölkerung und Politik kein gutes Image hat. Siehe die Aussage eines Vermögensberaters in einem kürzlich erschienenen Spiegel – Ausgabe 16/2023, S. 65: „Ich habe das in meiner Zeit als Banker selbst erlebt: Man ist kein Berater, sondern Verkäufer, und dreht den Menschen oft völlig ungeeigneten Schrott an. Es stimmt, dass Honorarberatung Geld kostet. Aber der Staat könnte ein einfaches Standardaktienprodukt anbieten wie in Schweden. Oder er könnte für sozial Schwächere die Beratung fördern, statt Unsinn wie Riester- oder Rürup-Rente zu fördern. Das wäre besser als das jetzige System, an dem sich nur die Banken und die Finanzvertriebe bereichern und das dazu führt, dass Menschen in Dinge investieren, die nicht zu ihnen passen.“

Das lesen die Verantwortlichen in Brüssel auch. Und denken sich: Irgendwas stimmt da wohl nicht. Und dann legt eine politische EU-Kommission mit ihrem Beamten-Apparat los. So ist das. Wir können aber zeigen, dass unser System hier funktioniert, und wir eben nicht am Kundeninteresse vorbei vermitteln, sondern handeln, wie es der BDVM Code of Conduct formuliert: „Das Kundeninteresse und nicht das wirtschaftliche Eigeninteresse des Versicherungsmaklers bestimmt die Auswahlentscheidung des Versicherungsmaklers.“ Die Mitglieder des BDVM, deren Geschäft ich vielfach auch vor Ort kennenlernen konnte, begleiten ihre Kunden oft über Jahrzehnte, holen das Beste für sie heraus und sind verlässliche Partner.

Das Provisionsverbot wird gegenwärtig heiß diskutiert – ob und in welcher Form es kommen könnte. Welche Regulierungsvorhaben „drohen“ denn aus Brüssel noch?

Die Kleinanlegerstrategie steht im Zentrum und dürfte uns in vielerlei Hinsicht fordern, zum Beispiel was die Geeignetheitsprüfung oder die Transparenzpflichten anbelangt. Der Anfang Mai bekannt gewordene Entwurf lässt zudem viel Raum für weitere Regulierung auf nachgelagerten Stufen. Und auch ein grundsätzliches Provisionsverbot könnte trotz der Entwarnung der Kommissarin Ende April im weiteren Verfahren wegen entsprechender Tendenzen im Europäischen Parlament wieder auf die Agenda kommen.

Eine weitere Zukunftsfrage in der Maklerschaft ist das drängende Problem, neues Personal für das eigene Maklerhaus zu finden. Wie sehr treibt den BDVM dieses Thema um?

Natürlich ist das ein Problem, das wir in unseren Gremiensitzungen diskutieren. Im gegenseitigen Austausch suchen wir nach Wegen für eine zeitgemäße Ansprache möglicher Interessenten. Stellvertretend möchte ich auf den Beitrag unserer Vizepräsidentin, Frau Julie Schellack, auf der letztjährigen DKM hinweisen: „Ohne Social Media geht es nicht.“

In diesem Zusammenhang scheint die weitere Konsolidierung im Markt durch Aufkäufe unausweichlich zu sein. Wie bewertet man beim BDVM die Tatsache, dass inhaber-geführte Maklerhäuser mittlerweile auch interessante Assets für Private-Equity-Investoren sind?

Das ist in erster Linie einmal schlicht zur Kenntnis zu nehmen. Es ist auch nicht zu beanstanden, wenn sich ein Maklerhaus – aus unterschiedlichen Gründen – größeren Verbünden anschließt. Man hört von positiven Erfahrungen. Und ebenso wissen andere Unternehmen ihre Eigenständigkeit zu schätzen. Und schließlich: Erfolgreiche Nachfolgen in familiengeführten Unternehmen gibt es ja auch!

Wie schätzt der BDVM die weitere Entwicklung ein? Werden inhabergeführte kleinere Maklerhäuser nach und nach vom Markt verschwinden und in größeren Einheiten aufgehen?

Wenn man sich anschaut, dass ja auch jetzt noch neue Konsolidierer auf den Markt kommen, muss man wohl davon ausgehen, dass der Trend zur Gruppenbildung noch eine Weile anhalten wird. Ein Verschwinden „kleinerer inhabergeführter Maklerhäuser“, wie Sie es sagen, kann ich mir aber, zum Glück, nicht vorstellen – es wird weiter inhabergeführte, kleine und mittelständische Maklerhäuser mit hoher Expertise und Kundennähe geben, die ihre unternehmerische Unabhängigkeit bewahren wollen.

Um der Flut an Anforderungen im Geschäft gerecht zu werden, brauchen Makler Unterstützung durch Dienstleister. Viel diskutiert ist dabei der Anschluss an einen Maklerpool. Maklerpools aber können eine wirtschaftliche Abhängigkeit erzeugen. Ist Ihrer Meinung nach bei Fortschreiten der Entwicklung der Poolanschluss dann nur eine andere Form der Ausschließlichkeit?

Im Grundsatz wohl nicht, zumal ja oft mehrere Poolanbindungen bestehen bzw. diese auch nur für bestimmte Bereiche genutzt werden. Es ist aber wichtig, dass der Makler auch in der Zusammenarbeit mit Pools seine Unabhängigkeit sicherstellt – das betrifft z. B. die Frage, ob die vom Pool angebotenen Versicherer hinreichend sind, und auch seine wirtschaftliche Stellung im Falle einer Trennung vom Pool.

Inwiefern strebt der BDVM eine Verbesserung des Berufsbildes in der Gesellschaft allgemein und im Besonderen bei jüngeren Bevölkerungsgruppen an?

Die Hauptaufgabe des BDVM ist die Vertretung der Interessen unserer Mitglieder gegenüber der Politik und im Markt. Darüber hinaus informiert der Verband seine Mitglieder über die laufende Gesetzgebung und berät sie in einer Vielzahl von juristischen Fragen. Das Berufsbild – der Versicherungsmakler als Risikomanager, als treuhänderischer Sachwalter seiner Kundschaft – kann in erster Linie über unsere Mitgliedsunternehmen anhand ansprechender Vermittlung der Praxis interessant gemacht werden. Ich habe erst seit Mitte November 2022 die volle Verantwortung für den BDVM. Wir werden im Vorstand des BDVM diskutieren, wie wir auch zur weiteren Profilierung des Berufsbildes beitragen können.

Man gewinnt den Eindruck, dass die Umstellung auf Nachhaltigkeit in der Versicherungsbranche sehr von Regulierungsvorhaben angetrieben ist. Wieso hat die politische Arena das Vertrauen in die Kräfte des Marktes dabei verloren?

Ich glaube schon, dass das Thema Nachhaltigkeit politisch angeschoben werden muss, um es – auch – in den Finanzmärkten breit zu etablieren. Davon abgesehen ist die derzei­tige Regulierung natürlich viel zu komplex; ich hoffe sehr, dass wir da in absehbarer Zeit weiter sind.

Aber Nachhaltigkeit ist ja viel mehr als Regulierung. Auch die Umstellung des eigenen Betriebs auf umwelt- und klimafreundliche Prozesse zählt dazu. Wie geht es dabei voran? Und welche Barrieren erschweren den Weg dorthin?

Das Thema Nachhaltigkeit wird in der Branche durchweg großgeschrieben, so mein Eindruck. Dabei gehen die Unternehmen jeweils individuell vor: Größere Häuser veröffentlichen selbst Nachhaltigkeitsberichte und bieten auch Dienstleistungen für ihre Kunden zur Einführung bzw. Umsetzung von ESG-Strategien an. Auch bei Verbünden und Dienstleistern steht das Thema weit oben auf der Agenda. Aber auch kleinere und mittlere Unternehmen durchlaufen Zertifizierungsprozesse, erstellen CO2-­Bilanzen und ergreifen Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen. Die größte Barriere, so wurde mir gesagt, ist der Zeitaufwand, einmal den Ist-Zustand des Unternehmens zu erfassen.

Jüngst sind mit Munich Re und Zurich erste Versicherer wieder aus der Net-Zero Insurance Alliance ausgetreten. Begrüßen Makler diesen Schritt, weil wieder Unternehmen versichert werden können, für die man keinen Schutz mehr bekommen hat?

Die ausgetretenen Versicherer haben ja mitgeteilt, dass sie ihre gesetzten Nachhaltigkeitsziele dennoch einhalten wollen. Das ist natürlich grundsätzlich zu begrüßen, allerdings gilt für mich auch: Was politisch erlaubt ist, muss auch Versicherungsschutz finden.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 06/2023, S. 118 ff., und in unserem ePaper.

Bild: © Dr. Bernhard Gause, BDVM

 
Ein Interview mit
Dr. Bernhard Gause