Herr Engemann, die SDK hat sich trotz schwieriger Rahmenbedingungen immer für die Vollkostenversicherung eingesetzt. Ist das weiter Ihre Strategie?
Olaf Engemann: Wir sind von Krankenkostenvollversicherungen überzeugt, sonst hätten wir nicht die leistungsstarke Vollversicherung entwickelt, die wir 2017 auf den Markt gebracht haben. Wir glauben daran und werden diese künftig noch fokussierter in unseren Zielgruppen vermarkten.
Herr Sievert, stoßen Sie damit bei Maklern noch auf offene Ohren?
Eric Sievert: Letztendlich muss man sich darüber im Klaren sein, dass das PKV-Geschäft ein Spezialgeschäft ist. Versicherungsmakler, die in dem Feld arbeiten, werden weiter ein gutes und leistungsstarkes Portfolio benötigen, aus dem sie wählen können. Da begleiten wir sie natürlich. Für uns als Gesundheitsversicherer ist die Voll-KV ein ganz wesentliches Element. Am Ende sind alle Dienstleistungen, die wir heute schon anbieten und zukünftig weiter ausbauen werden, eine Ergänzung genau dieser Vollversicherung.
Vor diesem Hintergrund wollen Sie nun aber auch das Angebot in der Krankenzusatzversicherung ausbauen ...
OE: ... Ja, wir bringen eine neue Produktpalette an Zusatzversicherungen auf den Markt für den ambulanten, stationären und Zahnbereich mit einigen neuen Features und kalkuliert nach Art einer Schadenversicherung. Hier sehen wir für uns zusätzliches Wachstum.
Das bedeutet dann auch, dass die Tarife günstiger sind?
OE: Da sie keine Beitragsanteile für das Alter enthalten, sind sie günstiger. Auch in der bKV bieten wir neue Zusatztarife. Zu den Produkten werden wir dann auch Online-Abschlusstrecken bauen. Makler und Maklerpools können dann genauso darauf zugreifen wie unsere anderen Vertriebswege Bank und AO.
ES: Vielleicht darf ich ergänzen, dass wir in dem Zusammenhang ja vom hybriden Kunden sprechen. Dieser geht heute mal zum Makler, dann mal zu einer Bank, mal schließt er online ab. Darauf müssen wir uns einstellen, damit der Kunde selbst entscheiden kann, wo er welches Produkt abschließen will und hier wollen wir unsere Vertriebswege ganzheitlich unterstützen.
Das kleinere Geschäft läuft dann online, große Erwartungen ruhen aber auch auf der bKV. Diese wird aber nur eine kleinere Anzahl an Maklern ansprechen.
OE: Es ist schon so, dass sich die bKV auf einige wenige Makler konzentriert. Wir wollen neben Maklern, die sich dem bAV-Geschäft widmen auch auf Gewerbemakler zugehen, die den Zugang zu Unternehmen haben und denen wollen wir das Thema näherbringen. Wenn das Interesse geschaffen wurde, können wir von der SDK mit dem Makler zum Kunden und ihn unterstützen. In den Gesprächen geht es ja auch darum, das Gesundheitspaket der SDK anzubieten, das sich neben der bKV auch aus dem betrieblichen Gesundheitsmanagement und Gesundheitsdienstleistungen zusammensetzt.
Ein Beispiel: Wir bieten dem Arbeitgeber einen Baustein „Gesunder Schlaf“ an. Die Mitarbeiter beantworten auf freiwilliger Basis online Fragen und erhalten dann im Ergebnis Informationen, wie sie den eigenen Schlaf fördern können. Und davon profitieren alle, der Arbeitgeber, der gesunde, ausgeschlafene Mitarbeiter benötigt, und der Mitarbeiter selbst.
ES: Wir wollen hier letztendlich „Lifetime-Partner“ des Kunden sein. Das geht weit über das eigentliche Versicherungsprodukt hinaus. Bis hin zur Unterstützung bei der Facharztwahl oder auch zur Patientenverfügung. Da sind wir natürlich noch lange nicht am Ende.
Sie sprechen das Thema Ökosysteme an?
OE: Wir machen hier alle die ersten Gehversuche. Wir bieten beispielsweise als Gesundheitsexperte Ergonomie-Programme an, schulen ein besseres und aktiveres Sitzen. Warum sollten wir nicht mit Produzenten von Bürostühlen zusammenarbeiten? Der Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt.
Sind aber die Vermittler nicht noch weit weg von diesen Themen?
OE: In der Tat ist der Makler oft noch etwas weiter weg von den Themen. Unsere Ausschließlichkeitsorganisation und natürlich vor allem unsere Spezialistenorganisation ist schon etwas näher dran. Gerade deshalb wollen wir die Makler dabei unterstützen und ihnen aufzeigen, welche Potenziale sich hierbei bieten.
ES: Aber ich finde das ganz normal und das ist auch jetzt nicht so disruptiv. Versicherungen und Zusatzprogramme gab es immer schon, jetzt entwickeln wir uns nur weiter in diese Richtung. Der Reifegrad wird sich daher immer weiterentwickeln und Kooperationen werden eine größere und wichtigere Rolle einnehmen.
Auch in der Pflegeversicherung ist das ein Thema. Welche Entwicklungen sehen Sie da?
OE: Pflege ist natürlich ist ein riesiges Thema und letztlich für uns ein gesellschaftlicher Auftrag. Wir kümmern uns darum und finden die Ideen unseres Gesundheitsministers gut, was den Aufbau von Personal, Gehaltsstrukturen usw. angeht. Aber das bringt natürlich auch Kosten mit sich. Und so kommt es unumgänglich zu Beitragsanpassungen in GKV und PKV. Umso wichtiger ist es daher, das Bewusstsein der Menschen für eine mögliche Pflegebedürftigkeit im Alter zu schärfen.
Sind die Beteiligten bei dem Thema nicht auch desillusioniert?
OE: Nein, das kann man so nicht sagen. Es gibt einige positive Entwicklungen. Es werden bereits Pflegeversicherungen online angeboten und sind auch online abschließbar. Es gibt auch Tarifverträge, bei denen eine betriebliche Pflegeversicherung festgeschrieben wurde. Wir finden den Ansatz gut und es ist doch auch eine gute Sache, wenn sich auch Arbeitgeber des Themas annehmen.
ES: Wir dürfen da auch nicht nachlassen. Wir wissen, dass sich Leute lieber ein Smartphone kaufen als eine Pflegeversicherung abzuschließen. Wir müssen deshalb das Thema immer weiterspielen und in die Köpfe der Bevölkerung bringen, um hier Aufklärung zu schaffen und zu sensibilisieren.
Wie gehen Sie denn mit Vergleichsportalen um?
OE: Wir werden uns hiermit sicherlich stärker auseinandersetzen müssen. Gerade bei der neuen Zusatzversicherungsproduktpalette stellen wir diesbezüglich Überlegungen an.
ES: Wir sind offen für alle Vertriebswege und müssen das als Mittelständler auch sein. Wir werden natürlich schauen, wie wir wen prozessual am besten unterstützen können. Wir müssen daher in eine offene Systemarchitektur kommen, sodass wir jeden, der den künftigen Weg mitgehen will, unterstützen können – das gilt für Vergleichsportale, Pools und auch Einzelmakler.
Wohin geht es denn in Ihrem Haus sonst noch in Sachen Digitalisierung?
OE: Wir haben im letzten Jahr eine Kunden-App gestartet, die SDK-App. Der erste Baustein war eigentlich nur die Pflicht, nämlich das Einreichen von Leistungsabrechnungen. Aber sie ist für uns nicht nur eine reine Schaden-App, sondern eine echte Kunden-App. Sie kann inzwischen bereits den Bearbeitungszustand anzeigen. In der Weiterentwicklung sind Gesundheitstipps und Vertragsauskünfte geplant. Vielleicht können wir die App auch vertrieblich nutzen und den Kunden über die App mit Spezialangeboten ansprechen. Wir werden sie auf jeden Fall stetig weiterentwickeln und neue Funktionen hinzufügen.
Gibt es aber nicht auch schon Zurückhaltung bei den normalen Schaden-Apps?
OE: Beim Einreichen von Leistungen? Das läuft super! Wir hatten nach dem ersten Launch rein über die Ansprache unserer Vermittler innerhalb von ein paar Wochen 7.000 Nutzer auf der App. Danach gab es einen offiziellen Launch, bei dem die Kunden direkt informiert wurden, dass sie Rechnungen per App einreichen können. Wir hatten am Ende des Jahres ungefähr 30.000 Nutzer.
Bild: © ASDF – stock.adobe.com
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