Im vergangenen Jahr hatten zahlreiche Zweitwohnungsbesitzer versucht, sich gegen die aufziehende Corona-Pandemie in ihr Häuschen auf dem Land bzw. an der See zu flüchten. Doch so nachvollziehbar die Idee war, von den dicht gedrängten Hot-Spots aufs platte Land zu fliehen, so wenig Sinn ergibt sie, wenn jeder sie verfolgt. Schließlich sahen sich die touristisch geprägten Landkreise an Nord- und Ostsee sogar gezwungen, die Nutzung von Zweitwohnungen zu untersagen und die auswärtigen Personen unverzüglich zur Rückreise an ihren Hauptwohnsitz aufzufordern (AssCompact berichtete).
Zweitwohnungsbesitzer dürfen wieder nicht einreisen
Damals begründeten die Kreise das mit der medizinischen Infrastruktur, die lediglich für die Zahl der Einheimischen mit Hauptwohnsitz am Meer ausgelegt sei. Ein knappes Jahr später wird Zweitwohnungsbesitzern nun erneut der Zugang zu ihren Immobilien verwehrt. Das ergibt sich aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Greifswald, das über den Fall eines Zweitwohnungsbesitzers zu befinden hatte, dem eine Immobilie auf Usedom gehört, der aber eigentlich aus Berlin stammt.
Inzidenzwert steigt über 150
Der Landrat des Landkreises Vorpommern-Greifswald hatte mit Allgemeinverfügung vom 08.02.2021 angeordnet, dass die Einreise in das Gebiet des Landkreises aus nicht beruflichen Gründen für Zweitwohnungsbesitzer verboten ist. Der Landrat sah sich zu dieser Reaktion gezwungen, nachdem der Inzidenzwert im Landkreis auf über 150 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen gestiegen war.
Aufschub des Vollzugs beantragt
Der Berliner Zweitwohnungsbesitzer hatte der Verfügung widersprochen und wollte nun per einstweiligem Rechtsschutzantrag erreichen, dass er seine Zweitwohnung im Seebad Ahlbeck auf Usedom weiter nutzen darf, bis über seinen Widerspruch entschieden wurde.
Verhältnismäßigkeit ist gewahrt
Das VG Greifswald hat den Antrag jedoch abgelehnt. Die Allgemeinverfügung des Landrats werde sich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig erweisen, beschloss das Gericht. Der Landrat habe die Befugnis gehabt, die besagte Allgemeinverfügung zu erlassen und sei aufgrund der Höhe des Inzidenzwerts auch verpflichtet gewesen, Maßnahmen zu ergreifen. Des Weiteren sei das Einreiseverbot auch verhältnismäßig, da es dem legitimen Ziel diene, die Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus zu verhindern und die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems aufrechtzuerhalten.
Öffentliches Interesse steht im Vordergrund
Auch sei es laut Gerichtsbeschluss nicht vertretbar, die Maßnahme auszusetzen, da eine Reaktion im Hinblick auf das aktuelle Infektionsgeschehen jetzt angezeigt sei. Die Einschränkung der persönlichen Freiheit sowie der Freiheit zur Nutzung des Eigentums wögen weniger schwer als das öffentliche Interesse, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern. Gerade auch deshalb, weil die Einschränkungen zwar nicht konkret zeitlich begrenzt, aber an einen Inzidenzwert gekoppelt seien, der bei Einhaltung der nun gültigen Corona-Maßnahmen bald wieder unterschritten werden sollte.
Home-Office in der Zweitwohnung?
Der Zweitwohnungsbesitzer kann nun noch innerhalb von zwei Wochen vor dem Oberverwaltungsgericht Greifswald Beschwerde gegen den Beschluss einlegen. Auch die Frage, ob ihm vielleicht Home-Office in seiner Zweitwohnung gestattet bleiben muss, da Einreisen aus beruflichen Gründen weiterhin gestattet bleiben, könnte die Gerichte in den nächsten Wochen noch beschäftigen. Im vergangenen Jahr zog diese Begründung jedoch nicht (AssCompact berichtete). (tku)
VG Greifswald, Beschluss vom 18.02.2021 – 4 B 283/21 HGW
Bild: © Rico Ködder – stock.adobe.com
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