Schon seit geraumer Zeit beobachtet der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e. V. (BVK) eine mangelnde Zeichnungsbereitschaft der Feuer-Industrie-Versicherer gegenüber klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU). Dies berichtete das BVK-Präsidium auf seinem jährlich in Berlin stattfindenden Pressedialog. Der BVK hat daher an die Versicherer appelliert, ihrer volkswirtschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden und sie ermuntert, wieder mutig diejenige Risikobereitschaft zu zeigen wie es bereits in der Vergangenheit der Fall gewesen sei.
Deckungsnotstand könne dramatische Ausmaße annehmen
Demnach ergab eine aktuelle Abfrage des BVK unter Industriemaklern in vielen Branchen einen „als dramatisch zu bezeichnenden Zeichnungsnotstand“. Dies betreffe insbesondere die Branchen Recycling, Galvanik, Holzverarbeitung sowie die Lebensmittel und Fleischverarbeitung. Aber auch große landwirtschaftliche Betriebe würden zunehmend keinen ausreichenden Versicherungsschutz mehr erhalten, erklärte BVK-Vizepräsident Andreas Vollmer. „Doch den heute teilweise kritischen Betriebsarten der KMU sollte nicht mit Abwehrhaltungen der Versicherer begegnet werden“, fordert Vollmer daher weiter.
Dieser Deckungsnotstand könne für die KMU dramatische Ausmaße bis hin zur Insolvenz annehmen. Denn viele Unternehmen müssten Banken für die Gewährung von Kreditlinien Deckungszusagen der Versicherer vorlegen. Bestehe aber kein Deckungsschutz, stellen die Banken das Darlehen fällig, so dass die Unternehmen drohen, in die Insolvenz zu gehen.
Gründe für die fehlende Zeichnungsbereitschaft
Die Gründe für die mangelnde Deckungsbereitschaft sieht der BVK in komplexer werdenden Risikolagen der Unternehmen. Die zunehmenden gesetzliche Auflagen wie das Lieferkettengesetz, Umweltauflagen, Nachhaltigkeitsvorgaben, usw. führen zu neuartigen betrieblichen Risiken, für die Erfahrungswerte und Risikokalkulationen fehlten. Auch im Bereich der Cybersicherheit und Datenverarbeitung bestünden unkalkulierbare Risiken, die die Deckungsbereitschaft der Versicherer nicht gerade förderten.
Eine weitere wesentliche Ursache sieht der BVK auch darin, dass sich die Versicherer in der Risikobetrachtung zu oft vereinfacht auf ihre Algorithmen verlassen würden. Hier sollten die Versicherer der Expertise ihrer Underwriter in Kooperation mit den professionell agierenden Industrie-Versicherungsmakler vertrauen. Zudem sei es zunehmend fragwürdig, dass viele Versicherer ihre Kunden je nach Wirtschaftsbranchen in Schubladen stecken und sie mit einem Zeichnungsverbot konfrontieren, anstatt sie individuell mit ihren jeweiligen Risiken und Schadenhistorien zu betrachten und geeignete Maßnahmen zum Brandschutz mit ihnen zu diskutieren.
Versicherern mangle es zunehmend an Underwirting-Kompetenz
Aber auch ein demografisches Problem kommt erschwerend hinzu. Denn viele erfahrene Underwriter sind in Rente oder auf dem Weg dahin. Hier wird für den BVK ein Mangel an qualifizierten Kräften sichtbar, zunehmend fehle bei den Versicherern die Underwriting-Kompetenz in der Feuer-Industrie-Versicherung. Daher müssten die Versicherer noch mehr auf ihre Algorithmen setzen. Somit laufe ein IT-gestützter Automatismus, der aber in der Praxis häufig als grobschlächtiger „Rasenmäher“ funktioniere und die KMU so „im Regen stehen“ lasse. (as)
Bild: © Shawn Hempel
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