Manche Indexanbieter setzen bei ihrem Aktienindex eine sogenannte Kappungsgrenze ein. Diese reguliert, wie hoch die Gewichtung eines in dem Index gelisteten Unternehmens ausfallen darf. Hintergrund ist, zu verhindern, dass ein Unternehmen im Index zu schwergewichtig wird – also die Diversifikation zu wahren. Auch die Deutsche-Börse-Tochter Stoxx setzt eine solche Kappungsgrenze beim Deutschen Aktienindex (Dax) ein. Aktuell liegt sie bei 10%.
2022, nachdem der Gaskonzern Linde immer wieder diese 10% überschritten und folglich aus dem Dax ausgestiegen war, hatte man bereits eine Branchenumfrage durchgeführt, ob die Kappungsgrenze auf 15% erhöht werden soll (AssCompact berichtete: Wird die Kappungsgrenze am DAX erhöht?). Damals stimmten noch 58% der Teilnehmer dagegen und sie blieb bei 10%. Doch die Frage lässt dem Indexanbieter Stoxx wohl keine Ruhe und hat eine erneute Befragung durchgeführt, die nun zum 08.11.2023 zu Ende gegangen ist. Verkündet werden sollen die Ergebnisse schon bald, am 22.11.2023. Doch bereits jetzt haben sich verschiedene Branchenvertreter und -verbände geäußert.
DAI befürwortet Erhöhung der Dax-Kappungsgrenze
Das Deutsche Aktieninstitut unterstützt in einem Pressestatement den Vorschlag, die Kappungsgrenze des Dax und seiner Auswahlindizes von 10% auf 15% anzuheben. Damit würde der Dax zu international vergleichen Indizes aufschließen. Der S&P 500 in den USA habe eine Grenze von 23%, der italienische FTSE MIB liege ebenfalls bei 15%. Und beim FTSE 100 in Großbritannien gebe es überhaupt keine Kappungsgrenze.
Doch ein Index solle in erster Linie die Kapitalmarktwirklichkeit gut abbilden. Unternehmen mit einer besonders hohen Marktkapitalisierung sollten realitätsgetreu im Index berücksichtigt werden, findet das DAI. Auch würden Unternehmen, die ein im Vergleich zu den anderen Indexunternehmen überdurchschnittliches Wachstum aufweisen, derzeit am Kapitalmarkt bestraft werden, indem insbesondere Indexfonds Anteile jener Unternehmen verkaufen müssten. Zusätzlich könnten Anleger dann auch nicht von diesem Wachstum profitieren.
Die Gefahr, dass ein Anteil eines Unternehmens von bis zu 15% die Risikodiversifizierung innerhalb des gesamten Indexes bedrohe, sehe das DAI nicht. Investoren in anderen Ländern könnten offenbar auch mit höheren Indexgewichten einzelner Unternehmen in den wichtigen Indizes umgehen. Aber: Generell gelte, dass die Diversifikationsmöglichkeiten innerhalb eines Indexes mit der Zahl der Unternehmen steigen. Dies setze aber auch eine ausreichende Zahl an großen börsennotierten Unternehmen voraus – in Deutschland gebe es diese schlicht nicht.
Gemischte, aber tendenziell positive Stimmen kommen vom Deutschen Investor Relations Verband (DIRK), der im Zuge einer Umfrage unter über 250 börsennotierten deutschen Unternehmen festgestellt habe, dass rund 60% der antwortenden Unternehmen eine Erhöhung der Kappungsgrenze bevorzugen würden, während rund 40% eine solche Anhebung nicht befürworten würden, so eine Mitteilung des Verbands.
Skepsis von den Fondsgesellschaften
Die Fondsgesellschaften nehmen eher die Gegenposition ein. In einer Stellungnahme des Fondsverbands BVI beispielsweise heißt es, dass alle Finanzindizes breit diversifiziert sein sollen, damit (aktive Vermögensverwalter) in möglichst viele Bestandteile eines Finanzindex investieren können. Dass der Vorschlag von Stoxx, die Kappungsgrenze anzuheben, die Marktattraktivität der deutschen Dax-Indizes erhöhen wird, sei zweifelhaft. Für den BVI würde eine Anhebung der Kappungsgrenze im Normalfall keine angemessene Risikoverteilung auf dem Markt widerspiegeln. Auch könne die Liquidität für kleinere im Index gelistete Unternehmen verringert werden.
Auch sei durch den Paragrafen 206 des Kapitalanlagegesetzbuches und durch die OGAW-Richtlinie vorgeschrieben, dass UCITS-Fonds, die sich nicht an einem Index orientieren, nicht mehr als 10% ihres Vermögens in ein einzelnes Unternehmen investieren dürfen – um eben gegen ein Klumpenrisiko abgesichert zu sein.
AllianzGI: Verwendung des Dax wäre „herausfordernd“
Auf jene OGAW-Richtlinien, nämlich die sogenannte „5–10–40-Regel“ verweist auf Nachfrage von AssCompact auch Christoph Berger, CIO Equity Europe bei Allianz Global Investors (AllianzGI). „Gemäß der aktuellen 5–10–40-Regel dürfen nur 10% des Nettoinventarwertes eines Fonds in einen Emittenten investiert werden. Diese Regel gewährleistet für Anleger in aktiven Fonds eine breite Risikostreuung. […] Bei einer erhöhten Kappungsgrenze wird die Verwendung des Dax als Benchmark aber herausfordernd.“
Aufgrund der Veränderung der Gewichtung im Dax wäre es also mitunter so, dass es im Hinblick auf Regularien nicht mehr möglich, diese in Fonds abzubilden. „Letztendlich sollte die Börse ein Regelwerk festlegen, welches sicherstellt, dass die Dax-Indexfamilie weiterhin die breite Diversifikation der deutschen Wirtschaft repräsentiert. Gleichzeitig sollten die Indizes als Benchmark für aktive Fonds geeignet bleiben, die in deutsche Aktien investieren“, so Berger. (mki)
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