Drei Säulen mit bAV-Booster
Im Grundsatz beruht das Altersvorsorgesystem der Niederländer wie in Deutschland auch auf drei Säulen. Dazu zählen die gesetzliche Rentenversicherung, die betriebliche Altersvorsorge (bAV) und die private Vorsorge. Ein wesentlicher Unterschied zeigt sich allerdings mit Blick auf die zweite Säule. Während die bAV in Deutschland keine Pflichtveranstaltung ist und noch stark vom Streben nach Sicherheit und Garantien geprägt ist, kennt das niederländische System hier zwei bedeutsame Unterschiede. Zum einen ist die bAV bei unseren Nachbarn für alle Arbeitnehmer:innen faktisch verpflichtend. Und zum anderen werden die Beiträge von Anfang an in die Kapitalmärkte investiert. Konkret bedeutet dies, dass vom ersten Gehalt an ein Teil ihres Einkommens an den Märkten investiert wird. Der Prozess ist also langfristig angelegt. Die bAV-Beiträge werden dabei in der Regel zu einem Drittel von den Arbeitnehmer:innen und zu zwei Dritteln von den Unternehmen bedient. Je nach Branchenzugehörigkeit des Arbeitnehmenden fließt das Geld dann in eine entsprechende Pensionskasse, die es in Multi-Asset-Portfolios anlegt.
Die niederländische Pensionskasse für Beamte (ABP) etwa wies im Jahr 2020 folgende Allokation auf: 60% des Anlagevermögens steckten in Aktien, Immobilien und Private-Equity-Investments, 40% in einem breit gefächerten Portfolio von festverzinslichen Wertpapieren. Mit dieser Art von strategischer Allokation konnte die ABP in den letzten 20 Jahren eine durchschnittliche Rendite von 7% p. a. erwirtschaften. Nimmt man die Alterseinkommen aus der dritten Säule noch hinzu, so erreicht der durchschnittliche niederländische Bürger bei Renteneintritt ein Einkommensniveau, das lediglich rund 30% unterhalb seines früheren Arbeitseinkommens liegt. Ein im internationalen Vergleich guter Wert.
Demografischer Wandel
Das Beispiel der Niederlande macht Mut. Es zeigt, dass ein langfristig ausgerichteter Einsatz investmentbasierter Konzepte einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung der Altersvorsorge leisten kann. Denn er verbreitert die Basis für den Erfolg. Dabei stellt sich nicht die Frage von Entweder/Oder. Vielmehr geht es darum, unterschiedlich ausgerichtete Ansätze zu kombinieren, um ein zufriedenstellendes Ergebnis zu erreichen. Sicher scheint, dass die erste Säule zunehmend an Tragkraft verliert. Das hat damit zu tun, dass sich unsere Gesellschaft in den vergangenen Jahren stark verändert hat. Die Menschen werden älter, während die von ihnen gezahlten Prämien dafür keine ausreichende Absicherung bieten. Es gibt viel weniger Erwerbstätige als Rentner:innen, sodass selbst eine Anhebung der Prämie nicht wirklich funktionieren würde. Eine weitere Veränderung stellen gebrochene Arbeitsbiografien dar. Dass Menschen ihr ganzes Leben durchgehend an ein und demselben Arbeitsplatz verbringen, ist selten geworden. Stattdessen wechseln sie häufiger ihre Arbeitsstelle oder sind für einige Zeit gar nicht beschäftigt. Manche hingegen machen sich selbstständig.
Neue Wege gehen
Vor diesem Hintergrund erlangt insbesondere die dritte Säule der eigenständigen privaten Vorsorge eine größere Bedeutung. Allerdings gilt es umzudenken. Die Zeiten, in denen über Sparprodukte und den Zinseszinseffekt erfolgreich Rücklagen gebildet werden konnten, sind vorbei. Es ist daher erforderlich, den Mut aufzubringen, neue Wege zu beschreiten. Investmentbasierte Anlagen können hier eine sinnvolle Option sein. Das Beispiel der Niederlande jedenfalls zeigt: Langfristige Anlagen in breit gestreute Investmentportfolios mit einem aktiven Ablaufmanagement können im Alter für ein ausreichendes finanzielles Polster sorgen.
Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 04/2022, S. 44 f., und in unserem ePaper.
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