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2. Juli 2024
Inflation sinkt wieder: Wie geht es mit den Zinsen weiter?

Inflation sinkt wieder: Wie geht es mit den Zinsen weiter?

Die Inflationsrate ist im Juli 2024 nach der Erstschätzung des Statistischen Bundesamts im Vergleich zum Juni wieder zurückgegangen. Das lässt einige Experten über kommende Zinssenkungen diskutieren. Fraglich ist jedoch auch, wie sich die Kerninflation weiterentwickeln wird.

Ohne den schnöden Mammon füllt sich der Kühlschrank nicht – und noch schwerer wird das, wenn eines Tages mit der gleichen Menge Mammon immer weniger bezahlt werden kann. Aufgrund der überdurchschnittlich hohen Inflation der letzten Jahre leitete die Europäische Zentralbank (EZB) und die US-Notenbank Fed die Zinswende ein, um die Teuerungsrate zu bekämpfen – bislang mit Erfolg.

Nach einem kleinen Ausrutscher im Juni 2024 ist die Inflation im Juli nämlich wieder etwas nach unten gegangen, auf 2,2% p. a., so die Vorabeinschätzung des Statistischen Bundesamts, die am Montag veröffentlicht wurde. Das ifo-Institut hat sich insofern geäußert, dass die Teuerung im August zum ersten Mal seit März 2021 unter die 2%-Marke sinken könnte. Die Finanzbranche scharrt bei solchen Zahlen natürlich mit den Hufen: Sind jetzt vielleicht noch mehr Zinssenkungen vonseiten der EZB zu erwarten? Beim letzten Leitzinsentscheid Anfang Juni hatte Präsidentin Lagarde bereits die erste Senkung um 25 Basispunkte verkündet. Doch wann folgt die nächste?

Was macht die Inflation?

Prinzipiell ist die im Vergleich zum Vormonat wieder gesunkene Inflationsrate eine gute Nachricht für die Notenbanken. Denn auch die erste Zinssenkung Anfang Juni hatte (zumindest kurzfristig auf den Juni betrachtet) keine negativen Auswirkungen und die Inflation bewegt sich dementsprechend im Rahmen der Erwartungen der Zentralbank. Der Zielwert von 2% p. a. kann also kommen.

Doch wie es eben so ist: Es gibt immer ein „Aber“. Vergessen werden sollten bei der Analyse nicht die Kerninflation und die Dienstleistungspreisinflation, die sich etwas hartnäckiger zeigen. Die Kerninflation, bei der Energie- und Nahrungsmittelpreise nicht berücksichtigt werden, liegt nämlich im Juni voraussichtlich noch bei 2,9%, während sich die Dienstleistungspreisinflation unverändert bei 3,9% hielt. Hinter Letzterem steckt, so DWS-Volkswirtin Ulrike Kastens, vor allem die immer noch kräftige Lohnentwicklung. Das findet auch Michael Heise vom Vermögensverwalter HQ Trust. Beide Experten erwarten dementsprechend keinen deutlichen Rückgang der beiden Werte.

Auch Sebastian Becker, Ökonom der Deutschen Bank, sieht hier ein besonders hohes Inflationsrisiko, wie er im Handelsblatt zitiert wird. Es bleibe seiner Meinung nach abzuwarten, inwieweit der gegenwärtig hohe Lohndruck über sinkende Gewinnmargen der Unternehmen abgepuffert werden könne. Die Dienstleistungspreise spielen auf jeden Fall seiner Ansicht nach eine entscheidende Rolle, wie sich die Inflation mittelfristig weiterentwickeln wird. Er rechnet zum Jahresende mit einer Gesamtinflationsrate „im Korridor zwischen 2 und 2,5%“.

Was machen die Zinsen?

Bei der Zinssitzung in gut zwei Wochen am 18.07.2024 ist wohl noch kein weiterer Zinsschritt nach unten zu erwarten – darüber sind sich auch die meisten Experten und Anleger einig wie bspw. Roman Ziruk, Senior Market Analyst bei Ebury. Laut seiner Aussage rechnen die Anleger mit einer 70%-igen Wahrscheinlichkeit mit einer Zinssenkung im September und einer Gesamtsenkung um 40 Basispunkte bis Jahresende. Außerdem werden vor der September-Sitzung noch zwei weitere Inflationsdaten veröffentlicht, was auch die ausbleibende Reaktion der Märkte auf die Veröffentlichung der Inflationsdaten erklären könnte.

Auch Ulrike Kastens von der DWS erwartet angesichts der Inflation im Dienstleistungsbereich und der „kräftigen Lohnentwicklung“ eine seitwärts laufende Inflation, die sich im Rahmen der EZB-Projektionen bewege, sodass der Restriktionsgrad der Geldpolitik weiter vorsichtig zurückgeschraubt werden könne – das nächste Mal eben im September. (mki)

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