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12. Juli 2024
Herausforderungen mit Makler-Wordings im AGB-Recht

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Herausforderungen mit Makler-Wordings im AGB-Recht

Die zentrale Frage bei Makler-AGB: Wer ist Verwender?

Fehlt es an einem Aushandeln zwischen Versicherungsmakler und Versicherer, ist eine zentrale Frage bei Makler-Wordings, wer der „Verwender“ der AGB ist, da eine AGB-Kontrolle nur zulasten des Ver­wenders stattfindet, der die AGB der anderen Vertragspartei stellt. Das ist die Vertragspartei, auf deren Veranlassung die vorformulierten Bedingungen in den Vertrag einbezogen werden. Da der Makler keine Vertragspartei ist, kann er nicht Verwender sein. Somit können nur der Versicherer oder der Versicherungsnehmer Verwender sein. Bei Verbraucherverträgen wird fingiert, dass der Versicherer die AGB stellt, soweit sie nicht ausnahmsweise vom Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden (§ 310 Abs. 3 BGB). Doch dies gilt in der Gewerbe- und Industrieversicherung nicht.

Viele Details sind in diesem Zusammenhang umstritten und vom Einzelfall abhängig. Es ist daher notwendig, jede Klausel individuell zu betrachten. In einem Makler-Wording können sowohl individuell ausgehandelte Klauseln, die keine AGB sind, als auch AGB enthalten sein. Die Verwendereigenschaft hängt von der jeweiligen Klausel ab.

Dabei kommt es nicht auf den Klauselinhalt an. Verwender ist also nicht bereits die Vertragspartei, welche durch die Klausel begünstigt wird. Unerheblich ist auch, wer die Klausel tatsächlich formuliert hat. Auch von dritter Seite vorformu­lierte Bedingungen wie GDV-Musterbedingungen können AGB sein und einer Vertragspartei zugerechnet werden. Entscheidend ist das „Stellen“, d. h. welche Partei ihre Einbeziehung von der Gegenpartei abverlangt.

Dazu entschied der Bundesgerichtshof (BGH) im Zusammenhang mit einer D&O-Versicherung: Liegen Versicherungsbedingungen zugrunde, die nicht die Versicherungsbedingungen des Versicherers sind, sondern von dem Versicherungsmakler, den der Versicherungsnehmer beauftragt hatte, entworfen und auf dessen Veranlassung in den Vertrag einbezogen worden sind, kommt in einem Rechtsstreit gegen den Versicherer keine AGB-Klauselkontrolle in Betracht, da der Versicherer nicht Verwender ist (BGH, Beschluss vom 22.07.2009, Az.: IV ZR 74/08).

Dies wird man aber für den Fall einschränken müssen, der nicht Gegenstand der BGH-Entscheidung war, jedoch häufig anzutreffen ist: Es ist eher selten, dass der Makler Versicherungsbedingungen vollständig neu entwickelt. In der Regel übernimmt der Makler überwiegend Klauseln, die der Versicherer verwendet oder die auf dem Markt allgemein üblich sind, und passt einzelne Bestimmungen gezielt für seinen Kunden an.

Verwendet der Versicherungsmakler in seinem Bedingungswerk eine AVB, die auch – gewissermaßen ohnehin – vom Versicherer verwendet wird, so gilt sie als vom Versicherer gestellt. Es gibt keinen Grund, warum der Versicherer sich bei Klauseln, die der Makler von ihm übernimmt, einer AGB-Kontrolle entziehen können sollte.

Risikominimierung durch gutes Handwerk und sorgfältige Dokumentation

Eigene Wordings eröffnen Maklern die Chance, sich von Wettbewerbern zu unterscheiden und Versicherungsnehmern einen Versicherungsschutz über Marktstandard zu verschaffen. Die Kehrseite der Medaille ist, dass der Versicherungsnehmer im Schadenfall das wichtige Instrument der AGB-Kontrolle verlieren kann oder eine AGB-Kontrolle zu seinen Lasten ermöglicht wird.

Viele Makler versuchen, das Risiko durch „Verwenderklauseln“ zu minimieren, indem sie in ihren Makler-Wordings vertraglich festlegen, dass der Versicherer Verwender der Bedingungen ist. Ebenso gibt es „Verhandlungsklauseln“, die besagen, dass die Bedingungen individuell ausgehandelt wurden. Beide Klauseln sind unwirksam, da das Gesetz die Verwendereigenschaft und die Anwendung des AGB-Rechts nicht zur Disposition der Parteien stellt. Das gilt grundsätzlich auch für vertragliche „Zweifelsregelungen“, die bestimmen, dass Zweifel bei der Auslegung von Vertragsbedingungen zulasten des Versicherers gehen. Liegt eine AGB vor und ist der Versicherungsnehmer ihr Verwender, ist eine solche Vereinbarung unwirksam, da insoweit das AGB-Recht vorgeht. Bei individuell ausgehandelten Klauseln hingegen kann eine solche Auslegungsregel hilfreich sein, um unterschiedliche Auslegungsergebnisse zugunsten des Versicherungsnehmers zu entscheiden.

 

Praxistipp

Versicherungsmakler können Risiken durch sorgfältige Erstellung und klare Formulierung der Maklerbedingungen minimieren. Wichtig ist zudem eine präzise Dokumentation des Entstehungsprozesses: Welche Klausel hat der Makler vom Versicherer übernommen und welche ist individuell ausgehandelt? Welches inhaltliche Verständnis hatten der Makler und der Versicherer von einer Klausel? Wie fast immer gilt: Dokumentation ist der Schlüssel, um Nachweisschwierigkeiten zu vermeiden.

Risiken lassen sich damit nicht beseitigen, aber minimieren, damit die Vorteile von Makler-Wordings für den Versicherungsnehmer nicht durch die aufgezeigten Nachteile verloren gehen.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 07/2024 und in unserem ePaper.

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Ein Artikel von
Cäsar Czeremuga