Ein Hotelbetrieb mit zwei Hotels in Berlin und einem in Hamburg verlangte von seinem Versicherer eine Zahlung aus einer bestehenden Betriebsschließungsversicherung, da ihm per Allgemeinverfügung untersagt wurde, touristische Übernachtungen anzubieten. Der Versicherer lehnt die Zahlung ab, die Hotelbetreiberin wollte das so nicht hinnehmen. So hatte sich das Landgericht Mannheim in einem einstweiligen Verfügungsverfahren mit dem Fall zu beschäftigen. Die Klägerin wollte nicht bis zu einer möglicherweise langwierigen Entscheidung in einem Klageverfahren warten.
Zunächst bleibt festzuhalten, dass das Gericht im Ergebnis vorläufig gegen die Klägerin entschieden hat, da diese unter anderem die Anspruchshöhe nicht hinreichend dargelegt habe und ein Verfügungsgrund aus Sicht des Gerichts fehlt.
In den Ausführungen des Gerichts finden sich aber zahlreiche Argumente für den Rechtsanspruch aus einer Betriebsschließungsversicherung. So haben etwa die Kanzlei Michaelis und die Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte direkt reagiert. Sie sehen in vielen Punkten ihre Rechtsauffassung bestätigt. Die DEHOGA Baden-Württemberg sieht das Urteil, das im Rahmen eines Eilverfahrens ergangen ist, als positives Signal für betroffene Betriebe, wenngleich die Entscheidung in der Hauptsache noch abzuwarten ist.
Allgemeinverfügung und Teilschließung nicht ausschlaggebend
Das Landgericht führt aus, dass Betriebsschließungen aufgrund COVID-19-Allgemeinverfügungen oder Rechtsverordnung über Betriebsschließungsversicherungen versichert sind. Eine Betriebsschließung, die über eine Rechtsverordnung und Allgemeinverfügung folge, sei Einzelverfügungen gleichzustellen.
Zum Tragen kommt auch nicht, dass das Hotel Geschäftsreisende weiterhin hätte beherbergen können, es sich also nur um eine angeordnete Teilschließung gehandelt habe. Aufgrund der Corona-Krise und abgesagten Terminen und Veranstaltungen war dies aber auch eher eine theoretische, denn praktische Möglichkeit. Die Hotels wurden von der Betreiberin deshalb komplett geschlossen.
„Es liegt eine bedingungsgemäß versicherte faktische Betriebsschließung vor“, heißt es in den Entscheidungsgründen des Gerichts. Maßstab der Auslegung der Versicherungsbedingungen sei, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse die jeweilige Klausel bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Zusammenhangs verstehen muss. „Verbleibende Zweifel gehen zu Lasten der Versicherer, sagt das Gericht in aller Deutlichkeit. Etwas, was wir seit Beginn der Debatte auch regelmäßig herausstellen und was sich auch auf reine Gastronomiebetriebe zwanglos übertragen lässt“, erklärt dazu Tobias Strübing von Wirth-Rechtsanwälte.
Nennung des neuartigen Corona-Virus im Infektionsschutzgesetz?
Nach Auffassung des Gerichts kommt es für den Versicherungsschutz auch nicht darauf an, dass der COVID-19-Erreger in den Versicherungsbedingungen nicht namentlich genannt ist. Da der Versicherer es selbst in der Hand hatte, einen eindeutig abschließenden Katalog der Erreger aufzunehmen, sei auch Covid-19 von der – regelmäßig – dynamischen Bezugnahme auf die Paragrafen 6 und 7 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) umfasst, wie dies in den streitigen Bedingungen auch der Fall war.
Hier geht es über die Kanzlei Michaelis zum Urteil.
Verfügungsurteil vom 29.04.2020, Az.: 11 O 66/20
Bild: © Viorel Sima – stock.adobe.com
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