Von Prof. Dr. Rolf Tilmes, CFP HONCFEP, Academic Director der EBS Executive School
Deutschland ist ein Land der Erben. Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge werden im Zeitraum von 2015 bis 2024 in Deutschland 3,1 Bio. Euro vererbt. Bei einem Gesamtvermögen aller privaten Haushalte von über 14 Bio. Euro Ende 2018 wechseln damit 20% des Vermögens ihre Besitzer. Davon werden 2,1 Bio. Euro an die nächste Generation übertragen. Fast jede zweite generationenübergreifende Erbschaft wird Immobilien enthalten. In 84% der Erbfälle wird Geldvermögen vererbt.
Und es ist schon heute sicher, dass die zu vererbenden Vermögenswerte weiter steigen werden. Nach einer Studie des DIW ist damit zu rechnen, dass das Erbvolumen in Zukunft, bezogen auf den Zeitraum der nächsten 15 Jahre, um 28% größer ausfallen dürfte.
Natürlich ist das Erbschaftsvolumen nicht gleich verteilt. Lässt man die top 2% der Erbfälle unberücksichtigt, so beträgt das Volumen, das von einer Generation in die nächste wechselt, im Zeitraum 2015 bis 2024 immer noch 1.401 Mrd. Euro und bezogen auf den einzelnen Erbfall (bei zwei Erben) durchschnittlich 121.000 Euro.
Erben kann zur Last werden
Was wie ein wahrer Geldsegen wirkt, birgt jedoch auch viele Probleme – für Erblasser und Erben gleichermaßen. Laut einer repräsentativen Postbankstudie besteht ein offenkundiges Missverhältnis zwischen der zunehmenden Bedeutung des Nachfolgethemas und dem Wissensstand der Bevölkerung. Rund ein Drittel kennt sich noch nicht einmal mit den Grundbegriffen wie „gesetzliche Erbfolge“ oder „Pflichtteil“ aus.
Aber nicht nur im privaten Bereich, sondern auch im unternehmerischen Bereich besteht ein hoher Handlungsbedarf. Die Vorbereitung auf den Notfall – der Tod des Firmeninhabers und Geschäftsführers – ist vielfach mangelhaft; Privatpersonen sehen sich mit Szenarien konfrontiert, die nie im Sinne des Erblassers gewesen wären.
Generationenmanagement als Chance verstehen
Generationenmanagement ist ein wesentliches Zukunftsfeld in der Beratung und Betreuung. Es bietet die Chance für einen intensiven Kundendialog. Und das schon in der Gruppe 50plus, wo Kunden beginnen, sich intensiver mit der Thematik auseinanderzusetzen oder gerade geerbt haben.
Generationenmanagement ist nicht nur ein Spezialfeld für Rechtsanwälte, Notare und Steuerberater, sondern auch für Finanzdienstleister. Denn aus Kundensicht geht es hierbei nicht nur um die rechtlichen und steuerlichen Aspekte, sondern insbesondere und vornehmlich um Fragen der Vermögensverteilung und des Vermögensübergangs. Es geht auch nicht nur um Fragen der Vermögensnachfolge von Todes wegen, sondern schon viel früher um die Vorbereitung des Vermögensübergangs oder der Absicherung des zukünftigen Erblassers und seiner Familie.
Generationenmanagement ist deshalb Finanzplanung zu Ende gedacht – es ergeben sich vielfältige Anknüpfungspunkte, Kunden auch in Themenfeldern kennenzulernen, die in der bisherigen Beratung vielleicht eine weniger prominente Rolle gespielt haben. Hieraus entwickeln sich interessante Geschäftspotenziale.
Seite 1 Generationenmanagement: Chance für intensiven Kundendialog
Seite 2 Prozess des Generationenmanagements

- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können