AssCompact suche
Home
Steuern & Recht
12. März 2025
ELEMENT-Insolvenz: Können Makler Mehrkosten anmelden?

ELEMENT-Insolvenz: Können Makler Mehrkosten anmelden?

Wenn ein Versicherer Insolvenz anmeldet, können sowohl Versicherten als auch Maklern einige Mehrkosten entstehen, bspw. durch einen Versicherungswechsel oder zusätzlichen Beratungsaufwand. Doch können diese als Forderung im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden? Rechtsanwalt Norman Wirth klärt auf.

Ein Artikel von Norman Wirth, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht, Seniorpartner bei Wirth-Rechtsanwälte

Die BAFIN weist in ihrer letzten Veröffentlichung zum Insolvenzverfahren darauf hin, dass auch „Mehrkosten, die den Versicherten durch die Insolvenz oder den Wechsel des Versicherers entstanden sind“ als Ansprüche anzumelden sind.

Doch die Frage ist: Was fällt darunter? Der Beitrag für eine Doppelversicherung? Ein Zeitaufwand des Versicherungsnehmers oder sogar von Maklern?

Die BaFin erwähnt explizit „Mehrkosten“, die im Zusammenhang mit der Insolvenz oder dem Versicherungswechsel entstehen und als Forderung im Insolvenzverfahren angemeldet werden können. Schauen wir uns an, was darunter fallen könnte und ob auch Vermittler – insbesondere Makler – hier einen Vergütungsanspruch geltend machen könnten.

Welche Mehrkosten können Versicherte anmelden?

Grundsätzlich geht es bei den „Mehrkosten“ um zusätzliche finanzielle Aufwendungen, die Versicherte aufgrund der Insolvenz tragen mussten. Dazu könnten unter anderem folgende Punkte gehören:

  • Höhere Versicherungsprämien beim neuen Versicherer: Falls der Kunde aufgrund der Insolvenz zu einem anderen Anbieter wechseln musste und dort eine höhere Prämie zahlen muss, könnte die Differenz als Schaden geltend gemacht werden. Besonders relevant wäre dies für Versicherte, die beispielsweise einen bestehenden Schadenfreiheitsrabatt verlieren oder aufgrund der veränderten Marktlage keine gleichwertigen Konditionen erhalten.
  • Doppelversicherungskosten: Falls ein Versicherter vorsorglich schon vor dem 01.04.2025 eine neue Versicherung abgeschlossen hat, um eine mögliche Deckungslücke zu vermeiden, könnte theoretisch die doppelte Prämienzahlung für die Übergangszeit als Mehrkosten geltend gemacht werden.
  • Verwaltungskosten und Zeitaufwand: Die Notwendigkeit, Verträge zu prüfen, neue Angebote einzuholen und den gesamten Wechselprozess zu durchlaufen, kann einen erheblichen Zeitaufwand bedeuten. Die BaFin hat hierzu allerdings keine Präzisierung vorgenommen, ob und inwiefern diese „weichen Kosten“ tatsächlich erstattungsfähig sind.

Ob solche Forderungen tatsächlich im Insolvenzverfahren akzeptiert und reguliert werden, ist offen. Das hängt auch von der Einordnung durch den Insolvenzverwalter ab. Erfahrungsgemäß werden solche „indirekten Schäden“ in Insolvenzverfahren oft nur nachrangig behandelt oder gar nicht berücksichtigt. Ohne Kostenübernahme durch eine Rechtsschutzversicherung wäre das Kostenrisiko für die betroffenen Kunden voraussichtlich recht hoch.

Könnten Makler ebenfalls Ansprüche geltend machen?

Die Frage, ob Versicherungsmakler ihre eigene Mehrarbeit im Zuge der Insolvenz als Forderung anmelden dürfen, ist besonders spannend.

Erhöhter Aufwand für die Vermittlung neuer Verträge

Makler hatten durch die Insolvenz einen erheblich höheren Aufwand als gewöhnlich, da sie:

  • Bestandskunden aktiv informieren mussten, um Haftungsrisiken zu vermeiden,
  • dringend neue Verträge vermitteln mussten, oft unter erheblichem Zeitdruck,
  • individuelle Beratungen zu den Folgen der Insolvenz leisten mussten,
  • vertragliche Kündigungen und Neuanmeldungen durchführen mussten,
  • den gesamten Prozess für ihre Kunden absichern und dokumentieren mussten.

Dieser Mehraufwand ist nicht durch die reguläre Courtage abgedeckt, da diese in der Regel nur für die Vermittlung eines neuen Vertrags gezahlt wird, aber nicht für den Krisenaufwand rund um die Insolvenz eines Anbieters.

Anspruch auf gesonderte Vergütung oder Honorar?

Grundsätzlich gibt es mehrere rechtliche Argumentationslinien, die man prüfen könnte:

  • Honorarvereinbarung mit dem Kunden: Falls Makler mit ihren Kunden eine Honorarvereinbarung abgeschlossen haben, könnte das als Grundlage für eine gesonderte Vergütung dienen. In diesem Fall könnte der Kunde die Kosten für das Honorar als „Mehrkosten“ im Insolvenzverfahren geltend machen.
  • Anspruch gegenüber dem Insolvenzverwalter: Eine direkte Anmeldung als Gläubigerforderung wäre schwieriger. Makler haben keinen direkten Vertrag mit Element Insurance AG, sondern mit ihren Kunden. Es fehlt daher eine unmittelbare Anspruchsgrundlage gegen den Versicherer.
  • Schadenersatzrechtliche Argumentation: Man könnte prüfen, ob Makler durch die Insolvenz einen wirtschaftlichen Schaden erlitten haben – etwa durch Courtageverluste, weil Kunden durch die Insolvenz Verträge verloren haben. Ein direkter Ersatz dieser Verluste dürfte jedoch schwer durchsetzbar sein.
  • Makler als „Geschädigte“ im Insolvenzverfahren: Falls Makler nachweisen können, dass sie durch die Insolvenz in erheblichem Umfang unbezahlte Mehrarbeit leisten mussten, wäre eine Anmeldung als indirekt Geschädigte zumindest eine Überlegung wert. Ob eine solche Forderung akzeptiert wird, hängt aber stark vom Insolvenzverwalter ab.
Fazit: Möglich, aber ungewiss
  • Versicherungsnehmer sollten alle Mehrkosten dokumentieren und diese als Forderung anmelden – insbesondere höhere Prämien beim neuen Anbieter oder doppelte Beiträge in der Übergangszeit.
  • Zeitaufwand oder Verwaltungsaufwand ist schwieriger nachzuweisen, aber nicht per se ausgeschlossen.
  • Makler können nicht direkt gegenüber dem Insolvenzverwalter eine Vergütung fordern, es sei denn, sie haben nachweisbare finanzielle Verluste durch entgangene Courtagen oder Honorarvereinbarungen mit Kunden.
  • Eine Honorarvereinbarung mit dem Kunden könnte der beste Weg sein, um den erheblichen Mehraufwand abzudecken. Im Nachhinein geht da aber gar nichts.
Empfehlung für Makler
  • Betroffene Kunden über die Möglichkeit der Mehrkostenanmeldung informieren
  • Prüfen, ob bereits bestehende Honorarvereinbarungen genutzt werden können
  • Kunden bei der Anmeldung ihrer Forderungen unterstützen – ggf. mit Argumentation für Mehrkosten
Fazit

Das Thema bleibt offen, und es wird spannend sein, wie Insolvenzverwalter und Gerichte die Forderungen der Versicherten und Vermittler bewerten, falls solche geltend gemacht werden.

 
Ein Artikel von
Norman Wirth