Die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) und die BaFin machen Druck bei Beschränkungen im provisionsbasierten Vergütungssystem. So verfolge die EIOPA unter anderem das Ziel, „schädliche Interessenkonflikte im Verkaufsprozess zu bekämpfen“. Denn die EIOPA hat die Auswirkungen der Unterschiede in der Regulierung von Anreizen zwischen der zweiten EU-Finanzmarktrichtlinie (MiFID II) und der EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD analysiert. Dabei kommt die EU-Aufsichtsbehörde zu dem Ergebnis, dass es wichtige Unterschiede, insbesondere auf der Ebene der Offenlegung von Anreizen und zur Beschränkung der Zahlung und/oder Entgegennahme von Anreizen in der MiFID II im Vergleich zur IDD gibt, und hält deshalb eine Angleichung der Rechtsvorschriften für vorteilhaft.
EIOPA hinterfragt provisionsbasiertes System
Bereits im ersten Quartal 2022 hat EIOPA für eine Verbesserung des Kleinanlegerschutzes eine Konsultation unter Vermittler- und Branchenverbänden, Versicherern und Vertriebsgesellschaften durchgeführt. Ziel ist eine Evaluierung EU-weit bestehender Unterschiede in Kosten und Beratung bei der Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten, wozu zum Beispiel auch eine fondsgebundene Lebensversicherung zählt. Anlass dieser EIOPA-Konsultation seien die zu hohen Kosten bei den Produkten, die den Zugang des Kleinanlegers zum Kapitalmarkt beschränken und die Rendite entscheidend schmälern würden.
EIOPA-Konsultation als Fingerzeig?
Steht mit der EIOPA-Konsultation und einer möglichen Angleichung von IDD an MiFID II also erneut eine Debatte um ein generelles Provisionsverbot auf europäischer Ebene an? Im exklusiven AssCompact-Interview – das vollständige Interview ist in der Juni-Ausgabe der AssCompact zu lesen – gab Dr. Hans-Georg Jenssen, geschäftsführender Vorstand beim Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler e.V. (BDVM), durchaus zu bedenken, dass mit der EIOPA-Befragung ein generelles Provisionsverbot bei der Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten wieder auf dem Tisch sei. Es liege aber auch im Bereich des Möglichen, dass der Pfad eher in Richtung Honorarberatung eingeschlagen werde oder, dass bei der Frage nach der Vergütung alles so bleibe wie es gegenwärtig der Stand der Dinge sei. Sicher sei nur, dass die Konsultation etwas bewegen und auch verändern werde, so Dr. Jenssen weiter.
Vermittlerverbände sprechen sich klar gegen ein Verbot aus
Insgesamt positioniert sich der BDVM klar gegen ein Verbot, wie Dr. Jenssen erläutert: „Solche Konsultationen setzen den unabhängigen Sachwalter unter Druck. Und deshalb sieht BDVM gemeinsam mit BIPAR [der europäische Vermittlerdachverband, Anm. der Redaktion] diese Befragungen und Vorhaben seitens der EIOPA äußerst kritisch.“ Auch beim Bundesverband der Versicherungskaufleute e.V. (BVK) heißt es in der Stellungnahme zur aktuellen EIOPA-Konsultation, dass eine unterschiedliche Behandlung in beiden Bestimmungen (MiFID II und IDD, Anm. der Redaktion) gerechtfertigt sei, da Versicherungen grundsätzlich nicht mit Anlageprodukten zu vergleichen seien. Außerdem sei man der Auffassung, dass das provisionsbasierte System im Allgemeinen zu einem breiten Zugang zu Beratungen und Empfehlungen führe, wie es in der BVK-Stellungnahme weiter heißt.
Auch die BaFin heizt die Diskussion erneut an
Unterdessen ist auch in Deutschland die Debatte um das provisionsbasierte Vergütungssystem bei Fondspolicen wiederholt entflammt. Dr. Frank Grund, Exekutivdirektor der Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht, hat nämlich auf der Jahrespressekonferenz der BaFin angekündigt, dass sogenannte Provisionsrichtwerte für fondsgebundene Lebensversicherungen eingeführt werden sollen. Hintergrund dieses Vorhabens dürfte wohl sein, dass die BaFin zuletzt keine Zweifel daran ließ, dass die Kosten bei Fondspolicen zu hoch seien. Mit „Wenn Lebensversicherungen zu viel kosten“ betitelte die Aufsichtsbehörde kürzlich eine Marktstudie, in der die Autoren schwerwiegende Defizite bei der Kostenstruktur und den Rückvergütungen – den sogenannten Kickbacks – feststellten (AssCompact berichtete bereits). Die Aufsicht sieht daher reichlich Verbesserungsbedarf im Produktfreigabeverfahren, aber auch beim Umgang mit potenziellen Interessenkonflikten im Vertrieb.
Vorerst keine Konkretisierung des Provisionsrichtwerts
Doch was soll es nun mit dem von der BaFin ins Spiel gebrachten Provisionsrichtwert auf sich haben? Die BaFin gibt sich auf AssCompact Anfrage kurz angebunden. In einer schriftlichen Antwort heißt es, dass es aus Sicht der BaFin zu dem Thema aktuell nicht viel zu sagen gebe. „Wie Herr Dr. Grund bereits kommuniziert hat, werden wir unsere Überlegungen zur Einführung eines Provisionsrichtwerts in der zweiten Jahreshälfte 2022 zur Konsultation stellen“, heißt es weiter. Das dürfte dann wohl auch für wichtige Details wie etwa die Höhe des Richtwertes gelten. Generelles Ziel sei, gibt die schriftliche BaFin-Stellungnahme noch an, dass Fehlanreize beim provisionsgestützten Vertrieb und ein unangemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis („value for money“) zu vermeiden seien. Ihren Auftrag dazu leite die BaFin auch aus dem Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen ab. Die Aufsichtsbehörde beruft sich insbesondere auf die Vermeidung von Interessenkonflikten bei der Vertriebsvergütung gemäß § 48a Abs. 1 VAG und auf allgemeine Aufsichtsbefugnisse und daraus resultierende Aufgaben gemäß §§ 298 Abs. 1 Satz 1 und 294 Abs. 2 VAG. Damit machen EIOPA und BaFin nun ordentlich Druck bei der künftigen Gestaltung des Vergütungssystems im Vermittlungsgeschäft. (as)
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