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20. September 2023
Dr. Frank Grund: „Für die BaFin zu arbeiten, habe ich als Privileg empfunden“

Dr. Frank Grund: „Für die BaFin zu arbeiten, habe ich als Privileg empfunden“

Ende September verlässt Dr. Frank Grund nach acht Jahren die BaFin in den Ruhestand. Er prägte die Versicherungsaufsicht der vergangenen Jahre und begleitete mit der Einführung von Solvency II einen Paradigmenwechsel in der Aufsicht. AssCompact befragte ihn kurz vor seinem Abschied.

Interview mit Dr. Frank Grund, Exekutivdirektor Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht der BaFin
Herr Dr. Grund, Ihre Amtszeit bei der BaFin begann 2015 und neigt sich nun dem Ende zu. Sie hatten in dieser Zeit vor allem mit Niedrigzinsen und Solvency II zu tun. Wie beurteilen Sie heute die getroffenen Maßnahmen und die heutige Solvabilität der Versicherer?

Für viele Unternehmen waren die vergangenen Jahre schwere Jahre. Die Niedrigzinsen haben die deutschen Lebensversicherer und Pensionskassen wegen der hohen Garantieversprechen hart getroffen. Trotzdem ist die Branche schließlich verhältnismäßig glimpflich durch diese Phase gekommen. Das lag nicht zuletzt auch an unserer vorausschauenden Aufsicht. Diejenigen Unternehmen, die Probleme hätten bekommen können, haben wir aufsichtlich eng begleitet. Geholfen hat mit Sicherheit auch, dass die Garantieversprechen im Neugeschäft gesenkt wurden. Deutschlands Versicherer stehen daher heute solide da.

Nun sollen die Kapitalanforderungen an die Versicherer erleichtert werden. Was bedeutet das und wie stehen Sie dazu?

Die vergangenen Jahre waren in vielerlei Hinsicht turbulent: Die Pandemie, die geopolitische Lage und der jüngste Anstieg der Zinsen und der Inflation haben zu neuen Risiken geführt. Auch die Folgen des Klimawandels beschäftigen uns immer stärker. Deshalb ist es sehr wichtig, dass wir als Aufsicht an die Unternehmen die richtigen Anforderungen stellen, die diese Risiken adäquat abbilden. Vorschläge zu Kapitalerleichterungen sehen wir daher kritisch, sie würden das Versicherungsgeschäft riskanter machen. Wenn das Solvenzregime die Risiken quantitativ nicht mehr vollständig abdeckt, müssen sich Unternehmen und Aufsicht künftig im Risikomanagement noch intensiver mit diesen Risiken auseinandersetzen

Verbraucherschutz ist das neue große Thema der BaFin. Sie haben zuletzt eine Strategie dazu auf den Weg gebracht. Warum ist das Thema für die Aufsicht so wichtig?

Verbraucherschutz ist für die BaFin grundsätzlich nicht neu. Wir sind aber überzeugt davon, dass eine gute Solvenzaufsicht allein nicht reicht. Kunden brauchen nicht nur einen Anbieter, der solide wirtschaftet, sondern einen, der ihnen zudem ein passendes Produkt zu einem fairen Preis anbietet. Daher haben wir in den vergangenen Jahren den Verbraucherschutz verstärkt. Darauf zahlt auch unser Merkblatt zur Wohlverhaltensaufsicht ein. Unser Ziel ist es, Exzesse bei den Kosten zu verhindern. Die Effektivkosten der Produkte sind dafür eine ganz entscheidende Größe, um den Kundennutzen zu messen, also zu beurteilen, ob das Preis-Leistungs-Verhältnis angemessen ist.

Anschließen muss sich natürlich die Frage zu einem Provisionsverbot für Versicherungsvermittler. Ganz erledigt ist das Thema aber auch für die BaFin nicht, oder?

Ein generelles Provisionsverbot sehe ich skeptisch. Wichtig ist nach meiner Überzeugung, dass Verbraucher weiterhin Zugang zu bezahlbarer und fairer Beratung haben. Bei einem Provisionsverbot besteht das Risiko, dass Verbraucher mit geringerem Vermögen oder geringen Anlagesummen keinen oder nur erschwerten Zugang zu Beratung bekommen. Wie gesagt, Exzesse bei den Kosten müssen verhindert werden. Das ist gelebter Verbraucherschutz. Die Unternehmen sind daher gut beraten, wenn sie faire Konditionen stellen. Und was den Entwurf der Kommission zur Umsetzung der Kleinanlegerstrategie betrifft: Der Entwurf spricht das Thema Produktkosten als eines der wichtigen Themen für die Kunden an. Insofern sehen wir uns in unserer Arbeit ermutigt.

Sie wurden auch deshalb so geschätzt, weil Sie selbst aus der Versicherungswirtschaft kamen und die Herausforderungen der Versicherer kannten. Hat das aber nicht auch manchmal dazu geführt, dass Ihnen die ein oder andere Entscheidung vielleicht schwerer gefallen ist?

Im Gegenteil! Wenn man die Implikationen von Entscheidungen einschätzen kann, hilft das sehr.

Wie fällt Ihr Gesamtfazit für die BaFin-Tätigkeit aus?

In meinem Berufsleben habe ich viele spannende Tätigkeiten ausüben können, dafür bin ich sehr dankbar. Wichtig war mir dabei immer die gute Zusammenarbeit mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die spannenden Diskurse werde ich sicherlich vermissen. Für die BaFin zu arbeiten, habe ich als Privileg empfunden. Die Tätigkeit bei der BaFin war die Krönung meines Berufslebens.

Bild: Newsletter: © N. Theiss – stock.adobe.com, Porträt: © BaFin/Matthias Sandmann

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