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25. April 2025
Dokumentationspflichten: Was 34f-Vermittler beachten müssen
Dokumentationspflichten: Was 34f-Vermittler beachten müssen

Dokumentationspflichten: Was 34f-Vermittler beachten müssen

Mit der Pflicht zur Erhebung der ESG-Präferenzen und den jüngsten Anpassungen durch die Bürokratieentlastungsverordnung haben sich die Berufsregeln und -pflichten für Finanzanlagenvermittler erneut geändert. Welche kritischen Punkte sind in der Beratungspraxis daher besonders relevant?

Ein Artikel von Markus Müller, Partner und Wirtschaftsprüfer bei der BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Leiter Fachbereich Versicherungen, und Fatih Köylüoglu, Senior Manager bei der BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Leiter des 34f-Prüfungsteams

Durch die novellierte Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) wurden die regulatorischen Vorgaben der EU-Finanzmarktrichtlinie (MiFID II) umgesetzt und erweiterte Pflichten in die FinVermV aufgenommen, die für Finanzanlagenvermittler bereits seit dem 01.08.2020 gelten. Des Weiteren sind Finanzanlagenvermittler seit dem 20.04.2023 verpflichtet, Nachhaltigkeitspräferenzen von Kunden im Rahmen der Anlageberatung zu erfragen und diese bei der vorzunehmenden Eignungsbeurteilung zu berücksichtigen. Kürzlich wurde die FinVermV durch die Bürokratieentlastungsverordnung zum 01.01.2025 nochmals geändert und dabei wurden unter anderem die in der FinVermV normierten Anzeigepflichten aufgehoben, da die Regelung in § 7 Gewerbeordnung (GewO) verschiedene, bereits bestehende Anzeigepflichten bündelt. Das Regelwerk ist laut Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO neben der aufsichtsrechtlichen Relevanz auch anlegerschützend. Ein Verstoß gegen die Verhaltens- und Sorgfaltspflichten kann auch eine zivilrechtliche Schadensersatzpflicht nach sich ziehen.

Fehler in der Dokumentation sind rückläufig

Die 34f-Vermittler sind verpflichtet, für jedes Kalenderjahr durch einen geeigneten Prüfer dahingehend prüfen zu lassen, ob sie die Vorschriften aus der FinVermV eingehalten haben. Eine jährliche Prüfungspflicht besteht, wenn im Kalenderjahr der Tatbestand der Anlageberatung oder -vermittlung unabhängig vom Provisionsfluss verwirklicht wird. Bagatell- oder Billigkeitsgrenzen gibt es dabei nicht. Bezieht der freie Vermittler hingegen lediglich Bestandsprovisionen ohne Ausübung einer erlaubnispflichtigen Tätigkeit, reicht die Abgabe einer Negativerklärung.

Die Zahl der Fehler in der Vermittlungs- und Beratungsdokumentation hat aus Sicht der BDO in den vergangenen Jahren abgenommen. Diese Entwicklung lässt auf eine deutliche Qualitätsverbesserung in der Investmentberatung schließen. Allerdings unterlaufen den Vermittlern vor allem mit Blick auf die neuen Berufspflichten noch einige Fehler, die sich vermeiden lassen – folgend im Überblick erläutert.

Kosten und Zuwendungen

Im Rahmen der Kosteninformationen sind die Gesamtkosten in aggregierter Form als Geld- und als Prozentbetrag bezogen auf den Anlagebetrag auszuweisen. Zudem müssen sich Kosteninformationen auf das konkrete Finanzprodukt beziehen. Fallen bestimmte Kosten nicht an, ist dies durch eine Null kenntlich zu machen. Die Zuwendungen sind auch in der Kosteninformation als Teil der Dienst-­leistungskosten gesondert auszu-­weisen. Sofern ein Vermittler für eine Vertriebsgesellschaft tätig ist, sind auch die Provisionen anzugeben, die die Vertriebsgesellschaft als Obervermittler erhält.

Zeitpunkt der erstmaligen Abfrage der ESG-Präferenzen

Bei einem Bestandskunden ohne Neugeschäft haben Finanzanlagenvermittler die ESG-Präferenzen des Bestandskunden erstmals bei der nächsten Durchführung einer Anlageberatung abzufragen. In der Praxis führt das dazu, dass die ESG-Präferenzen des Bestandskunden im Rahmen der regelmäßigen Aktualisierung von Kundenprofilen bzw. bestehenden Eignungsbeurteilungen sowie im Rahmen der erneuten Anlageberatung im Zusammenhang mit Neuinvestitionen erhoben werden. Dies kann beispielsweise in Form eines persönlichen Beratungsgespräches mit dem Kunden erfolgen. Bei einem Neukunden gilt für die Anlageberatung, dass die ESG-­Präferenzen des Kunden verpflichtend abzufragen sind, wenn der Erstkontakt mit dem Neukunden ab dem 20.04.2023 stattfindet. Ferner sind Nachhaltigkeitspräferenzen, die die Anlageziele „Anlagezweck“, „Anlagedauer“ und „Risikotoleranz“ komplettieren und zu denen der Kunde auch zuvor schon befragt werden musste, in der Eignungsbeurteilung im Rahmen der üblichen Aktualisierung von Kundenprofilen anzupassen.

Unvollständige Geeignetheitsprüfung

Die im Rahmen der Beratung durchzuführende Geeignetheitsprüfung fällt oftmals unvollständig aus. Vor allem bei Folgeberatungen fehlt der Verweis auf ein bereits bestehendes und noch aktuelles Kundenprofil in der Geeignetheitserklärung. Die Geeignetheitserklärung muss nicht nur die Feststellung der Geeignetheit einer Finanzanlage beinhalten, sondern auch die vom Gesetzgeber geforderte Begründung. Dazu muss der Vermittler die Eigenschaften des Finanzinstruments qualitativ mit den Kundenangaben abgleichen. Eine Empfehlungsbegründung ohne individuellen Bezug zu den Kundenangaben ist daher nicht ausreichend.

Empfehlung zur Anbindung an Maklerpool oder Vertriebsgesellschaft

Grundsätzlich empfiehlt es sich angesichts der verschärften Berufspflichten sowie der weiterhin zunehmenden bürokratischen Herausforderungen eine Anbindung an einen Maklerpool oder an eine Vertriebsgesellschaft anzustreben, die den freien Vermittlern eine allumfassende IT-Unterstützung und vordefinierte Musterunterlagen anbieten, um etwaige Verstöße und Haftungsrisiken zu vermeiden.

Sanktionen und Geldbuße bei IDD-Verstößen

Aufgrund der strikten Bußgeldpraxis müssen Versicherungsvermittler mit einer Erlaubnis nach § 34d GewO bei Verstößen gegen die Berufsregeln mit hohen Geldbußen oder sogar dem Entzug der Erlaubnis rechnen.

Im Fall von juristischen Personen (z. B. GmbH) sieht der Sanktionskatalog hierzu Strafen zu maximalen finanziellen Verwaltungssanktionen in Höhe von mindestens 5 Mio. Euro oder 5% des jährlichen Gesamtumsatzes des Unternehmens (gemäß Art. 33 Abs. 2 Buchstabe e IDD) und bei natürlichen Personen in Höhe von mindestens 700.000 Euro (gemäß Art. 33 Abs. 2 Buchstabe f IDD) vor.

Des Weiteren ist in § 147c GewO ein Bußgeldtatbestand bei Verstößen gegen die Sorgfaltspflichten bei der Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten normiert. Die Zuständigkeit für die Ahndung sowie die öffentliche Bekanntmachung von Verstößen eines Versicherungsvermittlers sowie Veröffentlichung verantwortlicher Personen erfolgt jeweils auf Landesebene durch die zuständige Behörde.

Versicherungsvermittler sollten daher frühzeitig aktiv werden und die Angemessenheit sowie Wirksamkeit ihrer bestehenden Prozesse überprüfen, um Verstöße gegen berufliche und organisatorische Pflichten sowie daraus resultierende hohe Strafen und Haftungen zu vermeiden.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 04/2025 und in unserem ePaper.

 
Ein Artikel von
Fatih Köylüoglu
Markus Müller