Ein Artikel von Dr. Mark Wilhelm, LL.M., Rechtsanwalt Master of Insurance Law Fachanwalt für Versicherungsrecht bei Wilhelm Rechtsanwälte Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB
Das Jahr wird noch keine sechs Wochen alt sein, da kommt es vor dem Bundesgerichtshof (BGH) bereits zum Showdown. Die obersten Richter haben zu entscheiden, ob Manager für Kartell-Bußgelder in Regress genommen werden dürfen. Derartige Strafzahlungen nach der Aufdeckung von Wettbewerbsverletzungen können schnell zwei- bis dreistellige Millionensummen betragen. Verständlicherweise würden die betroffenen Unternehmen solche Summen gern zumindest teilweise von den verantwortlichen Vorständen und deren D&O-Versicherern erstattet bekommen. Die Frage, ob das grundsätzlich rechtlich möglich ist, war zuletzt eine der am strittigsten diskutierten Fragen im deutschen Wirtschaftsrecht.
Schadenpotenzial in Milliardenhöhe
Die Antwort hat weitreichende Auswirkungen, womöglich auch über das Kartellrecht hinaus. Denn behördliche Bußgelder sind auch in anderen Bereichen – etwa dem Datenschutz oder neuerdings dem Lieferkettengesetz (LkSG) – ein beliebtes Regulierungsinstrument. Allein aufgrund von DSGVO-Verstößen werden in Deutschland mehrere Hundert Unternehmen pro Jahr mit Bußen von durchschnittlich rund 3 Mio. Euro belegt. Mit dem Cybersicherheitsgesetz NIS-2 steht das nächste Gesetzeswerk in den Startlöchern, das weitere Bußgeldrisiken für viele Unternehmen bereithält. Insgesamt dürfte das Bußgeldrisiko deutscher Unternehmen somit potenziell im Milliardenbereich liegen.
Viele Juristen lehnen eine Haftung der Entscheidungsträger für an das Unternehmen gerichtete Bußgelder ab. Der Zweck des Bußgelds würde unterlaufen, wenn Unternehmen die Rechnung einfach an die Manager weiterreichen könnten – und diese dann womöglich an ihre D&O-Versicherer. Zudem gebe es zumindest im deutschen Kartellrecht die Möglichkeit des Bundeskartellamts, Geldbußen auch direkt gegen Manager zu verhängen. In diesem Fall sind die Bußen jedoch bei 1 Mio. Euro gedeckelt. Müsste nun ein Manager nicht nur eine persönliche Buße tragen, sondern zusätzlich die um ein vielfaches höhere Unternehmensbuße, würde das dem Sinn des deutschen Bußgeldrechts widersprechen. Dieser Auffassung folgten auch das Landgericht und Oberlandesgericht Düsseldorf in einem aktuell anhängigen Verfahren gegen einen Manager, der mutmaßlich am sogenannten Edelstahl-Kartell mitgewirkt hatte. Sein ehemaliger Arbeitgeber verklagte den Mann unter anderem auf Erstattung des gegen das Unternehmen verhängten Bußgeldes von rund 4 Mio. Euro (Az. 6 U 1/22 (Kart)).
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