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2. Mai 2022
Die Aktienrente – Verpufft das Zukunftsmodell?
Die Aktienrente – Verpufft das Zukunftsmodell?

Die Aktienrente – Verpufft das Zukunftsmodell?

Das Thema Altersvorsorge­reform musste nach der Bundestagswahl zunächst hinter der wieder anschwellenden Corona-Krise zurückstehen. Nun ist vor dem Hintergrund eines Krieges in Europa nur wenig Raum für eine Diskussion darüber, wohin die Reise bei der Rente gehen soll.

Ein Artikel von Tom Kufner, AssCompact

Wirft man einen Blick in den Koalitionsvertrag der Regierungsparteien, sticht eine revolutionäre Maßnahme ins Auge: die Aktienrente. Die FDP konnte sich mit ihrem Wunsch nach einer kapitalgedeckten Altersvorsorge in den Koa­litionsverhandlungen durchsetzen. Jedoch handelt es sich bei dem ini­tial zu investierenden Kapitalstock lediglich um einen Betrag von 10 Mrd. Euro. Angesichts der Herausforderungen, vor der das deutsche Rentensystem im Hinblick auf den sich verschärfenden demografischen Wandel steht, kaum mehr als eine symbolische Summe.

Kurz durfte jedoch sogar daran gezweifelt werden, dass dieser winzige Schritt hin zu einer Kapital­deckung in der Altersvorsorge überhaupt gemacht würde. Die BILD hatte berichtet, dass für die Aktienrente angesichts der von Bundeskanzler Olaf Scholz in Aussicht gestellten Rüstungsausgaben von 100 Mrd. Euro keine finanziellen Spielräume mehr bestünden. Der parlamentarische Staatssekretär beim Bundesfinanzminister, Florian Toncar, dementierte jedoch umgehend. An der Aktienrente würde weiterhin gearbeitet.

Tropfen auf den heißen Stein

Experten wie Stefan Seuffert, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen, bezweifeln jedoch, dass die Einführung der Aktien­rente einen nennenswerten positiven Effekt auf die Finanzierung der gesetzlichen Altersvorsorge haben könnte. Seuffert rechnet vor, dass selbst bei einer langfristigen Inves­tition von 10 Mrd. Euro pro Jahr aus Haushaltsmitteln lediglich ein Anteil am Rentenkapital von deutlich unter 5% erreicht werden könne.

Zugegeben: Im Koalitionsvertrag ist lediglich von einem Einstieg in die teilweise kapitalgedeckte Rentenversicherung die Rede. Das Ziel, sowohl Rentenniveau als auch Beitragssatz zu stabilisieren, soll demnach langfristig angegangen werden. Das überzeugt Jochen Pimpertz vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) jedoch ebenso wenig. Seinen Berechnungen zufolge müsste der Betrag, den die Regierung in die Hand nimmt, deutlich höher sein, um den Rentenbeitragssatz langfristig zu stabilisieren. Um den Satz bis 2060 nicht über 22% steigen zu lassen, wäre demnach eine Summe von 500 Mrd. Euro nötig. Aktuell liegt der Rentenbeitragssatz bei 18,6%. Ebenfalls von einem dreistelligen Milliarden­betrag spricht Prof. Dr. Joachim Ragnitz, stellvertretender Leiter des ifo Instituts Niederlassung Dresden, in diesem Zusammenhang.

Reform kommt zu spät

Für Seuffert kommt der Schritt zu einer kapitalgedeckten Altersvorsorge mindestens 20 Jahre zu spät. Der unmittelbar bevorstehende Renteneintritt der bevölkerungsstarken Jahrgänge (Babyboomer) stelle die Rentenkassen vor große Herausforderungen. Diesen Herausforderungen könne mit der Aktienrente nichts Nennenswertes entgegengesetzt werden.

Außerdem ist aktuell noch nicht geklärt, wie dieser Kapitalstock aufgebaut werden soll. Die Idee der Liberalen, nach schwedischem Modell ein paar Prozentpunkte des Rentenbeitrags abzuzwacken, scheint vom Tisch zu sein. Ein Umstand, über den sich Rentenexperte Bert Rürup erfreut zeigt. Der Ökonom schrieb in diesem Zusammenhang von einer „kruden Idee“. Immerhin würden genau diese paar Prozentpunkte dann noch zusätzlich bei der ohnehin herausfordernden Finanzierung der gesetzlichen Rente der Babyboomer fehlen.

Altersvorsorge aufPEPPen?

Mit PEPP wurde zuletzt meist das Pandemic Emergency Purchase Programme abgekürzt. PEPP steht jedoch auch im Sinne des Pan European Pension Product für die sogenannte Europarente. Am 22.03.2022 war offiziell Vertriebsstart für das EU-weite Altersvorsorgeprojekt. Aktuell gibt es aber noch nichts zu vertreiben. Denn europaweit existiert noch kein einziges Produkt gemäß PEPP. Das Projekt ist aktuell noch nicht steuerlich gefördert wie beispielsweise die Riester-Rente. Eine Förderung sei nur möglich, wenn die Europarente denselben Vorgaben genüge wie die bestehenden geförderten Vorsorgeprodukte. Die weisen jedoch allesamt Garantien auf. Die fehlen bei PEPP. Außerdem gilt auch der rigide Kostendeckel von maximal 1% p. a. als Hemmschuh für das Projekt.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 04/2022, S. 34, und in unserem ePaper.

Bild: © olly – stock.adobe.com