Provisionsverbot hatte nicht nur negative Folgen
Doch wie hat sich nun das Provisionsverbot auf die Anlageberatung in UK ausgewirkt? Nach Auffassung des Panels oben genannter Veranstaltung, das mit Vertreterinnen und Vertretern der Finanzaufsicht, von Verbänden, Beratungsunternehmen und Anbietern besetzt war, brachte das Verbot keineswegs nur negative Folgen. So sei die Zahl der Beratungsunternehmen nicht signifikant eingebrochen. Die Qualität sei insgesamt sogar erhöht worden und das Vertrauen der Bevölkerung in die unabhängige Beratung sei gestiegen. Die britische Finanzaufsicht FCA stellte jedoch fest, dass viele Verbraucher mittlerweile ihr Geld in bar halten, anstatt es zu investieren. So würden sie die Möglichkeit verpassen, ihr Geld längerfristig besser für sich arbeiten zu lassen. Eine 2019 durchgeführte Verbraucherstudie der FCA ergab nämlich, dass 54% der britischen Erwachsenen mit einem investierbaren Vermögen von 10.000 Pfund (entsprechen derzeit rund 11.400 Euro) oder mehr, das heißt fast zehn Millionen Menschen, in den letzten Jahren keine formelle Unterstützung bei ihren Investitionsentscheidungen erhalten hätten.
Höhe des Anlagevermögens und Beratungsquote hängen zusammen
Des Weiteren belegt die FCA-Studie, dass insbesondere vermögende Menschen in den Genuss einer professionellen Finanzberatung gelangen. So hätten zwar 17% der Erwachsenen in UK mit einem Anlagevermögen von über 10.000 Pfund in den letzten zwölf Monaten eine regulierte Finanzberatung in Anspruch genommen. Allerdings klettert dieser Prozentsatz ebenso schnell mit dem investierbaren Vermögen an. Lag dieses zwischen 100.000 und 250.000 Pfund, hätten sich bereits 25% der Verbraucher professionell beraten lassen. Und bei Haushalten mit einem investierbaren Vermögen oberhalb 250.000 Pfund lag die Beratungsquote bei etwa 38%.
Beratungslücke zwischen den Einkommensgruppen nimmt zu
Zudem hatte das Provisionsverbot auch eine Zugangsbeschränkung zu professioneller Finanzberatung zur Folge. Rund 40% der Beratungsunternehmen haben mittlerweile einen Schwellenwert an verfügbarem Vermögen für Neukunden. Bei mehr als der Hälfte der Anbieter beträgt dieser Wert 50.000 Pfund, andere liegen noch deutlich darüber. „Die Erfahrungen aus Großbritannien sind als ambivalent zu beschreiben“, kommentiert Norman Wirth diese Zwischenbilanz. Zwar gäbe es durch die RDR mehr Qualität und mehr Vertrauen in die Berater, aber eben auch eine große Beratungslücke gerade bei den Bevölkerungsgruppen, die es am nötigsten hätten. Gerade wegen dieser Lücke, so hofft Wirth, solle Brüssel die Entwicklungen in Großbritannien sehr genau analysieren. Denn Menschen aus mittleren und unteren Einkommensgruppen dürften nicht von einer individuellen, unabhängigen Beratung abgeschnitten werden. (as)
Bericht zur Studie der britischen Finanzaufsicht FCA: Evaluation of the impact of the Retail Distribution Review and the Financial Advice Market Review
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