Was fällt unter den Begriff der ärztlichen Behandlung?
Die Frage nach „ärztlichen oder anderen Behandlungen” ist hingegen weit auszulegen. Unter den Begriff „Behandlungen“ fallen nicht nur ambulante Heiltätigkeiten, sondern auch Krankenhausbehandlungen. Auch ein bloßer Arztbesuch ist eine Behandlung, da man sich dafür landläufig „in Behandlung begibt“. Der Arzt muss also nicht zwangsläufig diagnostische oder therapeutische Maßnahmen einleiten. Fragt der Versicherer nach „heilkundlicher Behandlung”, ist jede berufs- oder gewerbsmäßig ausgeübte Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von gesundheitlichen Beeinträchtigungen von Menschen anzugeben, also auch zur Durchführung einer Psychotherapie befugte Psychologen, ferner bspw. Physio- oder Ergotherapeuten und Heilpraktiker. Fragt der Versicherer hingegen nur nach ärztlicher Behandlung, so hat er sich selbst auf den Arztberuf beschränkt.
Auf die Frage „Sind Sie in den letzten fünf Jahren untersucht, beraten oder behandelt worden? Weshalb?“ muss der zu Versichernde auch solche Untersuchungen angeben, die von einem Dritten „aufgedrängt“ wurden, denn es kommt nicht darauf an, dass die ärztliche Untersuchung nicht aus eigener Sorge erfolgte. Der Anlass oder Grund der Konsultation ist gleichgültig, denn den Versicherer interessiert erkennbar zunächst nur, ob der Versicherte beim Arzt war. Ferner sind solche Fragen so zu verstehen, dass nicht nur die letzte Untersuchung, sondern sämtliche ärztliche Konsultationen in dem Zeitraum vor Antragstellung anzugeben sind.
Indessen muss der zu Versichernde Beratungen, die nicht bei einer ärztlichen Fachkonstitution, sondern nur „bei Gelegenheit“ erfolgt sind, nicht angeben, da er nicht davon ausgehen muss, dass dies den Versicherer ernsthaft interessiert. Wer deshalb auf einer Party einen Arzt kennenlernt und sich mit diesem (auch lange und ausführlich) über Beschwerden unterhält, die dieser „kostenlos” kommentiert, wird nicht beraten.
Fazit und Hinweise für die Praxis
Antragsfragen sind nach herrschender Meinung wie AGB auszulegen. Daher sind die Fragen unter Zugrundelegung der allgemeinen Auslegungsgrundsätzen aus Sicht eines verständigen und um Aufmerksamkeit bemühten Versicherungsnehmers auszulegen. Dabei sind unklare Fragen grundsätzlich zugunsten des Versicherungsnehmers auszulegen.
Weitere wissenswerte Beiträge zum Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung sind hier auf der Website der Kanzlei Jöhnke & Reichow zu finden.
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