Was jetzt schon feststeht
Die Versicherungsprämien werden bis auf wenige Ausnahmen bestandsübergreifend um mindestens 15% steigen, was überwiegend kleine und mittelständische Unternehmen betrifft. Größere Unternehmen müssen gar mit einem noch höheren Anstieg rechnen. Unterjährige Vertragsverlängerungen im Jahr 2020 haben gezeigt, dass sich die Versicherungsprämien auch verdoppeln oder gar verdreifachen können. Stark betroffen sind börsennotierte Unternehmen und auch solche, deren Umsätze coronabedingt geschrumpft sind. Hier gibt es Einzeluntersuchungen im Underwriting, Prognoseberichte der Unternehmen in Sachen Zukunft, den Nachweis von Staatshilfen und so weiter und so weiter. Bei großen Dax-Unternehmen schrumpfen die Kapazitäten auf teilweise weniger als 50% der Deckungssummen, mit denen sich Vorstände und Aufsichtsräte in vergangenen Jahren wohlgefühlt hatten. Ein Drama für die Betroffenen, da die tiefen Einschnitte in den Versicherungsschutz nahezu durchweg mit Rückwirkung gelten.
Hatten sich Unternehmensleiter bei waghalsigen Entscheidungen in der Vergangenheit auf den D&O-Versicherungsschutz verlassen, so war dies ein Trugschluss. Es gilt ja schließlich das Claims-made-Prinzip und damit derjenige Deckungsschutz, der zum Zeitpunkt des Claims, also der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen vereinbart ist. Dieser Schutz ist nun eingeschränkt, mit weniger Deckungssumme und vielleicht auch noch zahlreichen Deckungsausschlüssen bis hin zu mangelndem Versicherungsschutz in denkbaren Fällen von Insolvenz.
Mehrjahresverträge gibt es überhaupt nicht mehr. Vorzeitige Vertragsverlängerungen vor Ablauf von Kündigungsfristen sind eine Seltenheit im Segment der großen Unternehmen. Hier wird abgewartet bis zum Datum der Vertragsverlängerung, damit auch der Gesundheitszustand der Unternehmen bis zum letzten Tage vor Vertragsablauf noch einmal durchleuchtet werden kann.
Dagegen geht es im Mittelstand geradezu gemütlich zu. Jetzt schon erklären viele Versicherer die Bereitschaft zum Renewal in das nächste Jahr, und da sind die mittlerweile üblichen 15% zum Prämienanstieg eine Kleinigkeit.
Tragödie des D&O-Versicherungsmarktes
Was sagen denn die Kunden zu alledem? Sie haben Verständnis für die Tragödie des D&O-Versicherungsmarktes. Ein beinharter Wettbewerb, gezeichnet durch geradezu verrückte Versicherungsklauseln zulasten der Risikoträger, Prämien-Dumping bis hin zum Unzumutbaren sind schuld an der aktuellen Lage. Dann noch die vielen frischen Schlagzeilen um Wirecard. Wieder mal die Deckungssumme eines großen Versicherungsprogrammes futsch. Diesmal 125 Mio. Euro, schon gebucht als Totalverlust, wie Insider beschämt berichten. Und was wird Covid-19 noch alles bringen? Garantiert ganz viele Insolvenzen. Und da mag den D&O-Versicherern auch das neue Gesetz nicht helfen, das Insolvenzantragsaussetzungsgesetz. Ein fürchterliches Wort in fürchterlichen Zeiten. Die Haftung jedenfalls wird durch das Gesetz nicht ausgeschlossen, wie so mancher Manager das vermuten mag.
Makler sind jetzt in der Pflicht und Preisanpassungen derzeit unumgänglich
So ist es doch für jeden nachvollziehbar, dass sich etwas ändern muss. Gleichwohl sind viele Versicherungsmakler ängstlich, ihren Kunden mit neuen Prämienforderungen zu begegnen. Diese Ängstlichkeit sollte unbedingt der Überzeugung weichen, dass eine Anpassung der Marktverhältnisse und damit vor allem der Preise unumgänglich ist. Ein Zitat eines CEO der Pharma-Branche, konfrontiert mit einer Verdopplung der D&O-Versicherungsprämie: „Ich habe mich schon immer gewundert, dass die D&O-Versicherung so preiswert ist. Da konnte ja tatsächlich irgendetwas nicht stimmen!“
Also wird das alles nicht so schlimm wie befürchtet und es bleibt noch die Hoffnung, dass die Infektionsraten im Bereich der Mangerhaftung irgendwann im Gleichschritt mit Covid-19 gegen null tendieren werden.
Bild: © Fiore26 – stock.adobe.com
Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 08/2020 und in unserem ePaper.
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