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13. April 2025
Berufsunfähigkeitsversicherung: Verweisungsberuf weg – was nun?

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Berufsunfähigkeitsversicherung: Verweisungsberuf weg – was nun?

Berufsunfähigkeitsversicherung: Verweisungsberuf weg – was nun?

Der BGH – Versicherungsnehmerfreundlich!

Der BGH ist der Auffassung, dass erneut eine Leistungspflicht des Berufsunfähigkeitsversicherers begründet wird, wenn der Versicherungsnehmer zwar eine andere Tätigkeit ausüben könnte, diese aber nicht ausübt (vgl. BGH, a. a. O.). Nach den Versicherungsbedingungen ist eine Verweisung nur auf Tätigkeiten zulässig, die der Versicherte auch tatsächlich ausübt. Nach einer Kündigung ist dies nicht mehr der Fall und auch bei einer Teilzeittätigkeit besteht keine Verweisungstätigkeit im Sinne des Vertrages mehr, da deutliche Einkommenseinbußen eine Verweisbarkeit ausschließen. Bestreitet der Versicherer auch nicht, dass der Versicherungsnehmer seinen Ursprungsberuf nicht mehr ausüben könnte, darf ein unverändert schlechter Gesundheitszustand und die entsprechende medizinische Seite der Berufsunfähigkeit als „erneut” gegeben unterstellt werden. Zusammengefasst bedeutet dies: nur bei einer Kombination aus beendeter Verweisungstätigkeit und zu diesem Zeitpunkt bestehender Berufsunfähigkeit im Ursprungsberuf kommt eine (erneute) Leistungspflicht des Versicherers in Betracht.

Der Grund, weshalb eine Verweisungstätigkeit beendet wird (sei es wie im vorliegenden Fall durch die betriebliche Kündigung oder privaten Gründen), ist unerheblich. Die zeitweilige Ausübung einer Verweisungstätigkeit darf schließlich nicht zu einem zukünftigen Verlust des Versicherungsschutzes in seinem ursprünglich versicherten Beruf führen, weshalb es schlussendlich auch nicht auf die Gründe der Beendigung einer Vergleichstätigkeit ankommen darf. Kurz gefasst: Der Beruf des Fliesenlegers ist (weiterhin) versichert.

Die Gegenseite – Unfreundlich gestimmt!

Die Gegenseite, die in der juristischen Welt als „Literatur“ bezeichnet wird, vertritt eine andere Ansicht. Sie kritisiert die Rechtsprechung, da das Risiko der Berufsunfähigkeit nach einer konkreten Verweisung an gesundheitliche Einschränkungen geknüpft sein sollte. Eine Beendigung der Verweistätigkeit ohne gesundheitliche Gründe, etwa aufgrund einer Kündigung, wird als „Marktrisiko“ oder „Arbeitsplatzrisiko“ angesehen und nicht als Teil des versicherten Risikos. Befürchtet wird, dass der Ansatz des BGH zu einem Gestaltungsmissbrauch führen könnte, bei dem Versicherte absichtlich eine Tätigkeit beenden, um wieder Leistungen der Versicherung zu erhalten. Wenn der Versicherte also die Tätigkeit aus anderen Gründen beendet, dann realisiere sich das versicherte Risiko nicht mehr, und es solle nicht zu einer Wiederaufnahme der Leistungspflicht kommen.

Fazit und Hinweise

Wie aufgezeigt ist der Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung sehr komplex. Viele konkrete Fragen können fast ausschließlich nur am Einzelfall geprüft und dargestellt werden. Nach alledem ist der Auffassung des BGH zu folgen. Diese stellt die herrschende Auffassung dar, an welcher die Gerichte eine Einzelfallprüfung vornehmen. Und wie sagt man so schön: „Die Literatur ist eine Wegweisung, aber die Rechtsprechung geht den Weg.“

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