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14. Juni 2024
Bei der Grundsteuer ist das letzte Wort noch nicht gesprochen

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Bei der Grundsteuer ist das letzte Wort noch nicht gesprochen

Was in den Streitfällen zu entscheiden war

In beiden Streitfällen hatten die Antragsteller beim Finanzgericht (FG) erfolgreich beantragt, die Grundsteuerwertfeststellungen für ihre Wohnimmobilien von der Vollziehung auszusetzen. Die angefochtenen Bescheide waren auf der Grundlage des neuen Grundsteuer-Reformgesetz vom 26.11.2019 ergangen (sogenanntes Bundesmodell), das in mehreren Bundesländern Anwendung findet. Danach wird die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer durch Feststellung des Grundsteuerwerts auf den 01.01.2022 als einheitlichen Hauptfeststellungsstichtag ermittelt. Die herangezogenen Vorschriften enthalten dabei eine Vielzahl von Typisierungen und Pauschalierungen.

Zunächst hatte das FG bereits seine Zweifel an den Grundsteuerwertbescheiden als auch an der Verfassungsmäßigkeit der zugrunde liegenden Bewertungsvorschriften beschieden. Das betroffene Finanzamt reichte Beschwerde beim BFH ein, der nun aber der Einschätzung des FG folgte.

Nach Auffassung des BFH bestehen bereits einfachrechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitigen Grundsteuerwertfeststellungen in Bezug auf die Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte. Diese Zweifel ergäben sich daraus, dass den Steuerpflichtigen bei verfassungskonformer Auslegung der Bewertungsvorschriften die Möglichkeit eingeräumt werden müsse, bei einer Verletzung des Übermaßverbots einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen, auch wenn der Gesetzgeber einen solchen Nachweis nicht ausdrücklich geregelt habe.

Der Gesetzgeber verfüge gerade in Massenverfahren der vorliegenden Art über einen großen Typisierungs- und Pauschalierungsspielraum. Das Übermaßverbot könne jedoch verletzt sein, wenn sich der festgestellte Grundsteuerwert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweise. Dies setze nach der bisherigen Rechtsprechung zu anderen typisierenden Bewertungsvorschriften voraus, dass der festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40% oder mehr übersteige.

In beiden Streitfällen kam der BFH dann eben zu dem Ergebnis, es sei bei summarischer Prüfung nicht auszuschließen, dass die Antragsteller jeweils aufgrund einzelfallbezogener Besonderheiten den erfolgreichen Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts ihrer Grundstücke mit der erforderlichen Abweichung zu den festgestellten Grundsteuerwerten führen könnten. (bh)

BFH, Beschlüsse vom 27.05.2024 - II B 78/23 (AdV) und II B 79/23 (AdV)

 

Bild: © Steve – stock.adobe.com

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