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Steuern & Recht
14. Juni 2024
Bei der Grundsteuer ist das letzte Wort noch nicht gesprochen

Bei der Grundsteuer ist das letzte Wort noch nicht gesprochen

An der neuen Grundsteuer, die ab 2025 gelten soll, gibt es Zweifel. Die Grundlage für die Besteuerung liege fernab der Realität, so die Kritik. Der BFH fällte nun in zwei Verfahren ein Urteil. Das letzte Wort wird aber wohl – mal wieder – in Karlsruhe gesprochen.

Ab 2025 gilt die neue Grundsteuer. Eigentümer haben hierzu Bescheide über den Grundsteuerwert und die darauf festgesetzten Grundsteuermessbeträge von den Kommunen erhalten. Mehrere Eigentümer wehren sich allerdings gegen die Bewertung ihrer Grundstücke im Rahmen der Grundsteuerreform und werden vom Verband „Haus und Grund“ und dem Bund der Steuerzahler unterstützt. So sind in verschiedenen Bundesländern Musterklagen anhängig. Sie richten sich gegen die Feststellung des Grundsteuerwertes nach dem sogenannten Bundesmodell, das in einigen Bundesländern zum Tragen kommt – im Gegensatz zum Flächenmodell.

Einzelfallentscheidungen zugunsten der Eigentümer

Zuletzt hatte sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit dem Thema befasst. Mit Beschlüssen vom 27.05.2024 entschied der BFH in zwei Verfahren, dass Steuerpflichtige im Einzelfall unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit haben müssen, einen unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegenden Wert ihres Grundstücks nachzuweisen. Da deswegen bereits Zweifel an der Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte bestanden, war vom BFH nicht mehr zu prüfen, ob die neue Grundsteuer grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Zweifeln bezüglich der zugrunde liegenden Bewertungsregeln unterliegt.

Das letzte Wort in den anhängigen Klagen vor den Finanzgerichten wird demnach wohl das Bundesverfassungsgericht haben. Nachdem der BFH keine eindeutige Aussage zur Verfassungswidrigkeit getroffen hat, bleiben aus Sicht der Verbände verfassungsrechtliche Bedenken bestehen.

Nach derzeitigem Stand müssen also alle, so der Verband Haus und Grund, die einen Bewertungsbescheid erhalten haben, ab 2025 die neue Grundsteuer zahlen, auch wenn Einspruch eingelegt worden ist. Lediglich das Ehepaar, dessen Fall nun vom BFH entschieden wurde, muss aktuell keine neue Grundsteuer ab 2025 zahlen.

Was in den Streitfällen zu entscheiden war

In beiden Streitfällen hatten die Antragsteller beim Finanzgericht (FG) erfolgreich beantragt, die Grundsteuerwertfeststellungen für ihre Wohnimmobilien von der Vollziehung auszusetzen. Die angefochtenen Bescheide waren auf der Grundlage des neuen Grundsteuer-Reformgesetz vom 26.11.2019 ergangen (sogenanntes Bundesmodell), das in mehreren Bundesländern Anwendung findet. Danach wird die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer durch Feststellung des Grundsteuerwerts auf den 01.01.2022 als einheitlichen Hauptfeststellungsstichtag ermittelt. Die herangezogenen Vorschriften enthalten dabei eine Vielzahl von Typisierungen und Pauschalierungen.

Zunächst hatte das FG bereits seine Zweifel an den Grundsteuerwertbescheiden als auch an der Verfassungsmäßigkeit der zugrunde liegenden Bewertungsvorschriften beschieden. Das betroffene Finanzamt reichte Beschwerde beim BFH ein, der nun aber der Einschätzung des FG folgte.

Nach Auffassung des BFH bestehen bereits einfachrechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitigen Grundsteuerwertfeststellungen in Bezug auf die Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte. Diese Zweifel ergäben sich daraus, dass den Steuerpflichtigen bei verfassungskonformer Auslegung der Bewertungsvorschriften die Möglichkeit eingeräumt werden müsse, bei einer Verletzung des Übermaßverbots einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen, auch wenn der Gesetzgeber einen solchen Nachweis nicht ausdrücklich geregelt habe.

Der Gesetzgeber verfüge gerade in Massenverfahren der vorliegenden Art über einen großen Typisierungs- und Pauschalierungsspielraum. Das Übermaßverbot könne jedoch verletzt sein, wenn sich der festgestellte Grundsteuerwert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweise. Dies setze nach der bisherigen Rechtsprechung zu anderen typisierenden Bewertungsvorschriften voraus, dass der festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40% oder mehr übersteige.

In beiden Streitfällen kam der BFH dann eben zu dem Ergebnis, es sei bei summarischer Prüfung nicht auszuschließen, dass die Antragsteller jeweils aufgrund einzelfallbezogener Besonderheiten den erfolgreichen Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts ihrer Grundstücke mit der erforderlichen Abweichung zu den festgestellten Grundsteuerwerten führen könnten. (bh)

BFH, Beschlüsse vom 27.05.2024 - II B 78/23 (AdV) und II B 79/23 (AdV)

 

Bild: © Steve – stock.adobe.com