Robust – dieses Wort fällt immer öfter, wenn es um das Verhalten der Marktbeteiligten in der Gewerbe- und Industrieversicherung geht. Es bedeutet, dass bei Vertragsverhandlungen die Durchsetzung von Eigeninteressen weit vor dem Finden von Konsenslösungen steht. Und man darf davon ausgehen, dass man den Begriff weiter hören wird, denn eine Entspannung des Marktes ist zumindest in weiten Teilen nicht absehbar.
Kritik vonseiten des BDVM
Am Donnerstag beschrieb Thomas Haukje, seines Zeichens BDVM-Präsident, die Lage aus Sicht der Versicherungsmakler. Versicherer würden weiter Prämien und Verträge anpassen, Risiken ausschließen und Kapazitäten reduzieren. Besonders ärgerlich: kurzfristige Kündigungen vonseiten der Versicherer, die ein geordnetes Renewal kaum möglich machten. Die Gründe seien für die Versicherungsmakler oft nicht nachvollziehbar. Die gängigen Aussagen zu den allgemeinen Rahmenbedingungen wie etwa Inflation und hohe Rückversicherungspreise könnten nicht für alle Anpassungen herhalten. Angesichts der guten Bilanzen der Versicherer fehle auch aufseiten der Versicherungskunden das Verständnis. Haukje sagt, Spartenrentabilität gehe den Versicherern vor Kundenrentabilität. Und: Am Markt gebe es derzeit keinen Wettbewerb um Marktanteile. Gute Bilanzzahlen seien vorerst wichtiger als der Gewinn von Marktanteilen.
Der BDVM als Interessenvertreter der Versicherungsmakler werde sich deshalb weiterhin für eine Verbesserung der Lage einsetzen, sodass Maklerunternehmen auch künftig einen optimalen Versicherungsschutz für ihre Kunden realisieren könnten.
Sachversicherung vor besonderen Herausforderungen
Die größten Sorgen macht den Maklerunternehmen aktuell die Sachversicherung. Kapazitäten werden hier in bestimmten Branchen stark verknappt. Die Anforderungen an technischen Brandschutz etwa steigen stetig und Umsetzungsmaßnahmen werden oft zeitlich bindend vereinbart. Im Bereich von D&O- und Cyberversicherung gibt es dagegen Lichtblicke.
Flottenversicherung: Flut an Ausschreibungen
In der Kfz-Versicherung wiederum tobe der „wilde Sanierungsteufel durch die Lande“, erklärt Haukje. Aufgrund der hohen Reparatur- und Ersatzteilkosten in den Werkstätten erwarten im Grunde alle Marktbeteiligten deutliche Prämiensteigerungen. Die Folge: Ein Großteil der Flotten wird dieses Jahr aufgrund der Sanierungsforderungen vonseiten der Versicherer ausgeschrieben. Der BDVM berichtet, dass die Kfz-Flottenversicherer zwei- bis fünfmal so viele Ausschreibungen wie in den Vorjahren auf dem Tisch hätten. Nur höre man leider nichts von den Versicherern, so Haukje. Die Flut sei bei den Versicherern kaum zu bewältigen, hier würden sich die Folgen des Ressourcen- und Fachkräftemangels zum Jahresende schmerzhaft für alle Beteiligten zeigen.
Nichts für schwache Nerven
Die aktuelle Marktsituation sei nichts für schwache Nerven, sagt der BDVM-Präsident, der im November erneut für den BDVM-Vorstand, aber nicht mehr für das Präsidentenamt kandidieren wird (AssCompact berichtete). Der Aufwand im Maklerunternehmen für das Halten des eigenen Servicelevels nehme weiter zu. Auch für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erhöhten sich dadurch die Anforderungen. Es brauche resiliente und engagierte Leute, die den Herausforderungen standhielten. Die BDVM-Mitglieder würden zwar konstant 12.000 Mitarbeiter auf sich vereinigen, aber auch hier werde es schwerer, Fachkräfte zu gewinnen und auch zu halten.
Haukje vermutet, dass der „harte Markt“ in der Gewerbe- und Industrieversicherung anhalten werde. Seiner Ansicht nach wird der „harte Markt“ schlicht der „neue Markt“ sein. Der Umgang miteinander wird wohl robust bleiben. (bh)
Bild: © BDVM
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