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3. Oktober 2024
bAV-Kapitalzahlungen: Was im Versorgungsfall zu beachten ist

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bAV-Kapitalzahlungen: Was im Versorgungsfall zu beachten ist

bAV-Kapitalzahlungen: Was im Versorgungsfall zu beachten ist

Worauf gesondert zu achten ist

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn eine Kapitaloption erst nachträglich in ein Versorgungswerk aufgenommen oder sogar eine bisherige Rentenzusage in eine Kapitalzusage überführt werden soll. Bereits mit seinem Urteil vom 15.05.2012 (3 AZR 11/10) hatte das BAG hierfür Grenzen gesetzt. Laufende Rentenleistungen haben nach Ansicht des Gerichts für Arbeitnehmer eine besondere Wertigkeit. Die Umstellung auf eine Kapital­zusage bedürfe daher einer eigenständigen Rechtfertigung anhand der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit. An dieser Auffassung hält das BAG in ständiger Rechtsprechung fest (vgl. u. a. das Urteil vom 20.06.2023 – 3 AZR 231/22). Das BAG betont dabei, dass Kapital­leistungen das Langlebigkeitsrisiko verlagern, die Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 BetrAVG entfallen lassen und ggf. zu einer höheren Steuerlast führen können. Sie können daher von Nachteil sein.

Auswirkungen auf die Rückstellungsbildung

Ob indes eine Rentenzusage nachträglich (optional) in eine Kapitalzusage umgewandelt werden soll, wäre nicht nur unter arbeitsrechtlichen, sondern auch unter steuerlichen Gesichtspunkten zu betrachten. Dies gilt zumindest dann, wenn die betriebliche Altersversorgung im Rahmen einer unmittelbaren Versorgungszusage durchgeführt wird. Denn für die betreffenden Verpflichtungen sind naturgemäß Pensionsrückstellungen in der Steuer- und Handelsbilanz zu bilden. Deren Höhe wird sich bei Renten- und Kapitalzusagen aber immer dann unterscheiden, wenn die für die Umrechnungsmethode gewählten Rechnungsgrundlagen nicht den steuerlichen bzw. handelsrechtlichen Rechnungsgrundlagen entsprechen. Insofern sollten die bilanziellen Auswirkungen einer solchen Umstellung stets vorab im Detail versicherungsmathematisch geprüft werden.

Die steuerliche Belastung bei Einmalzahlung

Leistungsempfänger interessieren sich naturgemäß für die Höhe der auf die entsprechende Leistung entfallenden Abgaben. Dies gilt zumindest dann, wenn – was inzwischen der Regelfall sein dürfte – die Leistungen nachgelagert besteuert werden. Denn gerade in steuerlicher Hinsicht kann die Belastung bei einer – entsprechend hohen – Kapital­zahlung aufgrund der Steuerprogression nicht unerheblich sein. Erleichterung schafft hier derzeit in bestimmten Fällen der § 34 EStG (sogenannte Fünftelungsregelung). Für die Durchführungswege der Direktzusage und Unterstützungskasse vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, dass diese progressionsmindernde Regelung zur Anwendung kommen kann, wenn allein eine Einmalzahlung – also keine Verteilung der Leistung auf mehrere Veranlagungszeiträume – erfolgt (siehe BMF-Schreiben vom 18.03.2022 und 12.08.2021 – IV C 5 – S 2333/19/10008 :017 bzw. :26). Die anderen Durchführungswege sollen vom Anwendungsbereich des § 34 EStG hin­gegen ausgenommen sein.

Diverse Urteile der Finanzgerichte

Ob die Einschätzung der Finanzverwaltung auch künftig von Bestand sein wird, bleibt allerdings abzuwarten. Zweifel hieran nähren in letzter Zeit diverse Urteile der Finanzgerichte. Diese wollen die Anwendbarkeit des § 34 EStG weniger am gewählten Durch­führungsweg, sondern eher an der Frage festmachen, ob die betreffende Einmalzahlung „typisch“ ist. Allerdings ließe sich die Frage, ob eine Zahlung nun typisch ist oder nicht, wohl nur anhand statistischer Daten untersuchen, die es derzeit gar nicht gibt (vgl. u. a. das Urteil des FG Münster vom 24.10.2023 – 1 K 1990/22 E). Insgesamt ist daher derzeit offen, in welchen Fällen künftig die Anwendung von § 34 EStG tatsächlich zugelassen wird. Insofern sollte die betreffende Regel besser derzeit nicht den Ausschlag geben, wenn man sich frühzeitig für eine Auszahlungsform festlegen möchte oder soll.

Fazit

In der bAV sind Einmalzahlungen als Versorgungsleistung grundsätzlich möglich. Bei der Formulierung von entsprechenden Versorgungswerken ist aber Sorgfalt gefragt. Dies gilt ins­besondere dann, wenn die Kapitalleistung gleichwertig zu einer in Aussicht gestellten Rente sein soll. Ebenso gilt es, arbeitsrechtliche Probleme zu umschiffen, wenn Versorgungswerke geändert und solche Zahlungen erst später zugelassen werden sollen. Grundsätzlich dürfte es sinnvoll sein, versicherungsmathematische Exper­tise bei der Einrichtung, Änderung oder Durchführung von Regelungen zur Kapitalisierung in Anspruch zu nehmen.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 09/2024 und in unserem ePaper.

Bild oben: © Andrii Yalanskyi – stock.adobe,com; Porträtfoto: © Longial

 
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