Ein Beitrag von Michael Gerhard, Aktuar bei der Longial GmbH
Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (bAV) werden überwiegend in Form einer lebenslangen Leibrente erbracht. Doch zwingend ist das nicht. Versorgungswerke können auch vorsehen, dass im Versorgungsfall die Auszahlung in Form eines einmaligen Kapitals erfolgt (vgl. u. a. das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 20.09.2016 – 3 AZR 411/15). Dies gilt in allen fünf Durchführungswegen, also in der unmittelbaren Versorgungszusage (Direktzusage), der Direktversicherung, der Unterstützungskasse, der Pensionskasse und dem Pensionsfonds.
Der Vorteil von Kapitalzahlungen im Versorgungsfall
Aus Sicht des Arbeitgebers kann die Leistungserbringung in Kapitalform Vorteile bieten. Denn bei der Leistung eines Einmalkapitals stellen sich keine Fragen nach einer etwaigen Anpassungspflicht laufender Leistungen gemäß § 16 BetrAVG (Betriebsrentengesetz). Auch sind nach dem Wegfall der Verpflichtung durch Zahlung eines Einmalkapitals keine Beiträge für die gesetzliche Insolvenzsicherung mehr zu entrichten. Darüber hinaus wird die Verwaltung der bAV entlastet. Diese Effekte sind bei einer Direktzusage naturgemäß besonders hoch. Aber auch aus Sicht der Arbeitnehmer kann die Gewährung einer Leistung in Kapitalform gewünscht sein. Womöglich ist bei Eintritt in den Ruhestand noch eine Immobilie abzubezahlen oder eine wichtige Anschaffung zu tätigen. Nicht selten findet man daher seit geraumer Zeit auch Versorgungswerke vor, bei denen Arbeitgeber und/oder Arbeitnehmer zwischen verschiedenen Auszahlungsformen optional wählen können.
Arbeitsrechtliche Aspekte bei der Gestaltung von Versorgungswerken
Die folgenden arbeitsrechtlichen Ausführungen betreffen solche Formen der betrieblichen Altersversorgung, welche auch unter den Geltungsbereich des BetrAVG fallen.
Bei der Gestaltung entsprechender Versorgungswerke sollte man sorgfältig vorgehen. Nicht jede Regelung zur Umrechnung einer vorrangig zugesagten Rente in eine optional wählbare Kapitalleistung hält einer arbeitsrechtlichen Überprüfung stand. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber im Versorgungsfall die Auszahlungsform allein festlegen kann. So hat das BAG z. B. entschieden, dass eine Klausel unwirksam ist, wonach anstelle einer Rente eine einmalige Kapitalleistung in Höhe von zehn Jahresrenten erbracht wird (Urteil vom 17.01.2023 – 3 AZR 220/22). Hier bestand aus Sicht des Gerichts keine Wertgleichheit. Hingegen kann eine Klausel, mit der sich ein Arbeitgeber vorbehält, eine vorrangig zugesagte lebenslange Rente durch eine einmalige barwertgleiche Kapitalleistung zu ersetzen, zulässig sein (BAG-Urteil vom 17.01.2023 – 3 AZR 501/21).
Allerdings hängt die Höhe eines Barwerts naturgemäß von verschiedenen Faktoren – wie Zins, Biometrie und Rentendynamik – ab. In welcher Spanne die genannten Rechnungsgrundlagen zulässig sind, damit der gebildete Barwert arbeitsrechtlich nicht angreifbar ist, ist derzeit noch nicht höchstrichterlich geklärt. Dies gilt insbesondere für den Rechnungszins. Alte Versorgungsordnungen sehen oftmals noch eine Umrechnung mit dem nach § 6a EStG für die Bildung von Pensionsrückstellungen maßgeblichen Rechnungszins von 6% vor. Heute vertreten viele Experten hingegen die Meinung, dass ein aktuell für Verpflichtungen marktüblicher Zins bzw. der für Pensionsverpflichtungen geltende handelsbilanzielle Zins nach § 253 Abs. 2 HGB eine geeignete(re) Rechnungsgrundlage darstellt.
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