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16. März 2023
Bankenbeben: Bloß keine Panik
Bankenbeben: Bloß keine Panik

Bankenbeben: Bloß keine Panik

Die Schließung der Silicon Valley Bank in Kalifornien hat für großen Wirbel in der Wirtschaft, an der Börse, aber auch in den Medien gesorgt. Und dies nur wenige Tage vor dem aktuellen Leitzinsentscheid der Europäischen Zentralbank. AssCompact hat die Ereignisse und den Diskurs darum zusammengefasst.

Freitag vor einer Woche, am 10.03.2023, ist die Silicon Valley Bank (SVB) in den USA zusammengebrochen und unter staatliche Aufsicht gestellt worden (AssCompact berichtete). Mit der Zinswende in den USA hatten Kunden bei dem auf die Finanzierung von Technologiefirmen spezialisierten Geldhaus massenhaft Einlagen abgezogen und in höher rentierliche Geldanlagen umgeschichtet. Die Eigenkapitalversorgung der SVB geriet in eine Schieflage. Als eine Notkapitalerhöhung scheiterte, fürchteten die Anleger um ihr Geld. US-Behörden mussten der Bank mit Kapitalspritzen zur Seite springen und darüber hinaus das gesellschaftliche Vertrauen in das Bankensystem stärken.

Bundesregierung erwartet keine direkten Auswirkungen

Dennoch gilt der Zusammenbruch der SVB als der größte seit der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008. Und die Pleite der Bank schürte insbesondere nach den starken Kursverlusten von Bankaktien an den internationalen Börsen zu Wochenbeginn weltweit die Sorge vor weiteren Bankpleiten. Die Bundesregierung allerdings erwartet keine direkten Auswirkungen auf die Finanzmarktstabilität in der EU. Ein Vertreter der Bundesregierung teilte nach Beratungen auf europäischer Ebene in einer Sitzung des Finanzausschusses am Mittwoch laut Pressedienst des Deutschen Bundestages mit, dass zwar mögliche indirekte Auswirkungen beobachtet würden. Allerdings seien die Banken in der EU sehr stabil und hätten genügend Liquiditätspuffer. Außerdem betonte der Vertreter der Bundesregierung, dass die europäischen Banken besser reguliert seien als die US-Banken.

Auch die BaFin beschwichtigt die Geschehnisse

Und auch ein Vertreter der nationalen Finanzaufsicht BaFin zeigte sich während der Diskussion im Finanzausschuss relativ entspannt. Die zusammengebrochene SVB sei auf Kunden aus der Tech-Szene fokussiert gewesen, die im Unterschied zu anderen Kundengruppen untereinander stark vernetzt seien, berichtet er. Eine solche Situation gebe es in Deutschland nicht. Man habe weder eine Konzentration auf solche Kundengruppen noch habe man auch das Phänomen, dass 90% der Einlagen einer Bank nicht gesichert seien. Über eine Zweigstelle der SVB in Deutschland mit einem Bilanzvolumen von 800 Mio. Euro, die auf die Vergabe von Krediten an Tech-Unternehmen spezialisiert sei, habe die BaFin außerdem ein Moratorium verhängt.

GDV sieht keine unmittelbare Gefahr

Auf Nachfrage von AssCompact hat sich auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft geäußert. Demnach werde die deutsche Versicherungswirtschaft in „allenfalls äußerst begrenztem Ausmaß“ direkt betroffen sein. Zwar seien deutsche Versicherer, wie alle Finanzmarktakteure, über die Entwicklung an den Kapitalmärkten indirekt betroffen. Doch die Versicherer seien aufgrund ihres Geschäftsmodells und unter dem europäischen System der Versicherungsaufsicht Solvency II „nachhaltig stabil aufgestellt“, so der GDV.

Der Blick auf die Börse

Doch eine Einschätzung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen, die sich aus einer derartigen Bankenpleite ergeben, muss auch einen Blick auf die Börse beinhalten. Und auch wenn es fast zu erwarten war, zeigen die Graphen auf dem Finanzportal „Onvista“ ähnliche Verlaufskurven bei den bekannten Indizes. Tenor also: Der Kapitalmarkt trägt die Entwicklungen bisher nicht so gut.

So zum Beispiel der Dow Jones, der von 32.800 Punkten am 09. auf unter 32.000 Punkte am 10. März stürzte und seitdem gegen weitere sinkende Kurven kämpft. Den Tiefpunkt erreichte er am Mittwoch mit 31.446 Punkten. Seit der Schließung der Silicon Valley Bank bewegt er sich schwankend im Bereich zwischen 31.500 und 32.300 Punkten. Ähnlich sieht es beim S&P 500 aus, der am Freitag um über 100 auf 3.885 Punkte gesunken ist und seitdem versucht, sich wieder nach oben zu kämpfen.

Und was macht der DAX? Seine Kurve verläuft nicht viel anders. Nach der Schließung verlor er fast 300 Punkte und stürzte am Montag um weitere rund 350 Punkte nach unten auf 14.991. Nach einem kurzen Aufbäumen am Dienstag auf über 15.200 aber erreichte er am Mittwoch seinen Tiefpunkt der bisherigen Woche mit 14.727 Punkten. In diesem Bereich kämpft er sich auch am frühen Donnerstagnachmittag noch durch den Markt.

Investmentfirmen zeigen vorsichtigen Optimismus

Den Teufel an die Wand malen die Vermögensverwalter im Zuge der Pleite der Silicon Valley Bank zwar nicht – aber eine gewisse Nervosität war ihnen ob der volatilen Lage an der Börse dennoch anzumerken, insbesondere im Hinblick auf die Auswirkungen der Ereignisse auf die weitere Politik der Zentralbanken.

Monica Defend, Leiterin des Amundi Institutes, Vincent Mortier, Amundi CIO, und Matteo Germano, stellvertretender Amundi CIO, sehen in den Marktbelastungen kein systemisches Problem, sondern eher ein idiosynkratisches. Im Vergleich zur Lehman-Krise sei die Bank nicht so stark fremdfinanziert und habe keine relevanten globalen Verbindungen. Man müsse aber dennoch im Hinblick auf ein solches Ereignis die Auswirkungen höherer Zinssätze „sorgfältig bewerten“.

Larry Fink, Mitgründer des größten Vermögensverwalters der Welt, BlackRock, sieht in der aktuellen Situation ein Dilemma für die Zentralbanken, wie er in seinem jährlichen Brief an die Investoren schreibt. Wenn die Geldpolitik weiter gestrafft wird, dann könnte die Wirtschaft in eine gefährliche Schieflage geraten. Andererseits: Wenn sie wieder gelockert wird, könnte sich die Inflation weiter in eine ungünstige Richtung entwickeln.

EZB erhöht Leitzins

Die EZB ihrerseits ist aber wohl von ihrem Kurs (noch) nicht abzubringen. Im Zuge der SVB-Schließung wurde viel im Vorfeld über die nächste Leitzinsentscheidung spekuliert, nicht nur bei Amundi und BlackRock. Wird sich die EZB von dem Kollaps beeindrucken lassen und den Leitzins bei 3,0% belassen oder ihn vielleicht sogar senken? Oder behält sie ihren Plan bei und schraubt den Leitzins, wie angekündigt, weitere 0,5 Prozentpunkte nach oben?

Ein echter Bankier hält eben Wort: In Frankfurt hat die EZB am Donnerstagnachmittag die weitere Erhöhung des Leitzinses auf 3,5% verkündet. Begründet durch die Entschlossenheit, die Inflation weiter nach unten zu drücken – langfristig zurück auf 2% p. a. Wie der „Spiegel“ berichtet, sei es für die EZB jedoch eine schwere Entscheidung gewesen, da man ebenfalls die Stabilität des Finanzsystems im Auge behalten müsse.

Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV, äußerte sich dem Spiegel zufolge ebenfalls zum Zinsentscheid und betonte, dass die Erhöhung der richtige Schritt sei, da die Geldwertstabilität das primäre Ziel der EZB und die Finanzstabilität dem nachgeordnet sei. (mki) (as)

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