Die deutsche Versicherungsaufsicht wird bei dem Thema Kundennutzen von Versicherungsprodukten nicht lockerlassen. Das sagte Julia Wiens, Exekutivdirektorin Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht, bei der Jahrestagung der Versicherungsaufsicht am Mittwoch dieser Woche. „Wir werden die Wohlverhaltensaufsicht bei den Anbietern von kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten fortführen. Im nächsten Jahr wollen wir uns vor allem Unternehmen mit hohen Stornoquoten genauer ansehen. Insbesondere ihr Produktfreigabeverfahren. Wir werden prüfen, ob sich die Unternehmen mit hohen Stornoquoten an die Vorgaben unseres Merkblatts halten“, machte Wiens deutlich.
Im Auge hat die BaFin insbesondere die Stornierung von Verträgen, die speziell in den ersten Jahren nach Vertragsabschluss, in denen ein großer Teil der Kosten anfällt, gekündigt werden. Schon im August hatte Wiens den betreffenden Produkten einen Kundennutzen abgesprochen. Die BaFin vermutet, dass die betreffenden Produkte außerhalb des für sie bestimmten Zielmarktes vertrieben wurden.
Prüfung des Kundennutzen wird auf anderer Sparten ausgedehnt
Wiens will es aber nicht nur bei den Lebensversicherungen belassen. Die Wohlverhaltensaufsicht soll auch andere Sparten in den Blick nehmen. Der Grundsatz, dass Produkte Kundinnen und Kunden nutzen müssen, gelte universell, so Wiens und weiter: „Wir werden im nächsten Jahr daher an einem Konzept arbeiten, mit dem wir die Wohlverhaltensaufsicht sinnvoll auf weitere Sparten erweitern können. Zum Beispiel auf die Schaden- und Unfallversicherer oder auf die substitutive Krankenversicherung“.
Versicherer grundsätzlich gut aufgestellt
Generell sieht die BaFin die Versicherer stabil aufgestellt, jedoch sei das Umfeld, in dem die Versicherer agieren müssen, äußerst anspruchsvoll. Die wirtschaftliche Entwicklung sei unsicher und die Risiken der Geopolitik seien weiterhin hoch, hinzu kämen Bedrohungen für die IT-Infrastruktur und die Cyber-Sicherheit. „Deshalb werden wir im neuen Jahr eine Reihe von Themen angehen, um die Zukunftsfähigkeit und Stabilität der Versicherer zu stärken“, so Wiens.
Zusätzlich zu den Aufsichtsthemen will sich die Versicherungsaufsicht 2025 auch mit drei wichtigen Regulierungsvorhaben auseinandersetzen: der laufenden Überprüfung von Solvency II, der neuen Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Versicherungsunternehmen sowie der Verordnung über künstliche Intelligenz. (bh)
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