Man macht mit seinem Kind einen kleinen Spaziergang bei gutem Wetter. Die Eltern genießen die Sonne und das Kind genießt es, mit seinem Fahrrad durch die Gegend zu radeln. Als vorbildliche Eltern lässt man das Kind auch nie aus den Augen. Was kann da schon passieren? Außer ein paar blauen Flecken nicht viel? Weit gefehlt. Auch wenn man als Eltern alles richtig gemacht hat, kann es teuer werden. Das beweist ein Fall, zu dem das Oberlandesgericht (OLG) Celle eine Entscheidung treffen musste.
Eltern in Sichtweite
Im konkreten Fall ging es um ein Mädchen, das mit seinem Fahrrad auf einer Uferpromenade unterwegs war. Die Eltern folgten dem Kind mit einigen Metern Abstand, blieben aber zu jedem Zeitpunkt in Ruf- und Sichtweite.
Mädchen radelt ohne nach vorne zu sehen
Während das Kind nun auf dem Fahrrad saß, blickte es für längere Zeit nach hinten zu den Eltern und steuerte dabei auf eine Fußgängerin zu. Die Eltern versuchten ihre Tochter auf den drohenden Zusammenstoß hinzuweisen, woraufhin das Mädchen eine Vollbremsung einleitete.
Fußgängerin verletzt sich beim Ausweichen
Die Fußgängerin, auf die das Mädchen zugefahren war, konnte den Zusammenstoß zwar noch verhindern, stürzte aber dabei und verletzte sich. Die Verletzte erhob Klage gegen die Eltern und ihr Kind und forderte Schadensersatz und Schmerzensgeld.
Landgericht weist Klage ab
Das Landgericht wies die Klage der Frau ab. Laut Ansicht des Gerichts hatten die Eltern ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt und dem Kind fehlte die erforderliche Einsicht in die Verantwortlichkeit seines Handelns.
Eltern nicht haftbar
Das OLG Celle sah das jedoch teilweise anders. Zwar hätten die Eltern sich wirklich tadellos benommen und könnten deshalb nicht haftbar gemacht werden, beim Kind sähe es jedoch anders aus.
Gesetzeslage
Gemäß § 828 BGB sind Kinder für Schäden, die sie anderen zufügen, nicht verantwortlich, wenn sie unter sieben Jahre alt sind. Bis zu einem Alter von 17 Jahren haften sie jedoch durchaus für diejenigen Schäden an anderen, sofern sie bei der Begehung der Tat, die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit nötige Einsicht besitzen.
Mädchen muss Schadensersatz leisten
In dem genannten Fall sah das OLG diese Bedingung als erfüllt an. Das Kind war seit dem fünften Lebensjahr regelmäßig mit seinem Fahrrad gefahren – auch im Straßenverkehr. Das Mädchen wusste, dass es während der Fahrt nach vorne schauen muss und hat es dennoch nicht getan. Es wusste auch, dass diese Fahrweise andere Menschen auf der Uferpromenade gefährdet. Davon hat sich das Gericht auch im Rahmen einer persönlichen Anhörung des Kindes überzeugt. Aus diesem Grund sei das Mädchen für die erlittenen Verletzungen der Fußgängerin verantwortlich und muss den entstandenen Schaden ersetzen. (tku)
OLG Celle, Urteil vom 19.02.2020, Az.: 14 U 69/19
Bild: © JenkoAtaman – stock.adobe.com
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können