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7. Dezember 2022
„Bieten breit diversifizierte aktive Anlagestrategie“
„Bieten breit diversifizierte aktive Anlagestrategie“

„Bieten breit diversifizierte aktive Anlagestrategie“

Carolin Preuß ist die Gewinnerin des Fondsfrauen Awards als „Fondsmanagerin des Jahres“ 2022. Mit AssCompact spricht sie im Interview über ihre Arbeit als Portfoliomanagerin, ihren Werdegang und ihre Anlagestrategien.

Interview mit Carolin Preuß, Portfoliomanagerin bei der HanseMerkur Trust AG
Frau Preuß, Sie haben vor Kurzem den Fondsfrauen Award als „Fondsmanagerin des Jahres“ 2022 erhalten. Herzlichen Glückwunsch hierzu. Welche Bedeutung hat die Auszeichnung für Sie?

Vielen Dank! Ich freue mich riesig über diese Auszeichnung. Mit Stella Ma von Vontobel und Jeanette Bruns von der Deka standen zwei Fondsmanagerinnen mit mir auf der Shortlist, die ich extrem schätze und die zudem für große, namhafte Häuser arbeiten. Dass ich als Fonds­managerin bei einem eher kleineren Asset-Manager hier überzeugen konnte, kam für mich überraschend.

Sind Sie sich Ihrer Vorbildfunktion für andere Frauen bei Ihrer Arbeit bewusst?

Ich hatte schon immer eine große Affinität zu Finanzthemen. Da war der Einstieg in die Finanzbranche für mich folgerichtig. Über meine Rolle als Frau in einer nach wie vor männerdominierten Branche habe ich mir damals kaum Gedanken gemacht. Inzwischen habe ich viele Situationen erlebt, in denen Frauen die allerbesten Voraussetzungen für diesen Job mitbringen, sich aber dennoch dagegen entscheiden. Ich selbst bin eher schüchtern und zurückhaltend und freue mich, wenn andere Frauen an meinem Beispiel sehen, dass man nicht laut und extrovertiert sein muss, um in der Finanzbranche erfolgreich zu sein. Ich hoffe, damit auch einen Beitrag dazu zu leisten, dass sich mehr Frauen für diesen Bereich entscheiden. Und unabhängig von der Berufswahl ist es mir ein Anliegen, Frauen für Themen rund um die Kapitalmärkte wie Fonds, ETFs etc. zu begeistern und so hoffentlich auch dazu beizutragen, dass sich immer mehr Frauen aktiv mit finanzieller Vorsorge und Geldanlage befassen.

Wo steht die Investmentbranche Ihrer Meinung nach heute, wenn es um Frauenförderung und Diversität geht? Wo sehen Sie Verbesserungspotenzial?

Bei vielen Veranstaltungen sieht man immer noch überwiegend Männer. Netzwerke wie die Fondsfrauen zeigen aber, dass es vorangeht. Dieser Austausch ist enorm wertvoll. Insgesamt nehme ich branchenübergreifend leider noch immer große Hürden wahr, wenn es um die Vereinbarkeit von Vollzeitberufstätigkeit und Familie geht. Ich persönlich profitiere vom Kita-Angebot meines Arbeitgebers. Die Kita befindet sich unmittelbar neben unserem Unternehmenssitz, das erleichtert die Vereinbarkeit ungemein und spart Zeit und Wege. Es ist extrem wichtig, dass es in Deutschland zu einer Selbstverständlichkeit wird, dass flächendeckend umfassende und flexible Kinder­betreuungsangebote zur Verfügung stehen. Gerade mit Blick auf den Fachkräftemangel braucht es hier schnelle Fortschritte. Aber das ist kein Spezifikum der Finanzbranche.

Könnten Sie uns Ihren Werdegang in der Branche kurz schildern? Wie ist er verlaufen und wo haben Sie vielleicht auch mal Hürden gespürt?

Ich habe Wirtschaftswissenschaften an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg im Studienbereich Investment Banking & Capital Markets studiert. Meine berufliche Laufbahn begann als Junior Portfoliomanagerin bei einem Asset-Manager im Bereich Dachfonds. Im institutionellen Asset-Management als Portfoliomanagerin und Quant Researcherin bin ich somit seit 2008 tätig. Vor rund acht Jahren erfolgte mein Wechsel zur HanseMerkur Trust. Wirkliche Hürden habe ich nie gespürt. Aber natürlich gab es Zeiten, in denen ich unzufrieden war und neue Herausforderungen gesucht habe. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass eine offene, klare Kommunikation gerade in solchen Situationen zu guten Lösungen führt.

Sie managen nun seit Jahren die HanseMerkur Strategie-Dachfondsfamilie. Können Sie uns etwas zu Strategie und Entwicklung sagen?

Bei unseren Fonds handelt es sich um international ausgerichtete Multi-Asset-Klassen-Dachfonds. Die Fonds weisen eine breite Diversifikation sowohl über Asset-Klassen als auch über Regionen auf. Daneben bieten sie eine aktive Asset Allocation und den situativen Einsatz von Put-Optionen in schwierigen Marktphasen. Wir bieten Anlegern eine flexible, breit diversifizierte aktive Anlagestrategie. Hierzu investieren wir in verschiedene Anlageklassen, deren Quoten wir aktiv steuern, um sie an die Kapitalmarkt- und Konjunktur­erwartungen anzupassen. Bei einem positiven Ausblick ist unser Portfolio offensiv ausgerichtet, um an den Chancen des Kapitalmarkts zu partizipieren. In volatilen Phasen wollen wir durch unsere aktive Steuerung Drawdowns begrenzen und so für attraktive Basiseffekte sorgen. Wir sind der Meinung, dass uns dies in den letzten zehn Jahren gut gelungen ist.

Welche Zielfonds stehen denn aktuell im Fokus?

Der Performancetreiber unserer Strategie ist die Allokation. Wir suchen nicht den besten Fonds oder die beste Fondsmanagerin, sondern den Fonds, der am besten zu unserer Allokationsentscheidung passt. Zuletzt standen bei uns vermehrt Value und Low Volatility Fonds im Fokus. Dies könnte sich aber im Laufe des nächsten Jahres ändern, falls sich das volkswirtschaftliche Umfeld verändert. Historisch hat sich gezeigt, dass Value-Titel im steigenden Zinsumfeld eine bessere Wertentwicklung aufweisen als Wachstumsaktien.

Nun erleben wir gerade eine Zinswende. Was bedeutet dies für Sie? Ändern Sie Ihre Anlagestrategie?

Die Strategie ändern wir nicht, aber natürlich überdenkt man fortwährend seine Positionierung. Wie eben angesprochen hatten wir im letzten Jahr unser Growth Exposure aufgelöst und den Fokus auf Value gelegt. Auch unsere Staatsanleihenquote haben wir überdacht. So hatten wir in den vergangenen eineinhalb Jahren Staatsanleihen in der gesamten Strategiefamilie eher untergewichtet, weil das Risiko die Ertragschancen deutlich überwog. Das hat sich durch die dynamische Zins­wende zumindest teilweise geändert.

Dient das von Ihnen gemanagte Portfolio zur Kapitalanlage der HanseMerkur Unternehmen oder auch der von Drittunternehmen?

In erster Linie dienen die Fonds der Strategiefondsfamilie als Investment für die Kunden der HanseMerkur, die eine fondsgebundene Versicherung abschließen. Daneben ist der Fonds als Publikumsfonds für Privatanleger erwerbbar. Außerdem findet die Strategie auch bei institutionellen Kunden Anwendung.

In Ihren Dankesworten zum oben genannten Award sprechen Sie von „besonnenem Investieren“. Was genau meinen Sie damit?

Wie erwähnt werden die Strategiefonds unter anderem zur Altersvorsorge genutzt. Unser Anspruch ist es, Vermögen langfristig zu erhalten und aufzubauen. Wir möchten das mühsam verdiente Geld unserer Kunden vermehren – bei kontrollierten Risiken. Deshalb reduzieren wir gegebenenfalls an der ein oder anderen Stelle das Risiko und schöpfen die Renditemöglichkeiten nicht vollends aus. Aber wenn wir – wie beispielsweise in der Corona-Krise – die Drawdowns etwas abfedern, müssen Anleger am Ende nicht schlechter stehen. Das ist einfache Mathematik: Sind 100 Euro im Aktienmarkt investiert und dieser fällt um 50%, dann bleiben 50 Euro übrig. Steigt er anschließend um 50%, dann habe ich 75 Euro. Das gleiche Beispiel mit 30% liefert mir am Ende 91 Euro.

Spielt Nachhaltigkeit für Sie bei der Auswahl auch eine Rolle?

Bei allen Fonds geht es uns um eine nachhaltige Performance. Das Ziel ist es, alle im Vermögen der HanseMerkur gehaltenen Kapitalanlagen nachhaltig auszurichten. Die Einstufung erfolgt gemäß Artikel 8 der „Offenlegungsverordnung“ SFDR (Sustainable Finance Disclosure Regulation) der EU. Im Zuge dessen werden bereits bis 2029 die CO2-Emissionen des Portfolios um mindestens 50% gegenüber 2021 reduziert. In einem unserer Fonds spielt Nachhaltigkeit zudem explizit eine Rolle: Im Jahr 2020 haben wir den Fonds „Hanse­Merkur Strategie ausgewogen Nachhaltigkeit“ aufgelegt. Er verfolgt die gleiche Strategie und die gleiche Allokation wie der im Jahr 2011 aufgelegte Fonds „HanseMerkur Strategie ausgewogen“, bei der Auswahl wird jedoch ausschließlich auf nachhaltige Zielfonds zurückgegriffen.

Wir blicken auf das Jahr 2023. Was wird die Kapitalmärkte und die Wirtschaft am meisten beeinflussen? Schwer, dies in Kürze zu beantworten. Aber vielleicht gelingt es anhand von ein paar Schlagworten.

Die Inflationsraten werden sich voraussichtlich reduzieren. Hier ist die große Frage, ob es in der Schnelligkeit passiert, wie es die Kapitalmärkte erwarten, oder ob es doch langsamer vonstattengeht, wie es die Erfahrungen der Vergangenheit implizieren.

Wie viele andere rechnen auch wir 2023 mit einer Rezession der US-Wirtschaft. Letztendlich ist das aber Teil ökonomischer Zyklen.

Für die Kapitalmärkte könnten diese beiden Entwicklungen – rückläufige Inflationsraten und schwächeres Wachstum – sogar positiv sein, da es die Zentralbanken zum Beenden ihrer Zinserhöhungs­zyklen zwingt. Denn die Zentralbankpolitik war insbesondere in den letzten Jahren ein Haupttreiber für die Entwicklung der Märkte.

Über allem schwebt zudem die geopolitische Unsicherheit.

Sie müssen verantwortlich mit den Kundengeldern umgehen. Wie empfinden Sie ein solches Umfeld? Macht dies auch den Reiz Ihrer Arbeit aus?

In erster Linie bedeutet das aktuelle Umfeld eine große Verantwortung. Was den Reiz meiner Arbeit vor allem für mich ausmacht, ist, dass jeder Tag anders ist. Routine oder gar Langeweile kommen in meinem Job definitiv nicht vor!

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 12/2022, S. 60 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Carolin Preuß, HanseMerkur Trust AG

 
Ein Interview mit
Carolin Preuß