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6. August 2024
„In fünf Jahren wird es insgesamt deutlich weniger Makler geben“
„In fünf Jahren wird es insgesamt deutlich weniger Makler geben“

„In fünf Jahren wird es insgesamt deutlich weniger Makler geben“

Der Maklermarkt bleibt in Bewegung. Im ersten Halbjahr hat die Zahl der Transaktionen weiter zugenommen. KPMG hat aufgrund einer Umfrage von mittelgroßen bis großen Gewerbe- und Industrieversicherungsmaklern die Trends und Herausforderungen, mit denen Makler in Zukunft rechnen müssen, herausgearbeitet.

Interview mit Nathalie Reichel, Managerin, Christian Kern, Director, und Knut Besold, Partner bei KPMG im Geschäftsbereich Financial Services
Ihre Studie beleuchtet die aktuelle Situation am mittelständischen und großen Maklermarkt und prognostiziert weiterhin starke Veränderungen. Vor allem Personalgewinnung und -bindung werden als große Herausforderungen angesehen. Was können Makler hier machen, um diese Herausforderung zu meistern?

Nathalie Reichel Maklerunternehmen stehen wie viele andere Branchen vor der Herausforderung, qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Das Durchschnittsalter der Makler ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Nicht nur Nachfolgeregelungen werden dadurch erschwert, sondern auch der Wettbewerb um Berater hat sich stark verschärft. Um diese Herausforderung zu meistern, müssen Maklerhäuser ein attraktives Arbeitsumfeld schaffen, das nicht nur monetäre Anreize bietet, sondern auch die Bedürfnisse jüngerer Generationen nach Flexibilität und einem attraktiven Arbeitsumfeld berücksichtigt.

Der Zugang zu „erfolgskritischem Personal“ wird als einer der Haupttreiber für die Zunahme der Konsolidierung im Markt angesehen. Was genau ist unter „erfolgskritischem Personal“ zu verstehen und welche Rolle spielen diese Mitarbeiter im Rahmen der Konsolidierung?

Christian Kern Unter erfolgskritischem Personal verstehen wir in erster Linie Produktspezialisten sowie die Berater, die direkten Kundenkontakt pflegen und die Umsätze generieren. Häufig entfällt ein wesentlicher Teil der Umsätze auf wenige hochproduktive Makler eines Unternehmens, was ein Klumpenrisiko birgt. Das bedeutet: Insbesondere diese Mitarbeiter gilt es mit Blick auf das Wachstum unbedingt zu binden. Grundsätzlich bringt die Konsolidierung die Möglichkeit mit sich, nicht nur Kundenbestände anderer Maklerhäuser zu übernehmen, sondern auch deren erfahrene und gut ausgebildete Mitarbeiter. Nach der Übernahme liegt der Fokus dann darauf, diese ausreichend zu incentivieren und zu binden, um den Erfolg des neuen, größeren Unternehmens sicherzustellen.

Ein weiterer Treiber für die Transformation des Marktes ist laut der Umfrage die bessere Verhandlungsposition der Maklerunternehmen gegenüber den Versicherern. Was hat sich hier für die Makler verbessert?

NR Die Verhandlungsposition eines Maklerunternehmens ist, wie in vielen anderen Branchen, stark von der Größe und somit der Marktmacht abhängig. Kleine Maklerunternehmen haben oft Margennachteile von bis zu 20%, da sie nur geringere Courtagen bei den Versicherern durchsetzen können. Durch die Übernahme kleinerer Maklerunternehmen kann die Profitabilität bereits allein durch die Courtage-Arbitrage, also die Durchsetzung der höheren Margen des Erwerbers, gesteigert werden. Weitere Synergien können sich dann durch den Abbau von Redundanzen im Back-office oder der IT-Infrastruktur sowie durch Cross-Selling zwischen den Kunden ergeben oder auch durch eine Verlängerung der Wertschöpfung, zum Beispiel durch die Übernahme von Tätigkeiten im Auftrag der Versicherer.

Gilt dies für alle Sparten oder muss man hier eventuell unterscheiden, beispielsweise zwischen privaten und gewerblichen Versicherungen?

CK Die Vorteile der Courtage-Arbitrage und das Synergiepotenzial gelten grundsätzlich für alle Sparten, sowohl bei privaten als auch bei gewerblichen Versicherungen.

Auch Datenqualität und IT stellen große Herausforderungen für die Unternehmen dar. Was müssen Maklerunternehmen machen, um hier wettbewerbsfähig zu sein bzw. zu bleiben?

Knut Besold Maklerunternehmen sind hier an der Schnittstelle zwischen dem Kunden und dem Versicherer besonders gefragt. Aufseiten ihrer Kunden – gerade im Gewerbe- und Industriebereich – können sie sich mit effizienten Lösungen für die Verwaltung und Erfassung von Risikodaten als Partner in deren Risikomanagement hervortun. Auf der anderen Seite ist für Makler die digitale Anbindung und Übermittlung von Daten an die Versicherungsunternehmen von großer Bedeutung.

Vor allem Transaktionen sollen weiterhin zunehmen. Was wird das für den Maklermarkt, aber auch für die Kunden bedeuten?

NR Der Maklermarkt wird in den kommenden Jahren weniger fragmentiert sein, und die großen Maklerhäuser werden an Marktmacht gewinnen. Kleinere Makler werden vor Herausforderungen stehen: Sie werden es schwer haben, gutes Personal zu gewinnen und technologisch wettbewerbsfähig und profitabel zu bleiben. Für Kunden kann die Konsolidierung Vorteile bringen, zum Beispiel ein breiteres Serviceangebot, eine höhere Servicequalität und möglicherweise günstigere Konditionen durch die stärkere Verhandlungsmacht der großen Makler.

KB Innerhalb des Maklermarktes wird der Bedarf steigen, aus der Transaktion weitere Synergien zu generieren, z.B. im Finanzbereich, im Backoffice oder bei der IT. Dabei sind Fragestellungen zu berücksichtigen wie „Welche Tätigkeiten finden lokal statt?“ oder „Welche Tätigkeiten können zentralisiert werden?“.

91% der befragten Makler sehen die Konsolidierung als Chance. Welche spezifischen Vorteile erwarten die Unternehmen dadurch? Und welche Tücken könnten sich auftun?

CK Die Maklerunternehmen erwarten eine noch bessere Verhandlungsposition und die Möglichkeit, ihr Dienstleistungsangebot zu verbreitern und zu verbessern. Eine Herausforderung liegt aus unserer Sicht vor allem in der Integration der übernommenen Unter­nehmen, insbesondere bei der Geschwindigkeit der Konsolidierung und der teils hohen Zahl jährlicher Übernahmen durch einzelne Player. Einzelne Konsolidatoren haben zuletzt eine zweistellige Zahl von Unternehmen im Jahr übernommen. Jedoch streben nicht alle Maklerhäuser eine vollständige Integration an, sondern halten die einzelnen Unternehmen bewusst eigenständig mit eigener Infrastruktur.

Wagen wir einen Ausblick: Wo sehen Sie den Maklermarkt in fünf Jahren?

NR In fünf Jahren wird es insgesamt deutlich weniger Makler geben, dafür aber einige sehr große Maklerunternehmen mit erheblicher Marktmacht. Diese großen Maklerhäuser werden den Markt dominieren und kleineren Maklern das Behaupten am Markt erschweren – es sei denn, diese finden Nischen oder spezialisieren sich entsprechend. Außerdem erwarten wir die eine oder andere größere Fusion innerhalb der aktuellen Top-20-Makler, gegebenenfalls sogar internationale Zusammenschlüsse auf europäischer Ebene.

KB Die IT- und Prozesslandschaft wird eine erste Harmonisierungswelle hinter sich haben. Aber auch in fünf Jahren wird es noch eine heterogene Kommunikation zwischen Maklern und Versicherern geben. Wir erwarten außerdem in fünf Jahren erste Ansätze im Maklermarkt, speziell im Privatkundenmarkt, zur Open Insurance Initiative.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 08/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © Markus Mainka – stock.adobe.com

 
Ein Interview mit
Knut Besold
Christian Kern
Nathalie Reichel

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Mike Pust (702963) am 06. August 2024 - 15:45

Die Betrachtung der Märkte durch Fachkräfte wie hier in diesem Fall, lassen mir eiskalte Schauer den Rücken lang laufen. Ab wann spürt man das eine journalistische Leistung erbracht wurde? Allein schon durch die Aneinanderreihung von Buchstaben? Ich sage nur: Gute Nacht Finanzdienstleistung. Alles geht ins Klo.