Kaum waren die Schäden nach dem Hochwasser im Saarland begutachtet, keimte erneut die Diskussion um eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden auf. Schon seit Langem wird darüber diskutiert: Verbraucherschützer und Bundesrat sind dafür, die Versicherungswirtschaft dagegen. In der Debatte immer dabei auch der Vorschlag, dem französischen Beispiel zu folgen, worüber AssCompact bereits berichtete.
Führt eine Pflichtversicherung zu niedrigen Prämien?
Mehrfach in den Medien zitiert wurde in den vergangenen Tagen dazu der SPD-Politiker Johannes Fechner, der sich gegenüber der Deutschen Presse-Agentur für einen stärkeren Versicherungsschutz gegen die Folgen von Unwettern ausgesprochen hat: „Das schlimme Hochwasser im Saarland ist leider ein weiterer Beleg dafür, dass Extremwetterereignisse weiter zunehmen und zu immer größeren Schäden führen werden. Weil diese Folgen des Klimawandels jeden treffen können, brauchen wir günstige Versicherungen gegen Elementarschäden.“ Die SPD spricht sich für eine Pflichtversicherung aus und will eine Angebotspflicht vonseiten der Versicherer.
Ob eine Pflichtversicherung aber zu niedrigeren Prämien führen würde, bezweifelt die Versicherungswirtschaft. Erst kürzlich kam die Deutsche Aktuarvereinigung zu einem anderen Schluss. Eine Zunahme der Versicherten werde nicht automatisch das Gesamtkollektiv entlasten. Die Versicherer fordern dagegen vor allem Präventionsmaßnahmen sowohl auf privater als auch auf staatlicher Seite. Auch vonseiten der FDP kommen Einwände gegen eine Pflichtversicherung.
Bund-Länder-Beratungen am 20.06.2024
Wie nun bekannt wurde, wollen die Ministerpräsidenten der Länder mit Bundeskanzler Olaf Scholz am 20.06.2024 über eine Pflichtversicherung beraten. Das kündigte eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums gegenüber der Augsburger Allgemeinen an. Dort sollen auch die Erkenntnisse der entsprechenden Bund-/Länder-Arbeitsgruppe einfließen.
Aufgabe der Arbeitsgruppe ist es, alle Optionen zu prüfen, wie die Verbreitung der Elementarschadenversicherung erhöht werden kann. Dazu gehört eben auch die Prüfung einer Pflichtversicherung.
Ehemaliger Versicherungsvorstand spricht sich für Pflichtversicherung aus
Daran knüpft auch Prof. Dr. Hartmut Nickel-Waninger, ehemaliger Versicherungsvorstand und heutiger Honorarprofessor an der Goethe-Universität Frankfurt, an. Nickel-Wanninger ist als Gastgutachter beim Sachverständigenrat für Verbraucherfragen (SVRV) aktiv und sagt: „Die Bund-Länder-AG „Elementarrisiken“ sollte jetzt einen mutigen Schritt vorangehen und die Einführung einer Pflichtversicherung ernsthaft ins Auge fassen. Aus meiner jahrzehntelangen Erfahrung in der Versicherungsbranche weiß ich: Mit Freiwilligkeit kommen wir bei der Verbreitung der Elementarschadenversicherung nur ganz langsam voran. Ob sich je mehr als 80% freiwillig versichern werden, ist mehr als fraglich. Für eine Pflichtversicherung braucht es im Übrigen keine Neugründung einer staatlichen Versicherungsanstalt. Die Gebäude lassen sich nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen versichern.“ Insofern bekommt die Einführung einer Pflichtversicherung auch von unerwarteter Seite Fürsprache. (bh)
Bild: ©Jürgen Fälchle – stock.adobe.com
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Pflichtversicherung
Die Pflichtversicherung wäre wirklich nötig. Es ist nicht fair das sich rund die Hälfte absichert und die andere Hälfte nach Staatshilfen ruft wenn es Schäden gibt.
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