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Assekuranz Sach allgemein

Maklerinterview: Welche Absicherung Taucher benötigen

Als Versicherungsmakler hat sich Timo Vierow, selbst leidenschaftlicher Taucher, der Absicherung rund um sein Hobby verschrieben. Welchen Versicherungsbedarf sowohl Taucher als auch Tauchbasen haben und worin die Herausforderungen bestehen, erzählt der Experte im Interview.

Interview mit Timo Vierow, Geschäftsführer der tvv GmbH
Herr Vierow, als Versicherungsmakler sind Sie in Ihr Hobby „eingetaucht“ und haben sich auf Versicherungen rund um Tauchsport spezialisiert. Wie kam es dazu?

Ich bin mittlerweile seit 25 Jahren in der Versicherungsbranche tätig und wollte eine berufliche Veränderung. Da ich selbst leidenschaftlicher Taucher bin, kannte ich die Herausforderungen, die das Tauchen in Bezug auf Versicherungen mit sich bringt. Ich habe recherchiert, ob es in diesem Bereich schon Lösungen und Vermittler gibt, die diese anbieten. Dies war nicht der Fall und ich wurde mehrfach von Freunden angesprochen, ob ich nicht eine Lösung hätte oder dafür sorgen könnte. Dies brachte mich zu dem Entschluss, mich als Versicherungsmakler mit der Spezialisierung aufs Tauchen selbstständig zu machen.

Die meisten Taucher in Deutschland sind Urlaubstaucher. Man freut sich auf eine bunte Unterwasserwelt und tolle Erlebnisse.

Es stimmt, dass der Großteil Urlaubstaucher sind, aber auch diese Taucher haben zum Teil eigene Ausrüstung, die mehrere Tausend Euro wert ist, und unternehmen Tauchgänge wie Wrack- oder Höhlentauchgänge, die dann bei der eigenen Absicherung zu Herausforderungen führen. Und es gibt eine immer größer werdende Gruppe von Tauchern, die in Deutschland und auch das ganz Jahr über tauchen. Hier reden wir schnell über Ausrüstungen, die 10.000 Euro weit übersteigen.

Wie sieht es mit den Risiken aus? Werden sie unterschätzt?

Was die Risiken angeht, ist es so eine Sache. Natürlich gibt es immer und bei allem ein Risiko, aber wenn sich der Taucher an die Grenzen seiner Ausbildung hält und seine eigenen Fähigkeiten richtig einschätzt, ist Tauchen ein sehr sicherer Sport.

Hier sind es aus meiner Sicht eher die Versicherer, die das Risiko Tauchen – beispielsweise in der Berufsunfähigkeitsversicherung – deutlich zu hoch und an manchen Stellen auch falsch einschätzen. Ein Beispiel: Höhlentauchen ist bei den meisten Versicherern mit einem Zuschlag versehen oder sogar einer Ablehnung in der BU. Nach unzähligen Gesprächen, die ich mit Versicherern und auch Rückversicherern geführt habe, hat sich mittlerweile etwas in den Annahmerichtlinien geändert – teilweise deutlich. Trotzdem setze ich mich weiter ein, um die Lage für uns Taucher weiter zu verbessern.

Welche Versicherungen sollten Hobbytaucher im Gepäck haben?

In erster Linie sollten Taucher oder eben die Vermittler darauf achten, dass Tauchen in den bestehenden Versicherungen mitversichert ist. Dies betrifft bei einem fortgeschrittenen Taucher dann alle Versicherungen außer die Wohngebäude- und Kfz-Versicherung. Und dann gibt es eben die Besonderheiten wie nebenberuflicher Tauchlehrer, die eigene Ausrüstung abzusichern oder im Ausland einen vernünftigen Krankenversicherungsschutz zu haben. Ein häufig unterschätztes Risiko sind zudem die Such-, Rettungs- und Bergungskosten.

Setzen Sie auf eigene Deckungskonzepte?

Ja. Mittlerweile gibt es doch einige Deckungskonzepte, um die Besonderheiten, die wir Taucher haben, abdecken zu können. Es bestehen mehrere Herausforderungen, da meine Kunden häufig fortgeschrittene Taucher sind, die das ganze Jahr tauchen und/oder nebenberuflich als Tauchlehrer tätig sind. Einige Beispiele, was die Deckungskonzepte umfassen:

  • Reiserücktrittsversicherung, in der die medizinisch bescheinigte Tauchunfähigkeit ein Leistungsauslöser ist
  • Equipmentversicherung, die die Ausrüstung weltweit gegen sämtliche Gefahren der Beschädigung und des Verlustes abdeckt – hier habe ich regelmäßig Versicherungssummen, die die 30.000 Euro überschreiten
  • Unfallversicherung, auch für haupt- und nebenberufliche Tauchlehrer, mit unbegrenzten Kosten für Dekompressionskammer und Such-, Rettungs- und Bergungskosten
  • Auslandskrankenversicherung für Tauchlehrer, die ins Ausland gehen
  • Spezialversicherung für Tauchbasen und Tauchshops
Bleiben wir bei den Tauchbasen und Tauchshops. Was sind hier die speziellen Risiken?

Eine Tauchbasis hat verschiedene Bereiche, die es zu berücksichtigen gilt. Die Tauchbasis hat in den meisten Fällen ein Ladenlokal, was unter die Inhaltsversicherung fällt, aber die Leihausrüstung wird auch zum Tauchspot transportiert – weltweit – und sollte deswegen auch außerhalb des Versicherungsortes versichert sein. Ebenso die Füllanlage, in der ein erheblicher Druck herrscht.

Eine weitere große Herausforderung ist die Betriebshaftpflicht. Für die Betriebsstätte mag sie ausreichen, aber Tauchbasen haben häufig nicht nur angestellte Mitarbeiter oder Aushilfen, sondern auch Freelancer, die die Tauchausbildung machen und Tauchausfahrten anbieten. Hier kann es dann in die Richtung eines Reiseveranstalters gehen, was bei der Haftung zu berücksichtigen ist. Um einen lückenlosen Schutz für den Inhaber und alle Mitarbeitenden zu gewährleisten, brauchte es ein spezielles Konzept, das es am Markt vorher so nicht gab. Mittlerweile zählen auch Tauchverbände und Hersteller von Tauchausrüstung zu unseren Kunden.

Als passionierter Taucher sind Sie auf einer Wellenlänge mit Ihren Kunden. Wie entscheidend ist dies für die Kundenbeziehung und den Erfolg Ihres Unternehmens?

Das ist der entscheidende Faktor. Die Kunden fühlen sich verstanden. Sie brauchen mir nicht zu erklären, was sie meinen, wenn sie übers Tauchen reden, und ich kann ihnen die Versicherungsseite „übersetzen“ aufs Tauchen. Wir sprechen eine Sprache.

Was war Ihr schönster Tauchgang? Und welchen möchten Sie unbedingt bald machen?

Ein Early Morning Dive hat etwas Besonderes, wenn es langsam hell wird und man sieht, wie allmählich alles erwacht, Höhlen- und Wracktauchgänge faszinieren mich. Aber auch die Gewässer von Müll und Geisternetzen zu befreien, ist für mich besonders und bleibt in Erinnerung. An einem Eisberg zu tauchen ist ein großer Traum, den ich mir noch erfüllen möchte, und das ein oder andere Wrack oder die Höhle – es gibt noch sehr viele Orte …

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 04/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © Timo Vierow, tvv

 
Ein Interview mit
Timo Vierow

Versicherungsschutz für Hobbymusiker

Fortissimo oder voll aufgedreht? Wann es sich lohnt, wertvolle Instrumente und Zubehör in einer eigenen Police zu versichern, erläutert ein Marketing-Experte der Mannheimer. Der Spezialversicherer hat besondere Lösungen für Hobbymusiker im Angebot.

Ein Artikel von Rainer Pister, Leiter Vermarktung und Marken­führung der Mannheimer Versicherung AG

Nahezu jeder Fünfte in Deutschland macht selbst Musik. Wenig überraschend: Die überwiegende Mehrheit davon sind Hobbymusikerinnen und -musiker. Erfahrungsgemäß machen sich die wenigsten von ihnen Gedanken über passenden Versicherungsschutz.

Instrumente und Sound-Equipment versichern

Ab welchem Wert macht eine eigene Instrumenten-Police Sinn? Die Antwort auf diese Frage ist sehr individuell und entscheidet die Musikerin bzw. der Musiker oder DJ für sich selbst. Die zum Teil ausgeprägte „persönliche“ Beziehung des Musikers zu seinem Instrument ist als Wertansatz für Versicherungsvermittler eher schwer bis überhaupt nicht zu erfassen. Vielmehr zählt zunächst der Blick auf den materiellen Wert des Instruments oder des Equipments. Und der ist oft gar nicht so gering. Selbst wenn Musikschaffende ihre Kunst ausschließlich als Hobby betreiben und nicht (allein) davon leben, können bei der Anschaffung von Celli, Geigen, Gitarren und Bässen, Verstärkern, Synthesizern und weiterem Zubehör schnell hohe Summen zusammenkommen. Passiert dann etwas, werden Reparaturen oder gar Neuanschaffungen ebenfalls sehr teuer.

Neben dem materiellen Wert ist für die Wahl des Schutzes entscheidend, wie und wo das Instrument zum Einsatz kommt. Für nicht allzu wertvolle Instrumente, die ausschließlich in einer hausratversicherten Wohnung gespielt werden, reicht in der Regel die Pauschaldeckung der Hausratversicherung aus.

Handelt es sich dagegen um ein teures Instrument? Und nimmt die Musikerin oder der Musiker es mit zum Unterricht, zum Gig in eine Halle oder zu klassischen Konzerten? Steht es vielleicht tagelang im Proberaum oder in den Räumen der Musikschule? Wird es manchmal nachts im Auto aufbewahrt? Verleiht man es ab und zu an Freunde weiter? Dann warten neben den klassischen Gefahren zu Hause zahlreiche weitere Risiken, vor allem beim Transport, durch Diebstahl oder Beschädigungen durch Fallenlassen oder nach einem Unfall mit dem Instrument.

Mit einem Allgefahrenschutz auf der sicheren Seite

Die beiden speziellen Markenprogramme der Mannheimer Versicherung AG – SINFONIMA für klassische Musikinstrumente und I´M SOUND für Sound-Equipment „mit Stecker dran“ – stehen wie alle Marken der Mannheimer für umfassenden Allgefahrenschutz. Wie bei jeder Allgefahrenversicherung gilt auch hier zum klaren Vorteil der Kunden: Die wenigen Gefahren, die nicht versichert sind, sind transparent für die Versicherten – und übrigens unter Haftungsaspekten auch für den Versicherungsvertrieb – schwarz auf weiß in den Bedingungstexten nachlesbar aufgeführt. Neben den versicherten klassischen Gefahren wie Diebstahl, Raub, Brand, Blitzschlag und Elementarereignisse, Beschädigung, Zerstörung oder Verlust können beispielsweise auch externe Proberäume in den Versicherungsschutz einbezogen werden.

Ist ein schneller Ersatz in Form eines gleichwertigen Leihinstruments, Lichttechnik oder eines DJ-Controller-Pultes notwendig, übernehmen SINFONIMA und I´M SOUND auch die Kosten dafür. Bei beiden Marken sind Instrumente auch während des Transports versichert, beispielsweise wenn der Band-Bus in einen Unfall verwickelt ist und das Equipment dabei beschädigt wird oder die Violinistin auf dem Weg zum Musikunterricht mit dem geschulterten Geigenkasten vom Fahrrad stürzt und ihr Instrument zu Schaden kommt. Instrumente werden manchmal auch an Freunde oder in der Familie ausgeliehen. Mit SINFONIMA oder I´M SOUND bleiben sie auch dann vollumfänglich versichert.

Der richtige Versicherungswert

Als Faustregel gilt: Für ein Instrument oder Sound-Equipment, das heutzutage noch neu hergestellt wird bzw. erhältlich ist, wird der aktuelle Verkaufspreis zur Wertermittlung herangezogen. Bei historischen Streichinstrumenten spielt beispielsweise der Erbauer und in diesem Zusammenhang das Alter des Instruments eine wesentliche Rolle bei der Wertermittlung.

Bei Vintage-Gitarren ist mitunter entscheidend, welche berühmte Musikerin oder welcher berühmte Musiker das Instrument in der Vergangenheit gespielt hat. Ein weiterer Aspekt ist, wie kunstvoll ein Instrument handwerklich gefertigt wurde und in welchem Zustand es sich befindet. Nicht zuletzt ist auch der Klang von Bedeutung. Instrumentenbesitzern, die ein solches Instrument versichern möchten, ist zu empfehlen, sich von professionellen Instrumentenbauern oder durch Sachverständige eine Wertbestätigung ausstellen zu lassen. Historische Instrumente benötigen ab einem bestimmten Wert zusätzlich ein Echtheitszertifikat, das – falls nicht mehr vorhanden – ebenfalls von erfahrenen Instrumentenbauern ausgestellt wird.

Neuwert oder Zeitwert — was ist der Unterschied?

Für Instrumente, die im Laufe der Zeit eher an Wert verlieren – das kann zum Beispiel bei Blasinstrumenten der Fall sein –, ist eine Neuwertversicherung auf Basis des Kauf- oder Listenpreises sinnvoll. Bei Instrumenten, die im Laufe der Zeit eher an Wert gewinnen, sollte dagegen der Zeitwert entsprechend der aktuellen Beschaffenheit, dem Alter und der Abnutzung versichert und der Wert regelmäßig angepasst werden.

Sogenannte Meister- oder auch Vintage-Instrumente versichern SINFONIMA und I´M SOUND zu einem fest vereinbarten Wert. Dieser wird von einem anerkannten Sachverständigen bestätigt und bei Totalverlust ersetzt. Wir empfehlen, das Instrument spätestens nach vier Jahren neu bewerten und bei Veränderungen den Versicherungswert anpassen zu lassen. Hochwertige Streichinstrumente oder Vintage-­Gitarren erfahren im Laufe der Zeit meistens eine Wertersteigerung.

In eigener Sache unterwegs? Veranstalterhaftpflicht nicht vergessen!

Man muss nicht unbedingt professioneller Musiker sein, um von Zeit zu Zeit selbst auf der Bühne zu stehen. Bands oder Solokünstler, die im Rahmen ihres Hobbys auch eigene Konzerte oder Partys veranstalten, einen Club mieten oder auf Straßen- oder Sportfesten spielen, haften persönlich für selbst verschuldete Personen-, Sach- und Vermögensschäden. Und zwar unbegrenzt und in voller Höhe. Oder sie werden für etwas haftbar gemacht, wofür sie nicht verantwortlich sind. Für solche Fälle ist die Veranstalter-Haftpflichtversicherung ein Muss. Sie kümmert sich um den Schaden oder wehrt unberechtigte Ansprüche notfalls auch vor Gericht ab. Die Veranstalter-Haftpflichtversicherung lässt sich bei der Mannheimer auch sehr bequem per Deckungsauftrag vereinbaren.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 04/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © abstract – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Rainer Pister

Fachliche Spezialisierung im Maklervertrieb hat sich bewährt

Bei der Württembergischen liegt im Maklervertrieb die Verantwortung für Vorsorge und Sach in unterschiedlichen Händen. Die jeweilige Spezialisierung kommt den Bedürfnissen der Makler entgegen, Synergien können genutzt werden. Adam Riese gliedert sich entsprechend ein und deckt das private Sachgeschäft ab.

Interview mit Rainer Gelsdorf und Eric Sauerborn, Geschäftsführer der Württembergische Vertriebspartner GmbH
Herr Gelsdorf, Herr Sauerborn, Sie teilen sich im Maklervertrieb der Württembergischen die Verantwortung für Vorsorge und Komposit auf. Wo ist die Trennung notwendig und wo gibt es Überschneidungen?

Rainer Gelsdorf Die historisch bedingte Unterscheidung zwischen Vorsorge und Komposit im Maklervertrieb der Württembergischen ist fachlich fundiert und hat sich im Laufe der Jahre bewährt. Diese Spezialisierung ermöglicht es, sich gezielt auf die unterschiedlichen Bedürfnisse unserer Vertriebspartnerinnen und -partner zu konzentrieren und eine tiefgehende Fachunterstützung zu bieten.

Eric Sauerborn Gleichzeitig setzen wir verstärkt auf Synergieeffekte, insbesondere in der betrieblichen Vorsorge. Langjährige Partnerschaften zahlen sich aus, stärken unsere Positionierung als Partner des Mittelstands und ermöglichen die Platzierung passender Versicherungs­lösungen in den Bereichen Kranken und Leben.

Die Konzentration aufseiten des Maklermarkts betrifft die beiden Bereiche unterschiedlich. Wie gehen Sie damit um?

RG Der Maklervertrieb verzeichnet enormes Wachstum, besonders in den Segmenten Flotte, Privat- und Firmenkunden. Unser Fokus liegt darauf, die richtigen Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit zu bieten. Mit starkem Wachstum bei den Konsolidierern begleiten wir Maklerzusammenschlüsse auch 2024 und setzen die bereits bestehende vertrauensvolle Zusammenarbeit mit unseren Vertriebspartnerinnen und -partnern fort.

ES Die Anforderungen an uns bleiben konstant hoch, unabhängig von dem spezifischen Bereich. Die Konsolidierung konzentriert sich hauptsächlich auf Kompositbestände, während auch Leben und Kranken wichtige Bestandteile bei den überwiegenden Konsolidierungsmaßnahmen sind. Wir haben im letzten Jahr bedeutende Fortschritte gemacht und sind auf einem vielversprechenden Weg.

Steigen damit aber nicht doch die Anforderungen an Ihre Einheiten?

RG Die Anforderungen an unsere dezentralen und zentralen Einheiten bleiben konstant auf hohem Niveau. Als Partner des Mittelstands legen wir Wert auf eine enge Beziehung zu unseren Kundinnen und Kunden. Wir hören zu, nehmen Fragestellungen auf und schaffen Lösungen für die Themen, die unsere Vertriebspartnerinnen und -partner bewegen. Das macht uns erfolgreich und wird uns so auch zurückgespiegelt.

ES Wir sehen die Anforderungen als Ansporn, unsere Stärken weiter auszubauen und innovative Lösungen für die sich wandelnden Bedürfnisse der Branche zu entwickeln. Unser Fokus liegt dabei auf maßgeschneiderten Vertriebskonzepten, insbesondere für den Mittelstand.

Herr Sauerborn, wie entwickelt sich der Bereich Leben? Welche Chancen sehen Sie 2024 für die Altersvorsorge?

ES Trotz globaler Unsicherheiten und des schwierigen wirtschaftlichem Umfelds im Jahr 2023 verzeichnete unser Lebensversicherungs­geschäft ein deutliches Wachstum von 34,9%, vor allem in der betrieblichen Altersvorsorge.

Die betriebliche Altersvorsorge hat zahlreiche neue Maklerinnen und Makler mit ihren individuellen Umsetzungsmöglichkeiten begeistert und ist auf das Zweieinhalb­fache gewachsen, was einen positiven Trend für 2024 erwarten lässt.

Und die Krankensparte?

ES Im Jahr 2023 verzeichneten wir einen außerordentlichen Erfolg mit beeindruckenden Wachstumsraten von 31%, insbesondere durch eine Verdopplung in der betrieblichen Krankenversicherung, sowie einen sehr guten Zuwachs in der Zahnzusatzversicherung. Das Ergebnis wurde hierbei vor allem von unserer Online-Abschlussstrecke ohne Kundenunterschrift und unseren hervorragenden Serviceleistungen beflügelt. Dazu zählen die digitale Rechnungseinreichung und Leistungserstattung innerhalb von 24 Stunden und der Abschluss im Optimalfall mit nur zwei Gesundheitsfragen. Zusammen bildet dies eine solide Basis für unsere Positionierung.

Herr Gelsdorf, das Gewerbegeschäft läuft gut. Fühlt sich hier die Württembergische besonders wohl?

RG Absolut, der Maklervertrieb der Württembergischen schloss 2023 so erfolgreich ab wie nie zuvor. Der Zuwachs im Sachversicherungsbereich von 17,3% und der Ausbau unserer Partnerschaften im Schaden- und Unfallgeschäft stärken unsere Position als Partner des Mittelstands. Für 2024 gilt es, die Profitabilität weiter zu steigern sowie die Arbeit im Bestand fortzusetzen.

Im Privatbereich gehen Sie mit Adam Riese andere Wege. Wie gliedert sich die Digitalmarke in den Maklervertrieb ein?

RG Adam Riese etablieren wir als Maklermarke für die Württembergische Versicherung im Bereich Privatkunden. Als Digitalmarke weist Adam Riese besondere Stärke im Bereich der Prozessexzellenz auf – ganz nach dem Grundsatz „schnell, einfach und verständlich durch digitale Prozesse“. Diese werden umfassend umgesetzt – vom Vertragsabschluss bis zu Prozessen im After-Sales-Bereich oder in der Schadenregulierung. Für die weitere Ausrichtung auf den Maklermarkt hat Adam Riese in den vergangenen Monaten außerdem Produkte neu aufgelegt und insbesondere die Leistungsseite gestärkt.

Welche Pläne und Neuerungen gibt es in den nächsten Monaten für Ihre Vertriebspartnerinnen und -partner?

RG Im Bereich Sachversicherungen bieten wir unseren Maklerinnen und Maklern wichtige Updates bei Hausrat und Wohngebäude. Mit deutlichen Erweiterungen zu Trendthemen wie Wärmepumpen, Balkonkraftwerken, Wallboxen und Photovoltaikanlagen reagieren wir zudem auf die Neuregelungen im Gebäudeenergiegesetz. Bei Kfz erhöhen wir die Marktstandards mit neuen, einzigartigen Leistungen. Darüber hinaus intensivieren wir die Zusammenarbeit mit Plattformen wie Thinksurance und erweitern zudem unsere Weiterbildungsangebote im Bereich unserer Onlinepräsentationen.

ES Für das Jahr 2024 steht einiges auf dem Programm und wir möchten natürlich die positive Dynamik aufrechterhalten. Auf der Produktseite haben wir mit Genius Alternative Investments ein absolutes Highlight und ermöglichen Privatanlegerinnen und -anlegern Zugang zu den Renditechancen alternativer An­lagenklassen – und das sowohl als Einmalbeitrag als auch mit laufenden Beiträgen. Zusätzlich optimieren wir unsere Vertriebskonzepte, insbesondere die SofortRente. Mit 100%-iger Beitragsrückgewähr bieten wir eine absolute Top-Positionierung und steigern die Attraktivität der SofortRente im Marktvergleich, besonders im Kontext unserer Konzepte in der Generationenberatung.

Die Versicherer sind verhalten optimistisch, das dürfte auch für Ihre Vertriebspartnerinnen und -partner gelten. Wie herausfordernd wird es noch in diesem Jahr?

ES Die aktuellen Marktbedingungen werden uns auch 2024 begleiten. Es ist entscheidend, diese aktiv zu nutzen und Vertriebschancen zu identifizieren, um weiterhin erfolgreich zu bleiben. Herausforderungen können zu Chancen werden, und ich bin fest davon überzeugt, dass uns dies sehr gut gelingen wird.

RG Die Württembergische hat auch in diesem Jahr viel zu bieten. Es gilt, trotz anhaltender Herausforderungen die Chancen für den Vertrieb zu sehen, leistungsfähig zu bleiben und so engagiert die Zukunft zu gestalten. Bei all unseren Bestrebungen leiten uns die Werte der Württembergischen. Wir sind der Fels in der Brandung.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 04/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © Rainer Gelsdorf und Eric Sauerborn, Württembergische Vertriebspartner GmbH

 
Ein Interview mit
Eric Sauerborn
Rainer Gelsdorf

„Früh in Vermittlung eines Tesla-Sonderkonzeptes eingestiegen“

Wie blickt ein Experte für E-Mobilität auf die aktuellen Entwicklungen im Kfz-Versicherungsmarkt? Das hat AssCompact Versicherungsmakler Peter Bieger gefragt, der seine Entscheidung zur E-Mobilität als Beratungsschwerpunkt bereits vor acht Jahren getroffen hat.

Interview mit Versicherungsmakler Peter Bieger, Geschäftsführer der Peter Bieger GmbH
Herr Bieger, wie sehen Sie die aktuellen Entwicklungen im Kfz-Versicherungsmarkt?

Aktuell sehen wir vor allem steigende Preise. Und weiterhin einen Fachkräftemangel bei den Versicherern, verbunden mit teilweise deutlich längeren Bearbeitungszeiten. Kunden und Makler brauchen also vor allem Geduld, bis die zu bearbeitenden Vorgänge erledigt sind. In Online-Rechnern der Gothaer oder der HUK24 gibt es inzwischen sogar Möglichkeiten, bei einem Leasingfahrzeug eine Werkstattbindung abzuschließen. Da ist doch im Schadenfall der Ärger für den Kunden schon vorprogrammiert. Das halte ich für eine bedenkliche Entwicklung – gerade von der moralischen Seite her.

Lohnt sich denn das Kfz-Geschäft für Makler noch?

Das kommt darauf an, was man damit erreichen und wie viel Arbeit man investieren will bzw. muss. Gegenfrage: Lohnt sich angesichts der aktuellen Stornohaftungszeiten noch Lebensversicherungsgeschäft?

Worauf achten Sie bei der Absicherung von E-Fahrzeugen? Welche Tarifmerkmale sind Ihnen in der Kundenberatung bzw. beim Abschluss besonders wichtig?

Ideal sind unbegrenzte Summen bei Akku-, Tierbissfolge- und Kurzschlussfolgeschäden. Ebenso auch ein Verzicht auf den Abzug „neu für alt“ beim Akku sowie eine sogenannte Allgefahrendeckung für den Akku. Wenn dann in den Bedingungen auch noch Aussagen zu Dia­gnostikkosten bei einem beschädigten Akku sowie zu Abstellkosten in einem Wassercontainer nach einem Akkubrand zu finden sind, wird es so langsam „rund“. Richtig gut wird es dann mit solchen zusätzlichen Leistungsinhalten: Wertminderungsausgleich bei Kasko-Unfallschäden, Ersatzwagen sowie einer Absicherung bei Betriebs-, Brems- und Bruchschäden. Dann sind die Kfz-Versicherungen auch nicht mehr beliebig austauschbar.

Und wie geht es aus Ihrer Sicht weiter im Bereich E-Auto?

Es werden immer mehr E-Autos zugelassen werden. Führende Wissenschaftler weisen aber bereits schon länger darauf hin, dass es unmöglich ist, unseren Wohlstand ohne die Nutzung von Erdöl und Erdölprodukten zu erhalten. Das gilt für die Bereiche Wohnen und Bauen, Landwirtschaft, Kleidung, Energie, Transport, Verkehr etc. Daher ist es Quatsch zu glauben, wir könnten die Schaffung einer kohlenstofffreien Wirtschaft allein mit E-Autos und einem Neuzulassungsverbot von Verbrennern lösen.

Sie sind auch spezialisiert auf die Absicherung von Tesla-Fahrzeugen. Warum haben Sie sich als Makler dazu entschieden?

Die Entscheidung zur E-Mobilität als Beratungsschwerpunkt habe ich bereits vor acht Jahren getroffen, als ich mir mein erstes E-Auto bestellt habe. Es gab zu der Zeit nur wenige Kfz-Versicherungstarife, die besondere Leistungen für E-Autos und besonders für Tesla angeboten haben. Genau da habe ich meine Chance gesehen und konsequent in den Online-Foren etwas geschrieben, in denen sich meine „Zielgruppe“ bewegt und informiert. Dazu hatte ich das Glück, schon früh in die Vermittlung eines Tesla-Sonderkonzeptes ohne Frage nach Schadenfreiheitsklassen einsteigen zu können. Das sorgte dafür, dass viele Menschen aufgrund von Empfehlungen zu mir gefunden haben.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 03/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © Peter Bieger, Peter Bieger GmbH

 
EIn Interview mit
Peter Bieger

Die favorisierten Versicherer der vfm-Makler

Alle zwei Jahre kürt der Pegnitzer Maklerverbund vfm die bevorzugten Versicherungsanbieter seiner Makler. Dieses Jahr wurde die Auszeichnung in den Sparten Kranken-, Lebens- und Sachversicherung zum elften Mal verliehen – dabei gab es „klare Sieger“ in allen drei Kategorien.

Der Pegnitzer Maklerverbund vfm hat die Spitzenreiter unter seinen Versicherungspartnern bekannt gegeben. Die Auszeichnungen in den Sparten Kranken, Leben und Sach wurden während der hauseigenen Messe in Würzburg vergeben. Die Verleihung, die dieses Jahr zum elften Mal erfolgte, findet alle zwei Jahre statt.

Für das Rating erstellt der vfm-Verbund in Zusammenarbeit mit seinen angebundenen Maklern einen Kriterienkatalog für die Bewertung. Berücksichtigt werden dabei Merkmale wie Kundenattraktivität der Produkte, Qualität der Erstellung von Angeboten, bis hin zur Effizienz in der Schadenregulierung.

Die Sieger in den Sparten Sach, Leben und Kranken

Laut dem Maklerverbund zeigen sich in allen drei Sparten „klare Sieger“ auf. In der Sparte Kompositversicherung schaffte es Die Haftpflichtkasse zum vierten Mal in Folge auf den Spitzenplatz, mit Bestwerten in sämtlichen Teilbewertungen. Auf Rang 2 und 3 folgen KS-Auxilia und KRAVAG.

Ebenfalls ihren 1. Rang verteidigen konnte die Barmenia in der Sparte Krankenversicherung – auch wenn ihr Vorsprung gegenüber den Nachfolgern dieses Jahr geschmolzen ist, so vfm. So überholte die ARAG die topplatzierte Barmenia in den Kategorien Produkte und Prämien – in den anderen Bereichen konnte der Spitzenreiter sich jedoch die höchsten Bewertungen sichern. Nach der ARAG auf Platz 2 reiht sich die Continentale auf Platz 3 ein.

Einen neuen Spitzenreiter gibt es in der Sparte Leben. Dort konnte sich erstmals die Stuttgarter an die Spitze des Felds setzen. Dies gelang durch eine Verbesserung in allen Teilkriterien, so der Maklerverbund. Silber holte sich der Volkswohl Bund, Bronze die Alte Leipziger. (js)

Bild: © Surachetsh – stock.adobe.com

 

agencio mit neuer All-Risk-Deckung für Dauercamper

Der Assekuradeur agencio hat seine Produktpalette um eine All-Risk-Deckung für Dauercamper erweitert. Die Police fokussiert sich neben einer umfangreichen Abdeckung auf nachhaltige Elemente. Zudem können Kunden bis zu fünf optionale Zusatzbausteine wählen.

Der digitale Assekuradeur agencio Versicherungsservice AG hat ein neues Produkt für Privatkunden gestartet. Mit dem „natura Camping Plus“ führt der auf Nachhaltigkeit spezialisierte Assekuradeur eine All-Risk-Deckung für Dauercamper ein.

Basistarif kann um bis zu fünf Zusatzbausteine erweitert werden

Mit dem Basistarif ist das Objekt gegen Feuer, Sturm, Hagel, Glas, Elementargefahren und Diebstahl versichert. Daneben können bis zu fünf optionale Zusatzbausteine in die Police inkludiert werden.

Mit dem „SicherheitPlus-Paket“ können sich Kunden gegen böswillige Zerstörung absichern. Der Baustein „Outdoor-Paket“ versichert Schäden an beweglichen Sachen und Grundstücksbestandteilen wie Mauern, Toren, Zäunen o. Ä. Ein Haftpflichtschutz mit Versicherungssummen von 5 Mio. Euro, 10 Mio. Euro oder 20 Mio. Euro kann mit dem „Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht-Paket“ abgeschlossen werden.

Über das „GreenEnergy-Paket“ können Photovoltaikanlagen auf Campingplätzen versichert werden, das „Unfall-Paket“ schließt Leistungen von maximal 50.000 Euro ein. Die Police bietet Deckungsschutz in 30 europäischen Ländern, so agencio.

Prämiennachlass für nachhaltig agierende Kunden

Der Fokus auf Nachhaltigkeit ist von zentraler Bedeutung für den Assekuradeur. Auch in dem neuen Produkt sind mehrere nachhaltige Elemente integriert. Kunden erhalten einen Prämiennachlass von 5%, wenn sie Inhaber einer BahnCard oder eines ÖPNV-Jahrestickets sind, Ökostrom nutzen oder ein Öko-Bankkonto besitzen. In der Versicherungsprämie ist ein einkalkulierter Beitrag zur CO2-Kompensierung enthalten. (js)

Bild: © stock_studio – stock.adobe.com

 

Diese Versicherer erhalten Deutschen Versicherungs-Award

Franke und Bornberg, das Deutsche Institut für Service-Qualität und ntv verleihen – jetzt schon zum siebten Mal – jährlich den Deutschen Versicherungs-Award. In diesem Jahr dürfen sich 42 Versicherer in 35 Produktbereichen darüber freuen. Wer sind die Sieger 2024?

Bereits zum siebten Mal verleihen die Ratingagentur Franke und Bornberg, das Deutsche Institut für Service-Qualität (DISQ) und der Nachrichtensender ntv den Deutschen Versicherungs-Award. In 35 Kategorien werden 42 Preisträger ausgezeichnet. Der Award wird jährlich vergeben.

Orientierungshilfe für Verbraucher

Dabei berücksichtigen die Award-Verleiher eigenen Angaben nach alle wichtigen Produktbereiche im Versicherungsbereich, was eine gute Orientierungshilfe für Verbraucherinnen und Verbraucher darstellt. Die Preisverleihung findet wieder in der Bertelsmann-Repräsentanz in Berlin statt.

Oft versteckt im Kleingedruckten

Michael Franke, Geschäftsführer von Franke und Bornberg, erklärt: „Qualität, aber auch Stolpersteine verstecken sich oft im Kleingedruckten von Versicherungen. Seit 30 Jahren prüfen wir Produkte und Versicherungsunternehmen auf Herz und Nieren, damit Versicherte auch im Ernstfall keine negativen Überraschungen erleben. Für diesen Award filtern wir die leistungsstärksten und besten Angebote aus dem Markt.“

Leistungs- und Serviceanalyse

Für den Award haben Franke und Bornberg und DISQ Versicherer und deren Produkte untersucht. Anhand von über 5.000 Versicherungsdatensätzen wurde eine Leistungsanalyse durchgeführt. Es folgte eine umfassende Serviceanalyse der einbezogenen Unternehmen mit den besten Produkten. Diese fand mithilfe von verdeckt initiierten Telefonberatungen, E-Mail-Anfragen und Internet-Usability-Tests statt. Insgesamt flossen 930 Servicekontakte ein. Beim Gesamtergebnis der Kategorien spielen zudem die Resultate der Leistungsanalyse (Leistungen und Prämien) mit 66,7% und die der Serviceanalyse mit 33,3% eine Rolle.

The winners are …

Diese Versicherer erhalten den Deutschen Versicherungs-Award 2024

Und wer sind nun die diesjährigen Sieger? In der Kategorie „Altersvorsorge“ liegt Europa als Gesamtsieger ganz vorne. In der Kategorie „Fahrzeugversicherung“ verteidigt HUK-Coburg den Gesamtsieg aus dem letzten Jahr. In der Kategorie „Rechtschutzversicherung“ dürfen sich in diesem Jahr Allrecht, Auxilia und Württembergische freuen. Gesamtsieger beim „Privatschutz“ wird VHV.

In der Kategorie „Gesundheit“ gibt es einmal den Gesamtsieger im Bereich „PKV-Vollversicherung“: ARAG. Und im Bereich „PKV-Zusatzversicherung“: SDK.

Die Kategorie „Risiko und Unfall“ führen heuer bei der „Risikolebensversicherung“ CosmosDirekt, Ideal sowie LV 1871 an. In derselben Kategorie dürfen sich im Bereich „Unfallversicherung“ Baloise, Die Haftpflichtkasse und Interrisk Sieger nennen.

Dieses Jahr landet in der Kategorie „Arbeitskraftabsicherung“ VOLKSWOHL BUND auf Platz 1. In der Kategorie „Gewerbeversicherung“ sind bei „Cyberversicherung“ Baloise, Provinzial und VHV vorne mit dabei. Die beste Beurteilung in derselben Kategorie im Produktbereich „Betriebshaftpflichtversicherung“ holen sich Allianz, BGV und VHV, bei „Gewerbliche Rechtsschutz“ sind es ARAG, Roland und VHV, bei „Inhaltsversicherung“ Allianz, BGV und Generali Deutschland.

In der Kategorie „Private Cyberversicherung“ gibt es ebenfalls drei Sieger: Inter, Öffentliche Sachversicherung Braunschweig und VGH Versicherungen. Die Kategorie „Nachhaltigkeit“ gewinnt als Unternehmen Barmenia. Die Preisträger finden sich in der Tabelle, weitere Informationen zum Award gibt es unter vers-award.de. (lg)

Bild: © Marcel – stock.adobe.com

 

„Wir müssen zeigen, was Versicherungsschutz wert ist“

Nach über 40 Jahren beim VOLKSWOHL BUND, nach mehr als 25 Jahren als Vertriebsvorstand, davon sieben Jahren als CEO, geht Dietmar Bläsing zum 30.04.2024 in den Ruhestand. Sein Anliegen bleibt aber weiterhin, den Wert des Versicherungsschutzes und der Beratung in den Mittelpunkt zu rücken.

Interview mit Dietmar Bläsing, Vorstandssprecher der VOLKSWOHL BUND Versicherungen
Herr Bläsing, wie ist Ihre Gefühlslage so kurz vor dem Ruhestand?

Im Moment habe ich noch keine Wehmut, aber nach über 40 Jahren geht man sicher mit einem Tränchen im Knopfloch. Aber es gibt das schöne Gefühl, alles in gute Hände zu geben. Bekanntermaßen habe ich zwei Nachfolger, da ich Vorstand Vertrieb und Marketing sowie Personal als auch seit sieben Jahren Sprecher des Vorstandes und CEO bin. Als Vorstandsvorsitzender wird mir Gerrit Böhm und als Vertriebsvorstand Stefanie van Holt folgen, die beide schon seit 17 Jahren im Haus und beide 42 Jahre alt sind.

Die Nachfolgeplanung erfolgte früh. Ist das normal?

Für unser Haus ist es das. Wir haben bei uns im Leitbild stehen, dass wir Führungspositionen über alle Hierarchieebenen hinweg möglichst aus den eigenen Reihen besetzen. Das geht nicht immer, aber das war bei mir so und ist auch bei den beiden Nachfolgern so. Wir tragen sozusagen die DNA des VOLKSWOHL BUND in uns.

Es ist mir ganz wichtig, dass alles rechtzeitig vorbereitet ist. Je schwieriger die Zeiten sind, desto wichtiger ist es für unsere Vertriebspartner, einen verlässlichen Produktpartner zu haben. Und ich glaube, dass man Kontinuität am besten mit Personenkontinuität erreicht. Meine beiden Nachfolger müssen sich nicht erst beweisen, beide haben alle Entscheidungen mitgetroffen und mitgestaltet. Natürlich werden sie neue Spuren ziehen, aber sie werden die Richtung beibehalten. Damit bleibt der VOLKSWOHL BUND berechenbar. Das ist eines der höchsten Güter, die man heute im Maklermarkt haben kann.

Werden Sie in den Aufsichtsrat wechseln?

Nein. Eine Cool-down-Phase macht ja durchaus Sinn, so ist es auch in der Corporate Governance festgehalten. Im Übrigen haben wir nur vier gewählte Aufsichtsräte aus der Mitgliedervertretung plus zwei Arbeitnehmervertreter. Mit dem Kollegen Joachim Maas ist ein ehemaliger Vorstand im Aufsichtsrat vertreten und dann wäre mit mir schon ein zweiter Posten von den vieren mit einem ehemaligen Vorstand besetzt.

Ausschließen wollen Sie es nicht, aber ein direkter Wechsel wird es eben nicht?

Genau. Ich bin seit knapp zwei Jahren Aufsichtsrat der Telis Finanz in Regensburg. Das macht viel Spaß und erlaubt mir zu sehen, wie die Vermittlerseite tickt. Da ist auch eine ganze Menge zu tun und das werde ich auch weitermachen.

Sie haben vorhin gesagt, in schwierigen Zeiten ist es wichtig, Kontinuität zu halten. Was machen die schwierigen Zeiten aus?

Also, für mich steht hierfür ein Thema, das über unsere Branche hinausgeht: Die Regulatorik belastet uns alle und ich würde sogar sagen, sie belastet uns über Gebühr. Wir haben hohe regulatorische Anforderungen und unsere Vertriebspartner auch. Und es ist kein Ende in Sicht.

Aus Sorge heraus, dass uns dies alles auffrisst, habe ich gerade ausrechnen lassen, wie viel Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich eigentlich mit der Regulatorik beschäftigen. Wir haben dabei festgestellt, dass ein Drittel der Neueinstellungen sich mit unserem Geschäftsmodell beschäftigt, also mit Vorgängen wie Leistungsfällen oder Kundenanfragen. Ein zweites Drittel geht in die IT. Aber ein Drittel ist für die Regulatorik. Eine erste Abfrage hat ergeben, dass sich jeder sechste, knappe 17%, unserer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mittlerweile mit dem Thema Regulatorik beschäftigt, zumindest anteilig. Um es plakativ auszudrücken: Wir arbeiten im Jahr bis zum 01.03. nur für die Regulatorik.

Dabei gibt der GDV so viel Geld für Lobbyarbeit aus …

Ich sage, dieses Geld ist wirklich nötig. Man sieht ja den dringenden Bedarf. Ich will noch mal eine andere Zahl nennen. Wir haben über den dicken Daumen gerechnet rund 65 Mio. Euro Personalaufwendungen, Gehälter und Sozialleistungen, das heißt, 11 Mio. Euro, ein Sechstel, geht rein für Regulatorik an Personalkosten drauf.

Und jetzt kommt der Punkt, der mich umtreibt: Wir hören immer wieder, wenn ich mir zum Beispiel die Kleinanleger-Verordnung anschaue, den Begriff des „Value for Money“. Also, was ist der Wert einer Beratung? Die Beratungsleistung unserer Vertriebspartner wird dabei nur auf Kosten reduziert, der Nutzen wird nicht gesehen. Und an dem Punkt sage ich: Was glaubt ihr eigentlich, wovon wir die Regulatorik bezahlen? Das zahlen die Kunden. Regulatorik ist mittlerweile ein tariferhebliches Element. Wir müssen deshalb fragen: Was ist eigentlich der Wert der Regulatorik? Also, der Value for Money?

Und noch ein Punkt: Wir haben einen War for Talents. Es gibt einen scharfen Wettbewerb um Fachkräfte. Das heißt, wir müssen überhaupt die Menschen finden, die diese Arbeit leisten.

Lassen Sie uns auf die Zinswende sehen. Positiv oder negativ für die Versicherer?

Im Saldo ist die Entwicklung positiv. Wir haben ca. 1,6 Mrd. Euro Beitragseinnahmen beim VOLKSWOHL BUND und der Dortmunder Leben. Dem stehen knapp 100 Mio. Euro in der Sachversicherung dagegen. Mit dem Schwerpunkt Leben sind wir natürlich froh, dass die Zinsen wieder höher sind und man wieder Alternativen in der Kapitalanlage hat. Es stimmt, Anlagen, die wir in letzter Zeit getätigt haben, laufen teilweise in den Bereich der stillen Lasten rein. Das ist aber weiter nicht schlimm, denn wir machen keine Kapitalanlagen, um zu traden. Wir machen dies in der Regel in einer Buy-and-Hold-Strategie und am Ende der Laufzeit lösen sich die stillen Lasten wieder auf.

Spüren Sie nicht, dass andere Sparformen bevorzugt werden?

Also, im Neugeschäft gar nicht, im Gegenteil. Wir haben das beste Neugeschäft unserer Unternehmensgeschichte verzeichnet. Wir haben 2023 etwa gute 20% mehr gehabt als im Vorjahr, und wir haben sogar 10% mehr gehabt als 2021. Warum betone ich das so?

Wir waren immer starker Riester-Anbieter. Rund 20% unseres Neu­geschäfts waren Riester-Verträge. Dieses Geschäft ist 2021 komplett eingebrochen wegen der Rechnungszinssenkung. Nachdem diese 20% an Neugeschäft weggefallen waren, hatten wir 2022 schon „nur“ ein Minus von 10%, also die Hälfte haben wir sozusagen aufgefangen, und 2023 konnten wir sogar aufbauen, also 10% Plus zu 2021 und 20% Plus zu 2022.

Wir haben uns sehr, sehr stark auf das bAV-Geschäft konzentriert. Mit einem neuen fondsgebundenen Tarif, der Garantie und trotzdem von Beginn an bis zu 100% Fondsquote bietet, haben wir einen echten Hin­gucker. Auch prozessual haben wir einiges getan. Wir haben unsere Leben-Vertriebseinheit aufgeteilt in Leben Privat­kunden und Leben Firmenkunden/bAV, um einfach eine prozessuale Exzellenz herzustellen. Das Ergebnis ist ein immenser und für mich zuerst fast nicht vorstellbarer Erfolg. Das war wirklich toll. Es war mein letztes volles Geschäftsjahr, daher bin ich natürlich besonders froh. Aber bevor Sie fragen: Auch der Jahresstart 2024 toppt die Vorjahre, insofern wird auch Stefanie van Holt einen guten Start haben.

Die Branche wartet nun auf die Reform der Altersvorsorge. Was halten Sie davon, dass es andere Auszahlungsformen geben und die lebenslange Rente fallen soll?

Also, ich halte das für eine Katastrophe und ich empfinde das Menschenbild, das dahintersteht, schlimm. Also, das, was man aus der Fokusgruppe Altersvorsorge gehört hat: Bis 85 oder 87 kriegt man die Rente, und wer dann noch lebt, bekommt halt Bürgergeld. Aber das Leben hat doch auch bis 95 noch seinen Wert.

Die Kampagne des GDV „Du lebst sieben Jahre länger“ zeigt doch, wie falsch die Menschen ihre Lebenserwartung einschätzen. Wenn sich Menschen einen Auszahlplan selbst schneidern sollen, muss man damit rechnen, dass in 50% der Fälle am Ende des Geldes noch Leben über ist. Das ist der falsche Weg für eine geförderte Rente.

Was halten Sie von den anderen Plänen?

Ich finde erst mal gut, dass die Bürgerrente vom Tisch zu sein scheint. Ein zusätzliches Obligato­rium ist nicht gut und ich denke, Altersvorsorge sollte auf freiwilliger Basis passieren, mithilfe von Anreizen. Zudem bin ich dafür, eine Ver­sicherungspflicht für Selbstständige einzuführen.

Und ich finde eine gewisse Form von Garantien nicht verkehrt. 100% braucht es aber nicht mehr, das ist klar. Also, ich könnte mir gut vorstellen, dass man sagt, eine lebenslange Rente sollte sein und wir würden eine Garantie von 60, 70 oder 80% für die geförderte Rente empfehlen.

Gehen wir noch mal in Richtung Unternehmen zurück. Wie ist es, für einen Versicherungsverein zu arbeiten?

Toll. Du hast ganz andere Möglichkeiten, bei einem mittelständischen Unternehmen Einfluss zu nehmen. Mein Werdegang vom Azubi über die ganze Strecke wäre vielleicht woanders gar nicht so möglich gewesen.

Als ich hier 1983 angefangen habe, waren wir ein reiner Ausschließlichkeitsversicherer. Der VOLKSWOHL BUND hatte 500 im Wesentlichen angestellte Ausschließlichkeitsmitarbeiter. Die Aufgabe war es, diese Organisation effizient zu machen. Das hat irgendwie nicht geklappt.

Ich war damals mit der Ausbildung fertig und bin in die Verkaufsförderung gekommen, dann später ins Marketing. Zu dem Zeitpunkt waren die Kostensätze immens und die Situation war existenzgefährdend. Deshalb hat man sich den freien Vertriebspartnern zugewandt. Doch wir mussten diese erst mal überzeugen. Zusammen mit Dr. Ulf-Gerhard Gude, Versicherungsmathematiker und damals gerade von der Uni, sollten wir nun Produkte machen. Das war eine geile Aufgabe, einfach irre, und wir hatten viele gute Ideen. Unsere IT war damals ziemlich modern und das alles fand Widerhall bei den Maklern. Wir haben erstmals Ver­sicherungsverträge grafisch dargestellt, mit Rückkaufswerten und Todesfallverläufen bis hin zur Ablaufleistung. Wir hatten anfangs auch so was wie Welpenschutz, das hat dann irgendwann nachgelassen. Ende der 90er etwa fanden auch viele den Namen VOLKSWOHL BUND sehr antiquiert. Das hat sich dann 2001 mit Platzen der Dotcom-Blase komplett geändert, als die damaligen Highflyer kaputtgingen und Tradition wieder gefragt war.

So kam für mich die Chance, Leiter in der Verkaufsförderung zu werden, dann Hauptabteilungsleiter im Marketing. 1997 wurde ich in den Vorstand berufen, dort, wo ich praktisch 13, 14 Jahre vorher noch die Ausbildung gemacht habe, das ist schon einzigartig, und jetzt komme ich zu der Frage: Ich glaube, das geht nur in so einem familiären Umfeld eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit. Deshalb bin ich dem Hause extrem dankbar und hatte auch nie irgendwelche Wechselabsichten.

Als Maklerversicherer glücklich, kann man sagen. Gilt das auch heute und in Zukunft noch?

Das gilt heute allemal, und auch in Zukunft. Ich darf da noch mal so Ende der 80er, Anfang der 90er ansetzen, als wir den Ausschließlichkeitsvertrieb noch hatten. Wir haben die Ausschließlichkeit nie abgeschafft, Makler sollten ein zweiter Vertriebsweg werden. Aber es war ein Evolutionsprozess, auch die Bezirks- und Filialdirektionen haben erkannt, welche Chancen darin lagen, Makler als Vertriebspartner zu gewinnen. Und so sind wir quasi zum Maklerversicherer geworden.

Für mich war es immer eine tolle Sache, Maklerversicherer zu sein. Warum? Weil ich mich immer vor die Makler stellen konnte und nicht mehreren Herren dienen musste. Der Makler ist der Souverän, er entscheidet, was beim Kunden passiert. Die Zukunft sehe ich für Makler durchaus rosig. Sie ist aber natürlich ein bisschen anders als bisher. Wir sehen eine deutliche Tendenz hin zu größeren Einheiten. Damit meine ich sowohl Vertriebe als auch Verbünde und Pools.

Wächst der Druck auf die Versicherer vonseiten der größeren Einheiten?

Ja, das muss man schon sagen, tendenziell ist das so. Natürlich wird das Geschäft an sich schon ein bisschen teurer. Wenn ein einzelner Makler vielleicht 40 oder 43 Promille bekommt, ist das weniger, als wenn ich über einen Pool abrechne. Aber man muss natürlich auch fairerweise die Dienstleistung des Pools gegenrechnen.

Sie stehen für eine gewisse Menschlichkeit in der Branche. Das ist nicht überall so, oder?

Das würde ich gar nicht so sagen. Gerade bei Maklerversicherern gibt es ein sehr kooperatives Netzwerk, alles natürlich im Rahmen des kartellrechtlich Zulässigen. Wir haben die Deutsche Makler Akademie gegründet und Single Sign-On. Die Maklerversicherer stehen schon für eine gewisse Menschlichkeit und ein gewisses Mit­einander.

Ich nenne das immer die große Kuchen-Theorie: Lasst uns gemeinsam einen großen Kuchen machen, dann werden auch die einzelnen Stücke für jeden größer. Wir wollen unsere Vertriebspartner gemeinsam über die nächste und die übernächste regulatorische oder sonstige Hürde hieven. Das erhöht die Vertriebskapazität als Ganzes, der Wettbewerb findet dann also auch in einem größeren Ganzen statt.

Aber noch mal kurz: Ich bin gerne mit Kollegen zusammen. Und das gilt ausdrücklich auch für die Vertriebspartner, mit denen wir ja auch gemeinsam in einem Boot sitzen und es nur funktioniert, wenn wir gemeinsam in eine Richtung rudern.

Was werden Sie vermissen?

Ich werde natürlich den Umgang hier in unserem Hause vermissen. Ich arbeite schon so lange mit den Menschen zusammen, da entstehen echte Freundschaften. Dieses tägliche Miteinander wird mir fehlen. Ich liebe diesen Laden wirklich. Und ich meine das so pathetisch, wie ich das sage, auch wenn ich vorhin sagte, es ist noch keine Wehmut dabei. Ver­mutlich wird diese aber doch noch kommen.

Was werden Sie nicht vermissen?

Was ich nicht vermissen werde, ist die Regulatorik. Die nervt mich wirklich unendlich. Und mich nervt auch, dass die eminent wichtige Leistung unserer Vertriebspartnerinnen und Vertriebspartner so oft diskreditiert wird.

Ich war vor Kurzem auf dem Vertriebskongress eines Partners. Dabei war auch eine Dame im Rollstuhl, bei der eine Bandscheiben-OP misslang. Sie schilderte auf eindrucks­volle Art und Weise: „Was habe ich mich über meinen Berater geärgert, dass er so hartnäckig war, was habe ich mich über mich geärgert, dass ich unterschrieben habe und ab da jeden Monat zahlen musste. Aber was war ich diesem Menschen dankbar, nachdem ich aus der OP erwacht war und wusste, ich kann nicht mehr aufstehen.“

Das war sehr emotional. Wir müssen über die Menschen reden, denen wir in schlimmen Zeiten zur Seite stehen. Wir müssen zeigen, was Versicherungsschutz wert ist, und das zeigen wir, indem wir Menschen in den Mittelpunkt holen.

So geht es weiter

Zum 01.05.2024 übernimmt Dr. Gerrit Böhm den Vorstandsvorsitz des VOLKSWOHL BUND. Er ist seit 2007 bei dem Maklerversicherer und seit sieben Jahren im Vorstand des VOLKSWOHL BUND als auch dessen Tochter, der Dortmunder Leben.

Zum selben Zeitpunkt übernimmt Stefanie van Holt das Ressort Vertrieb, Marketing, Vertriebsservice und Personal von Dietmar Bläsing. Nach dem Studium und kurzem Intermezzo bei der BCG Group startete sie 2007 beim VOLKSWOHL BUND und ist dort seit 2010 als Hauptabteilungsleiterin für verschiedene Bereiche im Vertriebsressort, zuletzt für Vertriebsservice und -systeme, tätig.

Zusammen mit der Versicherungsmathematikerin Celine Carstensen-Opitz, die seit 2009 bei dem Dortmunder Versicherer ist, bilden Böhm und van Holt ab Mai den Vorstand des VOLKSWOHL BUND.

Dietmar Bläsing plant für seinen Ruhestand eine Reise nach Japan und nach Australien und will mehr Zeit mit Familie und seinen vier Enkelkindern verbringen. Zudem wird er sich weiter als Aufsichtsrat bei Telis engagieren und die ihm am Herzen liegenden Themen rund um Versicherung und Maklerschaft weiterverfolgen.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 03/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © Dietmar Bläsing, VOLKSWOHL BUND

 
Ein Interview mit
Dietmar Bläsing

„Auch die Versicherungswirtschaft ist nach wie vor nicht diskriminierungsfrei“

Die Gewerkschaft ver.di macht sich auch in der Versicherungsbranche stark für Equal Pay. Martina Grundler, Expertin für die Branche, sieht aber noch an anderen Stellen Handlungsbedarf. Im Interview spricht sie u. a. über das Engagement der Mitglieder in der Gewerkschaft, Teilzeitarbeit sowie neue Entwicklungen wie New Work und KI. Dabei hat sie auch Ideen gegen den Fachkräftemangel.

Interview mit Martina Grundler, bei ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Expertin für die Versicherungsbranche
Frau Grundler, der Equal Pay Day und der Weltfrauentag nähern sich wieder. Zeit, zu hinterfragen, wie es um die Situation der Frauen in der Versicherungsbranche steht. Wie würden Sie diese beschreiben?

Auf den ersten Blick sieht es in der Branche ganz gut aus: Wir haben eine hohe Tarifbindung und Tarifverträge sind ein Garant dafür, dass gleiche Arbeit auch gleich bezahlt wird. Wir als Gewerkschaft nehmen darüber hinaus Regelungen im Tarifvertrag in den Blick, die diskriminierend wirken können.

Der zweite Blick verrät dann aber, dass auch die Versicherungswirtschaft nach wie vor nicht diskriminierungsfrei ist. Auch wenn es in den letzten Jahren Fortschritte gegeben hat und viele Unternehmen Maßnahmen zur Frauenförderung auflegen. Frauen arbeiten auch heute oft in der Sachbearbeitung oder im Kundenservice, nicht in den besser bezahlten Bereichen. Nach einer britischen Studie könnte Lohnungleichheit durch die zunehmende Digitalisierung der Branche noch verstärkt werden, weil Männer durch geschlechtsspezifische Kompetenzzuschreibung häufiger Stellen erhalten, die technische Qualifikationen erfordern und besser bezahlt werden.

Auch beim Blick auf die Führungsebenen zeigt sich, dass es Handlungsbedarf gibt. Obwohl fast die Hälfte der Mitarbeitenden Frauen sind, ist der Anteil an weiblichen Führungskräften – vor allen Dingen in den höchsten Führungsebenen – nach wie vor deutlich geringer.

Einige Unternehmen der Branche untersuchen zwischenzeitlich systematisch, ob Frauen auf gleichen oder vergleichbaren Positionen im Unternehmen genauso wie Männer bezahlt werden, und heben die Gehälter von Frauen an, wenn ein unterschiedliches Bezahlungsniveau festgestellt wird. Solche Initiativen sind insbesondere bei übertariflicher Bezahlung notwendig.

Der Equal Pay Day soll auf die weiterhin bestehende Lohnlücke zwischen Männern und Frauen aufmerksam machen. Haben Sie Beispiele, welche Maßnahmen helfen können, damit der Equal Pay Day irgendwann am 01.01. stattfindet, also das Lohngefälle nicht mehr existiert?

Ein wesentlicher Grund für das Lohngefälle ist aus meiner Sicht nicht, dass Frauen für die gleiche Arbeit in der Branche schlechter bezahlt werden, sondern dass es nach wie vor die Frauen sind, die Elternzeit nehmen und danach oft mit Teilzeit in den Beruf zurückkehren. Die männlichen Kollegen ziehen dann in der beruflichen Entwicklung an den Frauen vorbei und gut bezahlte und qualifizierte Tätigkeiten sind männlich besetzt. Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die viele Unternehmen ja aufgelegt haben, sind da wichtig. Was aber selten angeboten wird, meiner Meinung nach aber zentral wäre, sind gute betriebliche Kinderbetreuungsangebote, damit Frauen früher in Vollzeit zurückkehren können. Genauso wichtig wären Konzepte, die es ermöglichen, fachliche Karrieren oder Führungsaufgaben auch in Teilzeit zu übernehmen. Bei Rückkehr in den Beruf nach der Familienphase spielen auch Beratungs- und Coachingangebote eine wichtige Rolle, um die Lohnlücke zu schließen. Neben der gezielten Förderung von Frauen zur Übernahme von Führungsfunktionen, die eine Reihe von Unternehmen ja umsetzen, sollte auch die gezielte Förderung von Frauen zur Übernahme von technisch geprägten Stellen und Stellenprofilen in den Blick genommen werden.

Was raten Sie Frauen in puncto Bezahlung – auch außerhalb eines Tarifvertrags? Etwa in Führungspositionen oder auch bei Versicherungsmaklerunternehmen?

Wichtig wäre aus meiner Sicht, über Gehälter in den Unternehmen zu sprechen und mehr Transparenz über Bezahlung herzustellen, als wir heute haben. Denn die Auskunftsrechte durch das Entgelttransparenzgesetz reichen aus meiner Sicht nicht aus, um ausreichend Transparenz über die tatsächliche Situation im jeweiligen Betrieb zu erhalten. Nur wenn wir aufhören, die konkreten Gehälter als Tabu zu behandeln, kommen wir geschlechtsspezifischen Unterschieden wirklich auf die Spur. Da, wo es einen Betriebsrat gibt, würde ich raten, den auch einzuschalten. Der Betriebsrat ist gesetzlich verpflichtet, ungleiche Behandlung und Diskriminierung aufzugreifen und vom Arbeitgeber Abhilfe zu verlangen.

Engagieren sich denn Frauen, die in der Versicherungsbranche tätig sind, ausreichend in der Gewerkschaft?

Das Problem ist weniger, dass sich die Frauen zu wenig engagieren, sondern dass sich die Beschäftigten insgesamt zu wenig engagieren. Der Frauenanteil bei unseren Mitgliedern in der Versicherungsbranche liegt leicht über 50%, aber nur rund 10% aller Beschäftigten sind gewerkschaftlich organisiert. Um gute Arbeitsbedingungen durchzusetzen, brauchen wir mehr Gewerkschaftsmitglieder.

Sie haben bei den Tarifvertragsabschlüssen auch einiges in Sachen Teilzeit erreicht. Ein Thema, das weiterhin vor allem Frauen betrifft. Mit welchen Folgen?

Beispielsweise konnten wir durchsetzen, dass in der Branche jetzt auch Überstundenzuschläge bei Teilzeitarbeitsverhältnissen nach Überschreiten der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit gezahlt werden, nicht erst beim Überschreiten der tariflichen Arbeitszeit von 38 Stunden. Da die meisten Teilzeitbeschäftigten Frauen sind, profitieren vor allen Dingen weibliche Beschäftigte von dieser Regelung. Die bisherige Regelung ging von der Vollzeit als Regel aus, und das bildet eben nicht die Realität vieler weiblicher Beschäftigter ab.

Aktuell verhandeln wir mit dem Arbeitgeberverband über ein Rückkehrrecht auf Vollzeit für die Kolleginnen und Kollegen, die in der sogenannten Teilzeitfalle sitzen, deren Teilzeitarbeitsverhältnis also vor Einführung des gesetzlichen Rückkehrrechtes begonnen hat. Denn obwohl die Unternehmen Fachkräftemangel beklagen, gibt es Kolleginnen und Kollegen, die die Arbeitszeit erhöhen wollen, aber kein Angebot vom Unternehmen bekommen.

Sie fordern einen Rechtsanspruch auf Home-Office. Was sehen Sie im Rahmen von New Work und Diversität auf die Branche zukommen?

Wir fordern nicht nur ein Recht auf Home-Office, sondern auch gute Rahmenbedingungen für das Home-Office. Die Arbeitswelt verändert sich ja nicht nur an diesem Punkt fundamental. Arbeit kann heute unabhängig vom Arbeitsort erledigt werden. Viele, gerade jüngere, Beschäftigte wünschen sich mehr Zeitsouveränität, wollen also stärker mitbestimmen, wann und wie viel sie arbeiten. Neue Arbeitsformen schaffen neue Formen der selbstbestimmten und sinnstiftenden Arbeit. Die Auflösung alter Stellenprofile, diverse Teams und höhere Selbstverantwortung können aber auch neue belastende Probleme schaffen. Die Herausforderung besteht daraus, sichere Arbeitsbedingungen zu erhalten, indem tarifvertragliche Regelungen den neuen Bedingungen angepasst werden, ohne deren Schutzfunktion aufzugeben.

Lange Zeit war die Versicherungswelt männlich geprägt und die entsprechenden Strukturen herrschen teilweise noch vor. Liegen dann vielleicht auch Schlüssel gegen den Fachkräftemangel in New-Work-Konzepten und diversen Teams?

Mit der Veränderung der Arbeitswelt verändern sich auch die Unternehmenskulturen und die Qualifikationsanforderungen an die Beschäftigten. Zum Beispiel haben die Fähigkeit zur Selbstorganisation, Resilienz und Teamfähigkeit heute einen ganz anderen Stellenwert in der Arbeitswelt als früher. Das ist aus meiner Sicht auch eine große Chance für Frauen.

Die Digitalisierung und KI sind ein großes Thema der Branche. Machen Sie sich Sorgen um die Beschäftigten?

Bisher hat die Digitalisierung ja noch nicht die Rationalisierungspotenziale gebracht, die mal befürchtet wurden. Aber gerade der Einsatz von KI ist noch mal ein qualitativ neuer Schritt und stellt uns vor eine Reihe von Fragen, auch zum Wert und damit letztlich zur Bezahlung von menschlicher Arbeit. Wir stellen fest, dass mit der Digitalisierung von Arbeitsprozessen offenbar eine immer höhere Arbeitsbelastung und Druck auf die Beschäftigten entsteht. Bei allen Befragungen von Beschäftigten ist Arbeitsbelastung und Druck ein, wenn nicht das zentrale Thema. Das wird daher auch in unserer Arbeit und bei künftigen Tarifforderungen einen anderen Stellenwert haben als in der Vergangenheit.

Ein Blick in die Zukunft: Welche Entwicklung würden Sie in den nächsten fünf bis zehn Jahren in der Versicherungsbranche gerne sehen?

Die Versicherungswirtschaft hat sich gerade auch in den aktuellen Krisen als sehr stabil und wirtschaftlich stark erwiesen. Das ist auch das Ergebnis der Arbeit und des Engagements der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Schaut man sich die Entwicklung der Geschäftsergebnisse einerseits und die Entwicklung der Einkommens- und Arbeitsbedingungen andererseits an, wird es aus unserer Sicht Zeit, dass die Beschäftigten stärker Berücksichtigung finden. Das heißt jetzt erst mal, dass die in den vergangenen Jahren inflationsbedingt eingetretenen Reallohnverluste durch entsprechend gute Tarifabschlüsse wieder ausgeglichen werden müssen. Das bedeutet außerdem, dass die Produktivitätssteigerungen auch genutzt werden, um mehr Zeitsouveränität für die Beschäftigten umzusetzen, und in der Perspektive ist auch die Frage nach der Arbeitszeit wieder auf der Tagesordnung. Der Wandel in der Branche ist so rasant, dass Qualifizierung ein immer wichtigerer Themenkomplex ist. Wir wollen Qualifizierungskonzepte, die es ermöglichen, dass alle Beschäftigten auch eine Zukunft in der neuen, digitalen Versicherungswelt haben.

Aktuell halte ich darüber hinaus das Thema altersgerechtes Arbeiten für ein wichtiges Thema. Fachkräftemangel begegne ich nicht nur, indem ich attraktiv für junge Beschäftigte bleibe, sondern auch indem ich den Rahmen für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer so gestalte, dass sie nicht vorzeitig in den Ruhestand gehen und gehen wollen. Konzepte für einen gleitenden, schrittweisen Übergang in den Ruhestand sind vor dem Hintergrund der Altersstruktur der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus meiner Sicht ein Gebot der Stunde.

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Ein Interview mit
Martina Grundler

Diese Versicherer sind unter Deutschlands Top-Arbeitgebern

FOCUS-BUSINESS hat auch dieses Jahr wieder die besten Arbeitgeber Deutschlands ermittelt. Unter den branchenübergreifenden Top 50 befinden sich fünf Versicherer. Welche Unternehmen haben es in die Spitzengruppe geschafft?

Welche Arbeitgeber in Deutschland zeichnen sich durch gute Arbeitsbedingungen und hohe Mitarbeiterzufriedenheit aus? Das hat erneut FOCUS-BUSINESS gemeinsam mit Recherchepartner Fact Field ermittelt. Um in das Ranking einbezogen zu werden, müssen Firmen mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigen, zum Stichtag genügend Mitarbeiterbewertung erhalten sowie gewisse Mindestkriterien erfüllen.

Neben den Siegern aus 31 Branchen wurden die Top-Arbeitgeber auch in einer branchenübergreifenden Liste gekürt.

Fünf Versicherer unter den 50 besten Arbeitgebern Deutschlands

Insgesamt befinden sich fünf Versicherer unter den Top 50 der besten Arbeitgeber in Deutschland: Swiss Life (Platz 16), Zurich Gruppe Deutschland (Platz 20), R+V Allgemeine (Platz 27), SV SparkassenVersicherung (Platz 31) sowie AXA (Platz 32).

Die Top 10 der Branchenliste „Versicherung“, auf die es 53 Unternehmen geschafft haben, enthält neben den oben genannten Unternehmen zudem noch die folgenden: Pronova BKK, ARAG SE, DEVK, Allianz und Provinzial.

Zurich und Signal Iduna erhalten zusätzlich Diversity-Empfehlung

Insgesamt haben 2024 rund 1.000 Unternehmen die Auszeichnung „Top-Arbeitgeber“ erhalten, so FOCUS-BUSINESS. Davon erhielten 14 Unternehmen – deren Unternehmenskultur im Rahmen der Befragung als „besonders divers“ wahrgenommen wurde – zusätzlich eine sogenannte Diversity-Empfehlung, darunter auch die Zurich Gruppe Deutschland sowie die Signal Iduna Gruppe. Die vollständigen Listen der Top-Arbeitgeber 2024 können hier eingesehen werden. (js)

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