Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt, mit dem ein Missstand in der Mustervorlage zur Ausgestaltung von Widerrufsbelehrungen ausgemerzt werden soll. Die bisher gültige Vorlage hatte nicht den Anforderungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) genügt.
EuGH erklärt Widerrufsbelehrung für unzulässig
Im März diesen Jahres fällte der EuGH ein Urteil von großer Tragweite. Der Gerichtshof hatte eine gängige Passage in Verbraucherkreditverträgen für unzulässig erklärt. Die Passage entstammte der Standard-Widerrufsbelehrung des Gesetzgebers und findet sich deshalb in zahllosen Verbraucherkreditverträgen, die seit 2010 geschlossen wurden. (AssCompact berichtete)
EU-Richtlinie nicht erfüllt
Den Richtern am EuGH zufolge, erfülle der Musterwiderruf nicht die Anforderungen, die in der EU-Richtlinie 2008/48 festgeschrieben wurden. Die EU-Richtlinie sieht vor, dass eine Widerrufsbelehrung klar und prägnant zu erfolgen habe. Das sei im Falle des deutschen Mustertextes nicht gegeben. Die 14-tägige Widerrufsfrist beginnt erst zu laufen, nachdem einem Verbraucher alle Pflichtangaben zugegangen sind. In der alten Fassung der Widerrufsbelehrung war nicht klar, welche Pflichtangaben das genau umfasst und ab welchem Zeitpunkt die Widerrufsfrist zu laufen beginnt. Aus diesem Grund hatte die 14-tägige Widerrufsfrist für Millionen von Verbraucherkreditverträgen nie wirklich begonnen.
BGH sieht Gesetzlichkeitsfiktion intakt
Dementsprechend war davon auszugehen, dass jedem Verbraucher, der einen derartigen Kreditvertrag abgeschlossen hat, ein ewiges Widerrufsrecht zusteht – ein sogenannter Widerrufsjoker. Doch dazu kam es bisher nicht. Wie einem Beschluss des BGH kurz nach der Entscheidung des EuGH zu entnehmen war, können solche Verträge nicht ohne Weiteres massenweise rückabgewickelt werden. Die Mustervorlage sei zu dem Zweck erstellt worden, dem Nutzer eine rechtskonforme Widerrufsbelehrung zu bieten. Das Gericht könne sich diesbezüglich nicht über den Willen des Gesetzgebers hinwegsetzen. Selbst wenn die Widerrufsbelehrung europäischem Recht nicht genüge, bliebe die Gesetzlichkeitsfiktion erhalten. Wer also eine vom Gesetzgeber veröffentlichte Vorlage nutzt, muss sich auch darauf verlassen können, dass diese zulässig ist. (AssCompact berichtete)
BMJV versucht den Schaden zu begrenzen
Doch da offen bleibt, ob sich der Staat nicht letztlich selbst haftbar für die fehlerhafte Widerrufsbelehrung macht, zieht es das BMJV nun vor, eine Gesetzesänderung vorzunehmen, die mit einschlägigem EU-Recht kompatibel ist. Der Gesetzesentwurf ist hier zu finden. (tku)
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