Vor Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung ist es üblich, dass man einen Gesundheitsfragebogen ausfüllen muss, in dem die Erkrankungen der letzten Jahre angegeben werden. Selbstverständlich ist dabei nicht jedes Wehwehchen relevant. Und auch ein komplikationslos verheilter Bruch ist meist nicht von Belang. Welche Auswirkungen es auf das Versicherungsverhältnis hat, wenn ein Bruch sich nachträglich doch als risikoerhöhend herausstellt, geht aus einem Fall hervor, der sogar bis vor dem Bundesgerichtshof (BGH) gelandet ist.
Einfache Frakturen irrelevant für BU
Im konkreten Fall hatte ein Mann eine Lebensversicherung abgeschlossen, die auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) umfasste. Im Zuge dessen, wurde er gebeten einen Gesundheitsfragebogen auszufüllen, der alle ambulanten Behandlungen der letzten fünf Jahre und alle stationären Behandlungen der letzten zehn Jahre umfassen sollte. Einfache, folgenlos verheilte Knochenbrüche ohne Gelenkbeteiligung seien jedoch nicht von Relevanz, war in dem Fragebogen vermerkt. Auch der Versicherungsvertreter des Versicherers bestätigte, dass eine Fraktur des linken Wadenbeins, die der Mann sich im Vorjahr zugezogen hatte, unerheblich sei.
Gelenkbeteiligung wird nachträglich offenbar
Im Rahmen einer anderen Erkrankung des Mannes, die von 2013 bis 2015 zu Leistungen aus der BU führte, wurde die Versicherung darauf aufmerksam, dass die Wadenfraktur durchaus eine Beteiligung des Knöchels umfasst hatte. Daraufhin hatte der Versicherer eine Vertragsanpassung vorgenommen, die rückwirkend alle Ansprüche wegen Berufsunfähigkeit vom Versicherungsschutz ausschloss, deren Ursache die Unfallverletzung am linken Außenknöchel oder nachgewiesene Folgen dieses Leidens waren.
Prozessverlauf
Der Mann hatte dagegen Widerspruch eingelegt und war schließlich bis vor den BGH gezogen, um seine Ansprüche geltend zu machen. Vor dem Landgericht und später dem Oberlandesgericht hatte der Mann triumphiert und auch der BGH urteilte zu seinen Gunsten.
Vertragsanpassung war unzulässig
Dem Mann könne keine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung gemäß § 19 VVG vorgeworfen werden, da er dem Versicherungsvertreter alle Informationen zur Verfügung gestellt hatte – zumindest gemäß seinem damaligen Kenntnisstand. Die Tatsache, dass es sich doch um eine Verletzung mit Gelenkbeteiligung gehandelt hatte, sei ihm damals nicht bewusst gewesen. Etwas Gegenteiliges konnte der Versicherer auch nicht nachweisen, begründete der BGH sein Urteil. Aus diesem Grund sei eine Vertragsanpassung nicht zulässig. Die Ausschlussklausel muss wieder aus dem Vertragswerk entfernt werden und alle daraus resultierenden Änderungen müssen rückgängig gemacht werden. (tku)
BGH, Urteil vom 25.09.2019, Az.: IV ZR 247/18
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